Am 16. August kurz vor 20 Uhr gab die Sprengmeisterin Ulrike Matthes das Signal. Keine 30 Sekunden später waren sie Geschichte, die beiden 143 Meter hohen Kühltürme des seit 2015 stillgelegten Kernkraftwerks Grafenrheinfeld.
Mehr als 10.000 Menschen sahen dabei zu. Und sie hatten lange warten müssen, denn der Pro-Atomkraft-Aktivist Andreas Fichtner hatte sich an einen Strommast in der Schutzzone angeseilt und damit für eineinhalb Stunden Verzögerung gesorgt.

Die Aktion warf einige Fragen zum Polizeieinsatz auf. Fichtners Geschichte ist bemerkenswert, denn nach seiner Darstellung versteckte er sich schlicht im Wald hinter einem Baum, kletterte gegen 17 Uhr auf einen Strommast und wurde fast eine Stunde lang nicht bemerkt. Welche Bilanz zieht die Polizei gut einen Monat nach dem Einsatz und was droht dem Aktivisten?
Ermittlungen der Polizei weitgehend abgeschlossen, Staatsanwalt übernimmt
Denis Stegner, Pressesprecher der Polizei beim Präsidium, war bei der Sprengung selbst vor Ort. Er erklärt auf Nachfrage, dass die Ermittlungen der Kriminalpolizei Schweinfurt weitgehend abgeschlossen seien. Die Ermittlungsakte werde in den kommenden Wochen der Staatsanwaltschaft übersandt, die dann darüber entscheidet, ob strafrechtlich gegen den Mann wegen Hausfriedensbruch und Nötigung vorgegangen wird.
Außerdem "ist beabsichtigt, dem Verantwortlichen alle durch seine Handlung zusätzlich verursachten Kosten hinsichtlich des Polizeieinsatzes in Rechnung zu stellen", so Stegner. Man prüfe, welche Positionen das sind und in welcher Höhe man Kosten einfordern könne.

Eine genaue Summe könne derzeit aber noch nicht genannt werden. Auch deshalb, weil die Kosten auch so ermittelt werden, dass die Forderung bei einem Widerspruch vor dem Verwaltungsgericht standhält.
Ebenso prüft das Landratsamt Schweinfurt ein Ordnungswidrigkeiten-Verfahren gegen den Aktivisten wegen des Verstoßes gegen die Allgemeinverfügung, die es untersagte, sich zum Zeitpunkt der Sprengung im Sperrbereich aufzuhalten.

Bilanz der Polizei zum Einsatzes während der Kühlturmsprengung in Grafenrheinfeld
Die Bilanz des gesamten Einsatzes durch die Polizei ist laut Stegner positiv. "Die Zusammenarbeit mit allen an der Sprengung beteiligten Organisationen hat wunderbar funktioniert. Die Bevölkerung hat ein hohes Maß an Geduld und Verständnis für die damit verbundenen Maßnahmen gezeigt und hat sich vorbildlich an die behördlichen Anordnungen gehalten", sagt der Polizeisprecher. "Der 36-jährige Störer wurde durch Polizeibeamte erkannt und durch ihr schnelles und professionelles Eingreifen erfolgreich aus dem Sperrbereich gebracht. Somit ziehen wir in der Gesamtschau eine durchweg positive Bilanz des Einsatzes."
Im Vorfeld der Kühlturmsprengung am Kernkraftwerk Grafenrheinfeld, betont Stegner, hätte es keine Hinweise auf eine derartige Störung gegeben. "Auch der Umstand, dass der 36-jährige Störer vor Beginn der Sprengung festgestellt und aus dem Gefahrenbereich gebracht werden konnte, wird positiv gesehen und belegt, dass sich das Einsatzkonzept bewährt hat", sagt er.
Der wesentliche Ansatz für den Einsatz sei im Vorfeld gewesen, "die Menschen davor zu bewahren, sich irrtümlich oder unwissentlich in den Sperrbereich und somit in Gefahr zu begeben", betont Stegner.
Polizei steht dazu, keine Diensthunde bei der Kühlturmsprengung eingesetzt zu haben
Der Einsatz sei ausführlich nachbereitet worden, innerhalb der zuständigen Inspektion und des Präsidiums. Dass Aktivist Andreas Fichtner von einem Hubschrauber mit Wärmebildkamera nicht entdeckt worden war, sei nicht der Kamera geschuldet, die funktioniert habe, so Stegner. Sondern der Tatsache, dass "es bei bewaldeten Gebieten aufgrund der Abschirmung durch Laub zu einer eingeschränkten Funktion kommt".
Man habe sich auch im Vorfeld gegen den Einsatz von Diensthunden entschieden, wie man sie bei Vermisstensuchen einsetzt. Aufgrund der Größe und Beschaffenheit des Geländes und wegen des heißen Wetters sei das "weder erforderlich noch geboten" gewesen.