In Zeiten von Fachkräftemangel, steigenden Kosten und einer angeschlagener Kultur- und Veranstaltungsbranche als Newcomer ein neues Festival aus dem Boden stampfen – eigentlich eine waghalsige Idee, geben Philip Albert und Sebastian Reith zu.
Für die beiden gebürtigen Poppenhausener (Lkr. Schweinfurt) jedoch noch lange kein Grund, ihren Traum, in der unterfränkischen Heimat ein möglichst umweltschonendes Kunst-, Kultur- und Musik-Festival zu veranstalten, nicht in die Tat umzusetzen.
"Wir wissen, dass es eine gewagte Idee ist. Die Vorverkäufe in der Branche laufen schlecht, extrem viele kleine und mittlere Veranstaltungen im Alternativsektor werden abgesagt", sagt Mitorganisator Philip Albert. "Aber es ist einfach eine Herzenssache und wir ziehen das durch. Und zum Glück haben wir viele coole Leute mit dabei, die uns unterstützen", sagt er.
Von der Geburtstagsparty zum öffentlichen Festival
Entstanden sei die Idee im Sommer 2022 auf dem Weg in den gemeinsamen Kroatien-Urlaub, als die Sprache auf die angeschlagene Veranstaltungsbranche kam. Als Veranstaltungstechniker und Mitarbeiter eines Lautsprecherherstellers kennen sich die beiden 29- und 30-Jährigen in der Branche aus, kennen somit auch die Probleme und Sorgen, die viele quälen.
"Vielleicht sind die direkten Nachwirkungen von Corona nicht mehr ganz so präsent, aber die allgemeinen Kostensteigerungen und der Personalmangel in der Branche sind enorm. Catering, Security, Technik, Zulieferer – wir haben über 50 Prozent Personalabwanderung", sagt Albert.

Auch der gestiegene Wunsch des Publikums nach Spontanität, Kurzfristigkeit und Unverbindlichkeit mache der Branche zu schaffen. "Keiner will sich mehr festlegen. Da kann ich verstehen, wenn Veranstaltungen, die ein paar Tage vorher erst 20 Prozent Tickets verkauft haben, abgesagt werden, bevor es richtig ins Minus geht", sagt der der 29-Jährige.
Aus dem anfänglichen Plan, im erweiterten Freundeskreis eine Corona zum Opfer gefallene Geburtstagsfeier größer aufzuziehen und Bands zu einem kleinen Privat-Festival einzuladen, sei dann die Idee des selbst organisierten öffentlichen Festivals entstanden. "Wir haben extrem viel Lust drauf und wollen die Branche und vor allem die Künstler unterstützen", sagt Mitorganisator Sebastian Reith.
Sport- und Freizeitanlage in Sennfeld als Veranstaltungsort für das Planemo Festival
Also erstellten die beiden ein Konzept, gründeten einen gemeinnützigen Verein und holten jede Menge Freunde und Bekannte mit ins Boot. Gestemmt wird das Festival somit vor allem von einem Team aus rund 35 Ehrenamtlichen – auf große Gewinne sei man nicht aus, so Reith.

Auch über den Standort seien sich die gebürtigen Poppenhausener schnell einig gewesen. Auch wenn sie längst nicht mehr in der Region leben, war klar: Das Festival soll in ihrer unterfränkischen Heimat stattfinden. Das habe ganz praktische Gründe.
"Hier haben wir Kontakte und kennen uns aus. Und wir glauben, dass in der Region Platz für so eine Veranstaltung ist und es dafür ein Publikum gibt", sagt Reith. Außerdem sei das Angebot, mit dem das Festival hier konkurrieren müsse, noch verhältnismäßig gering.

Als Veranstaltungsort konnte sich letztlich die Sport- und Freizeitanlage in Sennfeld durchsetzen. Diese sei gut angebunden, biete eine ausreichende Infrastruktur und Platz. "Wir sind sehr happy mit der Location, der Kontakt mit der Gemeinde ist sehr gut", sagt Reith.
Bands, Poetry Slam, Yoga-Workshop und Kleidertauschbörse
Bei dem Konzept sei Reith und Albert besonders wichtig gewesen, das Planemo möglichst offen und vielfältig zu halten. "Es soll ein Mitmachfestival sein, bei dem sich jeder ausprobieren kann, auch in Bereichen, in denen er vielleicht noch nie unterwegs war, aber Lust hat, eine Idee umzusetzen", sagt Reith.
Neben einer Kleidertauschbörse soll es deshalb unter anderem einen Yogaworkshop und eine Siebdruck-Station geben, an der T-Shirts selbst bedruckt werden können. Außerdem veranstaltet der Schweinfurter Verein "WortARTikulation" einen Poetry Slam.
Auch in Puncto Musik soll das Planemo vielseitig sein. "Wir wollen nicht in ein bestimmtes Musikgenre gehen, sondern für jeden etwas dabei haben. So wollen wir den Austausch zwischen verschiedenen Musikgenres und Kunstformen verbessern und das Verständnis zwischen den Gästen und Akteuren fördern", sagt Philip Albert.
Mit dabei sind auf einer Haupt- und einer Nebenbühne unter anderem lokale Bands wie Scallwags, Rafiki und Kojak aus den Bereichen Punk, Ska, Hip-Rock, eine Mischung aus Hip-Hop und Rock, DJs wie Levi Eraxx und Solokünstlerinnen und -künstler wie die Gitarristin Sophie Chassée und Pianist Mark Moody.
Pläne für die Zukunft und lokales Vorbild: Das "Ab geht die Lutzi Festival"
Um dem großen Ziel eines möglichst umweltschonenden Festivals nahe zu kommen, werde unter anderem auf Chemieklos und Aggregate verzichtet. Zudem wird es an den Essensständen nur vegetarische Speisen, überwiegend "einfach auf die Hand geben – so landen am Ende nur ein paar Servietten im Müll", sagt Reith.

Zum Auftakt des Ein-Tages-Festivals am Samstag, 10. Juni, von 14 Uhr bis etwa 1.30 Uhr, hoffen die Veranstalter auf rund 500 Gäste. Wird das Festival gut angenommen, soll es sich jedoch weiterentwickeln, in den kommenden Jahren vielleicht ein ganzes Wochenende und mit Camping stattfinden.
Ein lokales Vorbild dafür gebe es jedenfalls bereits: Das "Ab geht die Lutzi Festival" in Rottershausen. "Ich bin ein großer Lutzi-Fan. Wir sind in Kontakt mit dem Team, holen uns coole Ideen und unterstützen uns gegenseitig", sagt Reith.
Frommer Wunsch der beiden: Das Planemo könnte in Schweinfurt zu einer ähnlichen Größe werden. "Wir sehen uns natürlich nicht als Konkurrenz und eifern dem Lutzi auch nicht explizit nach. Wir machen einfach ein ähnliches aber schon unser eigenes Ding", sagt Reith und ergänzt: "Angefangen hat das Lutzi aber letztlich ja ganz ähnlich."