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Schweinfurt: Palliativstation als "Glücksfall": Siegfried Fuchs tankt Kraft für das Leben mit einer unheilbaren Krankheit

Schweinfurt

Palliativstation als "Glücksfall": Siegfried Fuchs tankt Kraft für das Leben mit einer unheilbaren Krankheit

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    Siegfried Fuchs aus Bad Neustadt geht es gut nach seinem zweiwöchigen Aufenthalt in der Palliativstation des Krankenhauses St. Josef. Er hat Kraft getankt für sein Leben mit einer unheilbaren Krankheit.
    Siegfried Fuchs aus Bad Neustadt geht es gut nach seinem zweiwöchigen Aufenthalt in der Palliativstation des Krankenhauses St. Josef. Er hat Kraft getankt für sein Leben mit einer unheilbaren Krankheit. Foto: Siegfried Fuchs

    Auf eine Palliativstation kommen Menschen zum Sterben, so denken die meisten. Auch Siegfried Fuchs hätte früher so reagiert. Doch heute sagt er: "Die Palliativstation war für mich eine neue und sehr erfreuliche Erfahrung." Ja sogar ein "großer Glücksfall".

    Im Mai verbrachte der 68-Jährige aus Bad Neustadt zwei Wochen in der Palliativstation des St.-Josef-Krankenhauses in Schweinfurt, was Verwandte, Freunde und Bekannte erst einmal erschreckte. "Nein, es geht nicht um meine letzten Tage hier auf Erden!", schrieb Siegfried Fuchs ihnen per WhatsApp. Er sei hier, um Kraft zu tanken, aus dem Alltag herauszukommen, Ruhe zu finden.

    Siegfried Fuchs ist unheilbar krank. Der 68-Jährige aus Bad Neustadt hat Prostatakrebs. Vor drei Jahren bekam er die Diagnose. Die Metastasen waren schon in zwei Rückenwirbeln, am Beckenknochen und in einem Lymphknoten, der einen Harnleiter abdrückte, was zu einem sehr schmerzhaften Nierenstau führte. Drei Jahre lang kann Siegfried Fuchs mit Medikamenten und einer Harnleiterschiene einigermaßen unbehelligt leben. Dann, vor zweieinhalb Monaten: starke Rückenschmerzen, Operation an der Wirbelsäule, Bestrahlung, Chemotherapie.

    Von der ambulanten zur stationären Palliativversorgung

    Der Sozialdienst des Krankenhauses vermittelt Siegfried Fuchs nach der Klinikbehandlung den Kontakt zum SAPV-Team "Palliativo Mainfranken". Die "Spezialisierte ambulante Palliativversorgung" betreut unheilbar kranke Menschen in ihrer vertrauten Umgebung. Das interdisziplinäre Team aus Palliativmedizinern, Palliative-Care-Pflegekräften sowie Seelsorgern kümmert sich um die medizinische, pflegerische und therapeutische Versorgung, sorgt für Schmerzlinderung und ist zu jeder Tages- und Nachtzeit erreichbar.

    "Ein Glücksfall" für den 68-Jährigen, denn die kompetente ambulante Rundumversorgung habe ihn in vielerlei Hinsicht entlastet. Diesen Dienst ruft seine Lebensgefährtin dann auch an, abends um halb elf, als es Siegfried Fuchs nach einer Bestrahlung und Chemotherapie plötzlich so miserabel geht, dass er Weinanfälle bekommt und desorientiert ist. "Ich war völlig von der Rolle."

    Das SAPV-Pflegeteam empfiehlt einen Aufenthalt in der Palliativstation. In der Abteilung des Krankenhauses St. Josef in Schweinfurt war gerade ein Bett frei geworden. Schon zu Beginn seiner ambulanten Versorgung war Siegfried Fuchs aufgeklärt worden, dass eine Palliativstation keineswegs eine Endstation sein muss. Dass sie nicht nur für die Zeit des Sterbens da ist, sondern bereits weit vorher das Ziel hat, für eine möglichst hohe Lebensqualität während der Erkrankung zu sorgen. Und dass man auch mehrfach auf der Station sein kann, wenn es die Situation fordert. Große Erleichterung bei Siegfried Fuchs. Er ist einverstanden. "Das ist die beste Lösung."

