Vielleicht blühen schon in diesem Sommer rosarote Mohnfelder im Oberen Werntal? Bio-Mohn, versteht sich in der Öko-Modellregion. Vielleicht bietet der Anbau auch hier eine echte Alternative. So wie für Bio-Bauer Josef Schmidt aus der Oberpfalz, der seit vier Jahren erfolgreich diese außergewöhnliche Kulturpflanze anbaut, in der er ein Riesenpotenzial sieht.
Ganz neu ist der Mohnanbau in der Region nicht. Schon Ende des 19. Jahrhunderts wurde er bei Schnackenwerth gepflegt, wie auch die Managerin der Öko-Modellregion Oberes Werntal, Anna-Katharina Paar, wusste. Sie führte im Greßthaler Rathaus etwa 40 interessierte Bio-Landwirte aus den drei unterfränkischen Öko-Modellregionen – neben dem Oberen Werntal noch Rhön-Grabfeld und der Waldsassengau bei Würzburg – in den Informationsabend ein. Den bestritt Josef Schmidt aus Erbendorf in der Öko-Modellregion Steinwald-Allianz, Gärtner, Landwirt, und als einer von drei Projektmanagern dort zuständig für den Bereich Erhalt und Weiterentwicklung einer Kulturlandschaft.
Hoche ackerbauliche Wertschöpfung
Nicht nur, weil sich die zwölf bayerischen Öko-Modellregionen auf politischen Wunsch hin vernetzen sollen, warb er leidenschaftlich für einen kontrollierten Anbau von Schlafmohn. Der kann als Speisemohn für Backwaren, Kuchen, Öl, Eis oder Schokolade vermarktet werden, am besten gemeinschaftlich. Für den Bauern bedeutet er eine hohe ackerbauliche Wertschöpfung.
Schmidt wusste, dass die Nachfrage nach Bio-Mohn in Deutschland riesig ist, dass über 100 Tonnen hier verarbeitet werden – aus der Türkei. Wobei viele Verarbeiter Sorge wegen des dort stark morphinhaltigen Schlafmohns haben, was in Deutschland nicht erlaubt ist. Damit war schon ein Grundsatzthema angeschnitten: „Wir reden hier über Drogenanbau“, machte der Fachmann auf die Eigenschaften von „Papaver somniferum“ aufmerksam, das auch als Heilpflanze, Schmerzmittel, Aphrodisiakum oder eben missbräuchlich verwendet werden kann. Aus diesem Grund gilt es beim Anbau einiges zu beachten. So sind in Deutschland ausschließlich Sorten, die nur sehr geringe Mengen Morphin in der Pflanze bilden zugelassen. In den Körnern befindet sich grundsätzlich nahezu kein Morphin. In den grünen Blättern und Stängeln könnten jedoch noch Alkaloiden enthalten sein. Um keine Verunreinigungen der Körner zu bekommen, muss beim Drusch sorgfältig gearbeitet werden. Es gilt die Regel - Mohnbestände mit noch grünen Pflanzenteilen dürfen nicht gedroschen werden!
„Für den Mohnanbau baucht man eine Genehmigung der Bundesopiumstelle Bonn.“
Josef Schmidt, Bio-Mohnanbauer
„Für den Mohnanbau braucht man eine Genehmigung der Bundesopiumstelle in Bonn“, erläuterte Schmidt. Laut dem Betäubungsmittelgesetz müssen Grenzwerte eingehalten werden, diese liegen bei vier Milligramm Morphin bei einem Kilo Mohnsaat und 400 ppm in der Pflanze. Bei Auslandswahre wurden vereinzelt auch schon Morphinwerte von bis zu 100 Milligramm in den Körnern erreicht. Wenn der Mohnanbau in Deutschland weiterentwickelt werden könnte, würden aufgrund der aktuellen deutschen Anbauvorschriften zukünftig heimische für Verbraucher wohlschmeckende und unbedenkliche Lebensmittel erzeugt werden können.
Der hiesige Bio-Mohnanbau steckt noch in den Kinderschuhen. Schmidt als Pionier mit seinen knapp zwei Hektar, ist fast der einzige Anbauer in Bayern. Im letzten Jahrzehnt wurde der Anbau von Mohn nicht weiterverfolgt. Somit fehlt es bislang noch an entsprechenden Mengen an Sommermohnsaatgut, sodass hier vorübergehend auf Nachbau, aus den eigenen Beständen der wenigen Anbauer, zurückgegriffen werden muss, bis Neuzüchtungen und Vermehrungsflächen dieses Defizit hoffentlich bald schließen.
Lukrative Alternative zu Weizen
Pro Hektar ist eine Aussaat von 800 bis 1500 Gramm nötig, je nach Winter- oder Sommermohn. Als Ernteertrag nannte der Referent etwa eine Tonne pro Hektar. Und für vier Euro könne er das Kilo verkaufen. Für den Oberpfälzer Steinwald mit seinen kargen Böden sei dies eine lukrative Alternative zu Weizen.
Seine Erfahrungen beim Anbau der empfindlichen, filigranen Pflanze gab er den Zuhörern preis. Leichte, sandige Böden seien ideal, Trockenheit kein Problem, schließlich ist der Schlafmohn ein ausgesprochener Tiefwurzler, der Nährstoffe bis zu einem Meter tief aufschließen könne. In der Fruchtfolge könne er sinnvoll sein, weil er mit keiner herkömmlichen Ackerfrucht verwandt ist.
Hoher Aufwand und hohes Anbaurisiko
Staunässe und Verschlämmung mag der zarte Mohn nicht, erklärte Schmidt. Als Anbaurisiko führte er den hohen Aufwand bei der Unkrautregulierung auf. Hacken, striegeln, notfalls mulchen seien Möglichkeiten, dem Unkraut Herr zu werden. „Es fehlt halt die optimale Maschine“, verdeutlichte Schmidt. Er verhehlte auch nicht, dass in schlechten Jahren ein völliger Ertragsausfall blühen könne. Der Anbau sei eben eine Kunst, und „man muss seinen Acker kennen“.
Auch nach dem Drusch bleibt der Mohn eine Herausforderung. Denn er nimmt leicht Fremdgeruch an, kann ranzig werden oder sogar schimmeln. Eine sorgfältige Lagerung, am besten in kleinen Gebinden, sei daher nötig.
Und: „Es fehlt noch die Technik für eine hundertprozentige Reinigung“, gab Schmidt zu, zumal die Verarbeiter für Backwaren eine 99-prozentige Reinheit fordern. Derzeit laute das Endprodukt daher nur Mohnöl.
Von den prächtigen Blüten des gut ein Meter hohen Schlafmohns profitieren nicht nur das Landschaftsbild oder Insekten, sagte er. Auch der Tourismus könne angekurbelt werden, wie ein Beispiel aus Meißen in Hessen zeige, wo ein konventioneller Anbauer 50 000 Besucher pro Saison durch die blühenden Felder führe.
Er wolle für Neues begeistern und gemeinsam mit anderen Öko-Modellregionen den Mohnanbau entwickeln, sagte der Oberpfälzer. Zwei konkrete Interessenten aus der Region hat er bereits. Vielleicht könne man schon in diesem Sommer ein Mohnblütenfest hier feiern.
Hinweis: Im Gegensatz zu einer früheren Version enthält dieser Text ausführlichere Passagen zum Thema Anbau.