Es gab mal eine Zeit, da wurden Neujahrswünsche nicht mit dem Handy, sondern mit der Post verschickt – handgeschrieben, auf schön gestalteten Neujahrskarten. Da gab es Postkarten aus nahezu jedem Ort, auch aus Schweinfurt. 25 solcher Schweinfurter Neujahrskarten befinden sich in der historischen Postkartensammlung von Edgar Kolb.
Eine der Ältesten stammt aus dem Jahr 1899. Verschickt hat sie aus Schweinfurt ein "Christian Hanff mit Frau und Käthchen" an den "Torpedoheizer Wilhelm Kipfer an Bord der S. M. Gefion" nach Berlin. Befördert wurde sie "durch das kaiserliche Hofpostamt", wie auf der Rückseite zu lesen ist. Dem "Lieben Wilhelm" wird "viel Glück im neuen Jahrhundert" gewünscht.

Nicht alle Neujahrskarten aus Schweinfurt gingen auf eine so weite Reise. Manche Neujahrsgrußkarten mussten nur ins Nachbardorf befördert werden. Zum Beispiel die wunderschöne Jugendstilkarte aus dem Jahr 1908, die an Therese Ammersbach in Oberndorf adressiert war. Oder der "Gruß aus Schweinfurt" mit Motiven aus der Stadt, den die "Weingrosshandlung L. Hüssner an den Gasthofbesitzer Georg Kreß" nach Mainberg versandte.
Edgar Kolb besitzt an die 5000 Postkarten
Edgar Kolb sammelt seit bald 50 Jahren historische Postkarten. "Ich habe eine größere Sammlung als das Stadtarchiv", sagt der 82-Jährige stolz. An die 5000 Postkarten besitzt er allein aus der Stadt Schweinfurt. Sie sind fein säuberlich geordnet nach Bauwerken, Straßen oder Ereignissen wie Ostern, Weihnachten, Neujahr. Die Alben füllen einen Schrank.

Rare Schätze befinden sich darin, auch solche, die nicht aus Schweinfurt stammen. Zum Beispiel die Neujahrskarten mit einer aufgedruckten Jahreszahl. Die Älteste in der Sammlung von Edgar Kolb ist aus dem Jahr 1903, also genau 120 Jahre alt. Sie zeigt drei kleine Engelchen mit der Aufschrift "Viel Glück für 1903". Adressatin war das "Wohlgeborene Fräulein Mizzi Horner, Tochter des königlich-kaiserlichen Finanzwach-Comissärs" in der südwestmährischen Stadt Trebitsch im heutigen Tschechien. Eine Bertha Hallamasek hat sie an das "sehr liebe Fräulein" geschickt und ihr ein glückliches neues Jahr "mit Gruß und Kuss" gewünscht.
Manche Postkarten besitzen einen hohen Wert
Wenn Edgar Kolb seine Raritäten auf dem Wohnzimmertisch ausbreitet, strahlen seine Augen. Jede Karte hat ihre Geschichte und manche einen sehr hohen Wert. Für 140 D-Mark hat der Sammler beispielsweise eine Schweinfurter Neujahrskarte erstanden, die zum Jahreswechsel 1899/1900 nach Bamberg verschickt wurde. "Behüt dich Gott im neuen Jahr" schreibt ein gewisser Herr Marx an das "Fräulein Helene Schmitt". Den Stempel des Königreichs Bayern trägt eine Postkarte, die am 31. Dezember 1897 von Schweinfurt an Max Schreiber nach Erfurt versandt wurde. 72 D-Mark hat sie dem Sammler gekostet.

Einige Karten zeigen Schweinfurter Sehenswürdigkeiten. Die Fotos sind von Hand coloriert. Damals gab es ja noch keine Farbfotografie. Eine Postkarte fällt besonders ins Auge: Sie zeigt eine colorierte Grafik von einem mit Geldsäcken bestückten Zug nach Schweinfurt, aus dessen Fenster Schweine herausschauen. "Glückliche Fahrt ins neue Jahr" steht darüber. Ein "Fräulein Sissi" war die Empfängerin.
Schweinfurter Kulturgut erhalten
Manche Postkarten hat Edgar Kolb anderen Sammlern abgekauft, manche auf Flohmärkten gefunden, manche bei Nachlässen entdeckt. Alle stammen sie aus einer Zeit, in der ein handschriftlicher Gruß noch etwas galt im Bewusstsein der Menschen. Das Lebensziel des 82-Jährigen ist es, Kulturgut zu erhalten, insbesondere Kulturgut aus Schweinfurt. So sammelt er nicht nur Postkarten, sondern auch Stiche, Radierungen, Aquarelle, Zeichnungen, Fotos oder Firmenbriefe. In seiner Schweinfurter Heimatsammlung, die vom Keller bis ins Dachgeschoss reicht, finden sich auch Dinge des Schweinfurter Alltags: Nippes, Gläser, Krüge, Flaschen, Reklameartikel, Christbaumschmuck, Sammelfigürchen.
Seine neueste Errungenschaft prangt an der Hauswand: ein in Metall gegossenes Adlerwappen. "Das ist der alte Griff der Schweinfurter Rathaustür", verrät Edgar Kolb. Er wäre entsorgt worden, wenn der Schweinfurter Sammler ihn nicht gerettet hätte.