Manchmal werden Straßenwärter zu Müllmännern. Dann nämlich, wenn es darum geht, die Straßengräben zu reinigen. Was sie dabei alles finden, ist kaum zu glauben.
Peter Herbig, Leiter der Straßenmeisterei Schweinfurt, und Mitarbeiter Bernhard Raab öffnen auf dem Stützpunkt Gerolzhofen einen abgeschlossenen Schrank, den man mit Fug und Recht „Giftschrank“ nennen kann. Dort stehen Behälter aller Art mit diversen Flüssigkeiten oder anderen Substanzen.
„Das Schlimme ist, dass wir nicht wissen, um welche Substanzen es sich handelt“, sagt Herbig. Denn oft ist zu erkennen, dass der Aufdruck auf den Behältern nicht mit ihrem Inhalt übereinstimmt. Einfach zusammenschütten und entsorgen geht nicht, denn wer weiß, welche chemischen Reaktionen da entstehen.
So gehen die eingesammelten Gebinde an eine Fachfirma, die die Inhalte der Behälter analysiert und erst danach entsorgt. Das kostet natürlich viel Geld.
Kanister, Dosen und Flaschen sind aber nicht das Einzige, was die Straßenwärter aus den Gräben holen. Meist sind die Fundstücke nicht sehr appetitlich. Immer wieder mal liegt ein totes Tier schon halb verwest im Graben. Das fängt an bei Wildtieren, die im Straßenverkehr ums Leben kamen und geht bis zum Jungschwein.
Zum Fundgut gehören auch Abfälle aus Hausschlachtungen oder Dinge aus dem Haushalt, vom Kühlschrank über Sockelleisten und Tapetenreste bis hin zur Stereoanlage. Und natürlich wird auch ganz normaler Hausmüll bequem und kostenlos im Straßengraben entsorgt.
Auch Kuriositäten sind zu finden. Zum Beispiel ein verlorener Personalausweis eines Mannes aus Wilhelmshaven. Die Leute von der Straßenmeisterei brachten das Dokument zur Polizei.
Die Verursacher illegaler Müllentsorgung sind nur schwer zu finden. „Die fahren nachts an den Straßenrand, machen den Kofferraum auf, deponieren den Müll und sind wieder verschwunden.“ Selten einmal passiert es, dass sich in den Hinterlassenschaften Spuren finden, die zum Verursacher führen.
Geldbußen von 50 bis mehreren tausend Euro
In einem solchen Fall geht die Straßenmeisterei zur Polizei, die dann in der Regel eine Anzeige beim Landratsamt erstattet. Dieses Amt ist die offizielle Verfolgungsbehörde, die auch die Höhe der Geldbußen festsetzt. Das kann bei 50 Euro anfangen und bei mehreren tausend Euro enden.
Grundsätzlich versteht Peter Herbig das Verhalten vieler Schmutzfinken nicht. „Es gibt doch überall Rücknahmemöglichkeiten und der Landkreis bietet zweimal im Jahr Problemmüllsammlungen an.“ Ein Motiv allerdings ist für Herbig klar.
Wer Müll in den Straßengraben wirft, spart Geld, zumindest, wenn er nicht erwischt wird. Herbig hat die Tendenz erkannt, dass die Müllmengen im Straßengraben rapide angestiegen, seitdem es die Müllverwiegung gibt. Das heißt, die Gebühren werden nach Gewicht abgerechnet. Dieses System gibt es im Landkreis Schweinfurt seit dem Jahr 2000.
Das ist auch der Grund, warum die Straßenmeisterei die meisten Abfallkörbe beispielsweise an den Parkplätzen längs der B 286 abgebaut hat. Die perfekte Lösung ist das allerdings auch nicht. „Jetzt wird das Zeug halt ohne Abfallkörbe hingeschmissen“, sagt Herbig. Und Bernhard Raab ergänzt: Wo ein Parkplatz sauber aufgeräumt wirkt, dauert es lange, bis der erste seinen Müll wieder hinwirft. Liegt aber der erste Abfall einmal, ist für die Nachfolger die Hemmschwelle niedriger und es kommt schnell noch mehr Unrat dazu.
Illegale Müllentsorgung ist oft nur Bequemlichkeit
Dass die Müllverwiegung eine Ursache für die Ablagerungen sein soll, glaubt Thomas Fackelmann, Leiter der Abfallwirtschaft am Landratsamt Schweinfurt, indes nicht. Dafür gebe es keine empirischen Beweise. In Landkreisen ohne Müllverwiegung seien die Abfallmengen im Straßengraben auch nicht kleiner als im Kreis Schweinfurt. Der nimmt für das Kilo Restmüll eine Gebühr von lediglich 13,9 Cent. Angesichts dieses niedrigen Satzes glaubt Fackelmann nicht an das Motiv Geldersparnis, sondern eher an die Bequemlichkeit mancher Zeitgenossen bei der Müllentsorgung.
Wie dem auch sei, Peter Herbig beziffert die Summe, die die Straßenmeisterei für die Entsorgung von illegalem Abfall zahlt, auf jährlich 20 000 bis 30 000 Euro. „Dafür bekämen wir gut 400 Tonnen Asphalt, mit dem wir eine ganze Menge Schlaglöcher und andere Straßenschäden reparieren könnten“, rechnet Herbig vor.
Neben der eigentlich unnötigen Arbeit und den Kosten birgt der illegale Müll auch Gefahren. Die Mitarbeiter der Straßenmeisterei sind eigens geschult für den Umgang damit. Oberste Regel: Den Abfall möglichst weit weghalten vom eigenen Körper. So unwahrscheinlich es klingt: In einem Müllbeutel kann auch einmal eine Fixer-Spritze stecken, an der sich ein Straßenwärter infizieren kann. Oder ein Gefahrstoff kann auslaufen und Verätzungen verursachen. An einen Unfall mit Müll kann sich Peter Herbig erinnern. Ein Mitarbeiter hat sich damals mit Glasscherben am Oberschenkel verletzt.