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13. MÄRZ: Nutzen bringen und Freude machen

13. MÄRZ

Nutzen bringen und Freude machen

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    Aus „Die Nibelungen  – dem Deutschen Volke wiedererzählt von Franz Keim“, 1920. Sammlung Paul Maar, Bamberg.
    Aus „Die Nibelungen – dem Deutschen Volke wiedererzählt von Franz Keim“, 1920. Sammlung Paul Maar, Bamberg. Foto: FOTOs Museum Otto Schäfer

    Vom 15. bis zum 20. Jahrhundert, genauer von 1476 bis 1950, erstreckt sich die Ausstellung historischer Kinderbücher mit dem Titel „Neuer Korb voll Allerlei“, die ab

    in Schweinfurt und Bad Kissingen zugleich zu sehen ist. Die Erforschung der Geschichte des Kinderbuchs, das früher nur als zusätzliche erzieherische Maßnahme gesehen wurde, hat man lange ganz den Pädagogen überlassen. Die ersten Untersuchungen zur Kinderliteratur Ende des 19. und in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts stammen daher meistens von ebendiesen Pädagogen, die hier Pionierarbeit leisteten, bis sich die Literaturwissenschaft des Themas annahm.

    Eine Dokumentation deutschsprachiger Kinderliteratur seit dem 15. Jahrhundert ist jedoch noch lange nicht in Sicht. Viele Kinderbücher, die nur dem Titel nach bekannt sind, bekommen ja erst durch den Nachweis in einer Sammlung fassbare Gestalt. Indem es seinen Bestand an historischen Kinderbüchern präsentiert, trägt das Museum Otto Schäfer dazu bei, solche Sondersammlungen stärker ins Bewusstsein zu bringen.

    Beginnend mit Albrecht Dürers 1510 gedrucktem Holzschnitt vom Schulmeister und seinen Schülern, der von einem Gedicht mit Anstandsregeln begleitet wird, zeigt die erste Abteilung frühe Sittenlehren und Katechismen des 16. und 17. Jahrhunderts sowie bedeutende theoretische Schriften und Kinderbücher der fortschrittlichen Pädagogen des 18. Jahrhunderts, etwa von Johann Bernhard Basedow, Christian Gotthilf Salzmann oder Joachim Heinrich Campe. Etliche Bücher stammen aus der bereits im späten 18. Jahrhundert begründeten Schweinfurter Lehrerbibliothek, die im Stadtarchiv aufbewahrt wird.

    Relativ früh setzte sich die Erkenntnis durch, dass man der Leselust von Kindern nicht mit Tischsitten und Verhaltensregeln beikommen konnte. Man musste ihnen etwas bieten, was ihre Neugier befriedigte und spannend zu lesen war. Daher stehen am Anfang der Kinderliteratur Volksbücher und Bearbeitungen von Fabeln, Tierepen und Heldensagen. Ältestes Buch der Ausstellung sind Aesops Fabeln von 1476. Das Volksbuch von „Kaiser Karolus Sohn, genannt Loher“ wurde 1514 gedruckt. Eine plattdeutsche Ausgabe des Reineke Fuchs stammt von 1539.

    Nachdem die Kinderliteratur schon in der Aufklärung ab 1760 einen bedeutenden Aufschwung nahm, kamen im 19. Jahrhundert reich illustrierte Sachbücher hinzu, eroberten sich Märchen und Kindergedicht einen festen Platz. Das Sachbuch, das das kinderliterarische Prinzip der Zeit, „prodesse et delectare“, also Nutzen bringen und Freude machen, verwirklichen sollte, ist mit einigen prächtig illustrierten Ausgaben vertreten, etwa dem berühmten „Bilderbuch für Kinder“ des Verlegers Bertuch. Es geht auf den „Orbis pictus“ des Johann Amos Comenius von 1658 zurück, der ebenfalls präsentiert wird. Außerdem werden zahlreiche Bilderbuchausgaben der „Märlein“ Friedrich Rückerts vorgestellt.

    Nicht nur öffentliche Sammlungen, besonders auch der Sammeleifer privater Liebhaber hat zur Erschließung des historischen Kinderbuches beigetragen. Es ist daher ein glückliches Zusammentreffen, dass gleichzeitig mit der Sammlung Otto Schäfer in Schweinfurt die umfangreiche Privatsammlung illustrierter Kinderbücher des 19. und 20. Jahrhunderts von Hilla Schütze im Alten Rathaus in Bad Kissingen vorgestellt werden kann. Dieser Teil beginnt mit zahlreichen Ausgaben von Volks- und Kunstmärchen, darunter der erste Druck der Märchen der Brüder Grimm von 1812. Abenteuerbücher und Reiseschilderungen, die im 19. Jahrhundert einen bedeutenden Teil der Literatur für Kinder und Jugendliche, vorzugsweise der Jungen, ausmachten, sind mit markanten Beispielen vertreten, unter anderen mit einer frühen illustrierten Ausgabe von Karl Mays Jugendroman „Der Ölprinz“ (1897).

    Dank Verbesserungen in der Technik des Bilderdrucks wird die Beigabe von Illustrationen immer billiger. So kommt ab Mitte des 19. Jahrhunderts eine neue Gattung hinzu: das Bilderbuch. Im Bad Kissinger Teil der Ausstellung wird dieser Bereich in vielen Varianten bis weit hinein ins 20. Jahrhundert ausgebreitet. Er zeigt, dass das Bilderbuch nicht nur ein wichtiges Dokument vergangener Lebensweise ist, sondern sich bis zu anspruchsvoller Buchkunst hin entwickeln kann. Eine kleine Sonderschau ist Bilderbuchkünstlern aus Bad Kissingen und Umgebung gewidmet.

    Die Ausstellung, zu der der Kinderbuchautor und Sammler Paul Maar und die Internationale Jugendbibliothek in München mit einigen wertvollen Leihgaben nicht unwesentlich beigetragen haben, gibt dem Besucher, zusammen mit dem reich illustrierten Katalog, nicht nur Gelegenheit, die Entwicklung des Kinderbuches von seinen Anfängen bis ins 20. Jahrhundert zu verfolgen, sondern ermöglicht auch das Entdecken oder Wiederentdecken unbekannter und vergessener Schätze. Der Autor Andreas Bode ist ehemaliger Direktor der Internationalen Jugendbibliothek München. Er hat das Konzept der Ausstellung entwickelt.

    13. März bis 12. Juli Eintritt für beide Ausstellungen: 3 Euro

    • Museum Otto Schäfer, Schweinfurt: Pädagogik und Kinderbuch – Fabel, Epos, Sage – Volksbuch – Delectare et prodesse – Das Sachbuch – Exkurs: Rückerts Märlein Geöffnet Di–Sa 14–17, So 10–17 Uhr

    • Altes Rathaus, Bad Kissingen: Märchen – Kinderlyrik und Kinderlied – Abenteuer – Bilderbuch – Das politische Kinderbuch Geöffnet Mo–Fr 9–17 Uhr, Sa 9–12.30 Uhr, Sonn- und Feiertage 14–17 Uhr

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