    Viele kommen oft mehrmals in die Palliativstation

    Schmerzen lindern und Lebensqualität erhöhen, das ist das Ziel einer Palliativastation. "Wir sind keine Sterbestation", sagte Chefärztin Dr. Susanne Röder 2023 in einem Gespräch mit dieser Redaktion. Wer hier liegt, werde nicht zwingend hier sterben. "Oft heißt es: 'Wir können nichts mehr für sie tun' – da kann aber noch ganz viel getan werden, aber mit einer anderen Intention." Die Patientinnen und Patienten der Palliativstation seien Menschen mit einer weit fortgeschrittenen Erkrankung und einer begrenzten Lebenserwartung – wobei das Tage, Wochen, Monate und auch Jahre sein könnten. Viele kommen oft mehrmals. 

    Seit 22 Jahren gibt es die Palliativstation des Krankenhauses St. Josef in Schweinfurt.
    Seit 22 Jahren gibt es die Palliativstation des Krankenhauses St. Josef in Schweinfurt. Foto: Anand Anders

    Bei Siegfried Fuchs verbessert sich der Gesundheitszustand "rasant". Der Blutdruck normalisiert sich, die Übelkeit verschwindet, er kommt wieder zur Ruhe. Was ihn beeindruckt: "Wenn vom stationären Palliativteam jemand ins Zimmer kommt und fragt, 'Wie geht es Ihnen?', dann will er oder sie es wirklich hören. Es wird sogar nachgefragt! Das hatte ich in den Kliniken vorher nur sehr selten erlebt."

    In der Palliativstation gibt es neben der rein medizinischen und pflegerischen Versorgung auch andere Angebote wie Physiotherapie, Musik-, Kunst- und Atemtherapie, tiergestützte Therapie, Seelsorge oder psychoonkologische Gespräche. Das Team sucht gemeinsam mit den Patientinnen und Patienten, was ihnen wichtig ist. "Die ganze Begleitung, pflegerisch, medizinisch und therapeutisch, bezieht die Seele mit ein, setzt sie sogar an die erste Stelle", sagt der 68-Jährige. Alles sei liebevoll gestaltet: eine Rose im Zimmer, bequeme Sitzmöglichkeiten im Wohnzimmer und Wintergarten, ein schöner Garten, der trotz wenig Fläche optimal gestaltet sei und wilde Ecken habe.

    Der idyllische Garten der Palliativstation ist für die Patientinnen und Patienten eine Oase der Ruhe.
    Der idyllische Garten der Palliativstation ist für die Patientinnen und Patienten eine Oase der Ruhe. Foto: Hannes Helferich

    Abstand zum Klinikalltag

    Als vorteilhaft empfindet der schwerkranke Patient aus Bad Neustadt vor allem den Abstand zu den "normalen" Abteilungen des Krankenhauses. Die Kongregation der Schwestern des Erlösers in Würzburg, die Träger des St. Josef Krankenhauses ist, hatte vor 23 Jahren die ehemalige Knüpfferklinik zwei Straßen weiter gekauft und die Palliativstation als geschützte Oase dort eingerichtet. Außerhalb der Krankenhausmauern wurde so ein Ort der Ruhe und Geborgenheit für Menschen mit einer fortschreitenden Erkrankung geschaffen. Dass diese "Insel" nun Ende des Jahres in das Haupthaus St. Josef verlegt werden soll, hält Siegfried Fuchs für eine Verschlechterung. "Das nimmt ganz viel vom Gefühl des beschützt seins."

    Genau dafür steht die Palliativmedizin. Der Begriff kommt aus dem Lateinischen. "Pallium" bedeutet "Mantel" und meint sinngemäß, schwer erkrankten Menschen einen Mantel umzulegen – schützend, wärmend, liebevoll. Es bedeutet aber auch lindern, körperliche und seelische Schmerzen. Man könnte auch sagen: Die Palliativmedizin gibt dem Leben vielleicht nicht mehr Tage, aber den Tagen mehr Leben.

    "Für mich ist es ein Gesundwerden, auch wenn ich im klassischen Verständnis eine unheilbare Erkrankung habe", sagt Siegfried Fuchs. Denn die Seele steht für ihn im Zentrum des ganzen Geschehens. "Und die ist hier gesund geworden."

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