Es ist ein ehrgeiziges Ziel, das sich der Landkreis Schweinfurt gesetzt hat: Er will bis Sommer 2024 den Öffentlichen Nahverkehr umbauen. Er soll für die Kundinnen und Kunden verbessert und leistungsfähiger gemacht werden. Jetzt stehen auch die künftigen Linien fest, die der Nahverkehrsbeauftragte Michael Graber dem Kreistagsausschuss für Kreisentwicklung vorgestellt hat. Letzterer stimmte den bisherigen Plänen einhellig zu. Bereits 2021 hatte der Landkreis das Bezahlsystem von einem Strecken- auf einen Wabentarif umgestellt.
Zahl der Linien wird mehr als halbiert
Beim Umbau des Systems wird die Zahl der Linien mehr als halbiert. Die drei Hauptstrecken werden ab 2024 als Premiumlinien bezeichnet: Arnstein/Werneck/Bergrheinfeld/Schweinfurt (heute: 8134, ab 2024: 230), Bad Königshofen/Stadtlauringen/Üchtelhausen/Schweinfurt (8170 bzw. 210) und Volkach/Gerolzhofen/Grettstadt/Gochsheim/Sennfeld/Schweinfurt (8160 bzw. 220). Daneben gibt es sieben so genannte Hauptlinien. Sie unterscheiden sich im Wesentlichen in den Angebotszeiten. Die Busse der Premiumlinien fahren von 5 bis 21 Uhr nach Schweinfurt und zwischen 6 und 22 Uhr zurück. Bei den Hauptlinien liegt der Zeitraum zwischen 5 und 19 Uhr bzw. 6 und 20 Uhr. Für alle gilt: An Sams-, Sonn- und Feiertagen sind jeweils vier Fahrtenpaare zwischen 9 und 18 Uhr im Angebot.

Auch wenn es nur noch die Hälfte an Linien geben wird, will der Landkreis sein Ziel erreichen, dass alle Dörfer an den Nahverkehr angeschlossen werden. Der Schlüssel dazu ist der so genannte Bedarfsverkehr. In den Ortschaften, die nicht an einer Bus- oder Bahnlinie liegen, kann man einen Bus per Handy-App, Homepage oder Telefon bestellen. Auch bei einem spontanen Entschluss soll er spätestens nach 90 Minuten da sein. Er bringt dann die Menschen innerhalb der drei definierten Bedarfszonen zu ihrem Zielort oder an eine Haltestelle des Linienverkehrs, wo sie dann umsteigen können. Nutzen kann man das Angebot zwischen 5 und 23 Uhr, also dann auch zu Zeiten, in denen die offiziellen Linien ihren Verkehr eingestellt haben.
"Virtuelle Haltestellen" werden eingerichtet
Allerdings gibt es diesen Service nicht vor der Haustür, weil dies laut Graber rechtlich nicht möglich sei. Daher steuert der bestellte (Klein-)Bus so genannte "virtuelle Haltestellen" an, etwa vor dem Rathaus, der Apotheke, dem Supermarkt oder dem Sportheim, um die Fahrgäste aufzunehmen oder aussteigen zu lassen. Im nächsten Jahr soll es einen Testlauf im Raum Gerolzhofen und im nördlichen Landkreis Kitzingen geben. Es gebe weitere Interessenten, sich dem System anzuschließen, sagte Graber mit Blick auf die angrenzenden Landkreise.
Der Nahverkehrsbeauftragte legt große Hoffnungen in das System "Bus auf Bestellung", weil es deutlich bessere Busverbindungen herstelle als bisher. Der neue ÖPNV ab 2024 könnte im günstigsten Fall dazu führen, dass Familien überlegen, auf das Zweit- oder Drittauto völlig zu verzichten. Graber machte auch auf das Ziel aufmerksam, künftig möglichst emissionsfreie Fahrzeuge einzusetzen. "Ein schwieriges Thema", wie er einräumte: "Inhaltlich werden wir uns als Landkreis hauptsächlich mit dem Treibstoff Wasserstoff beschäftigen müssen."
Barrierefreies Ein- und Aussteigen
Um Barrierefreiheit ging es bei der Vorstellung des Nahverkehrskonzept auch. Im Zuge der Reform soll ein Großteil der Haltstellen mit Rampen und erhöhten Bordsteinen umgestaltet werden, damit auch gehandicapte Menschen problemlos in den Bus ein- und aussteigen können. Zuständig sind dafür die jeweiligen Straßenbaulastträger, sprich die Gemeinden, der Landkreis, der Freistaat und der Bund. Stellvertretender Landrat Thomas Vizl (Grüne) zweifelte allerdings an, dass allen Gemeinden bewusst sei, dass sie für den Umbau verantwortlich sind und ihn auch finanzieren müssen.

In diesem Zusammenhang appellierten Vizl und Martina Braum (SPD) an die Stadt, mit dem Umbau des Bahnhofvorplatzes als Busknotenpunkt nicht bis 2030 zu warten. Wie Braum erläuterte, sei es unsinnig, wenn man mit dem Rollstuhl den Bus im Landkreis nutzen, aber am Ziel in Schweinfurt mangels Barrierefreiheit nicht problemlos aussteigen könne. Graber sieht in dieser Frage ebenfalls "Absprachebedarf" mit der Stadt.
Start am 1. August 2024
Wie geht es nun weiter? Im Sommer sollen die Kreisgremien dem Plan endgültig zustimmen, um ihn wie vorgeschrieben im Europäischen Amtsblatt zu veröffentlichen. Dann tritt eine einjährige Pause ein, damit sich Transportunternehmen auf die Ausschreibung der Linien vorbereiten können. Die Ausschreibung folgt dann 2023, um am 1. August 2024 die Reform umzusetzen. An diesem Tag sollen die Stadt Schweinfurt sowie die Landkreise Schweinfurt, Bad Kissingen, Rhön-Grabfeld und Haßberge auch dem Verkehrsverbund Mainfranken beitreten. Für die Fahrgäste bedeutet dies: Sie müssen nur noch ein Ticket kaufen, egal wohin sie wollen und welches Transportmittel sie wählen.