Der Anlauf war recht lang(atmig) und der Sprung dann doch reichlich kurz. Wirklich überzeugend war das nicht, was die Theater Gastspiele Kempf mit „Der große Gatsby“ im Schweinfurter Theater auf die Bühne stellten.
Natürlich sind die Schuhe groß, die sich Silvia Armbruster mit der Bühnenfassung (Gerold Theobalt) des 1925 von F. Scott Fitzgerald geschriebenen Epos auf die „Roaring Twenties“ übergestreift hat.
Fünf Mal wurde der Stoff mit seinen sexuellen und sonstigen Exzessen, mit den endlosen Partys, dem schier überbordenden Reichtum erfolgreich verfilmt, zuletzt mit Robert Redford (1974) und Leonardo DiCaprio (2013). Die Opulenz, die sich der Film leistet, ist auf dem Theater nicht zu realisieren, zumal dann nicht, wenn die Inszenierung für die Tournee eingerichtet ist. Dies weiß natürlich eine Silvia Armbruster nur zu gut und wählt eine Alternative. Sie zeigt bewusst nicht den satten Realismus der Verfilmungen, sondern geht das Ganze mit großer Distanz an, stellt zunächst eine Parodie auf die Bühne, die ihre Kraft jedoch nicht aus dem eher drögen Text, sondern ganz aus der Situation zieht. Die Schauspieler müssen dafür auf Teufel komm raus chargieren, wobei Ursula Buschhorn höchst bedauernswert ist, für die gestelzte Rede, die man ihr abverlangt.
Einige Szenen sind dabei jedoch wirklich bemerkenswert. Das überdrehte, irre Perücken tragende Trio beispielsweise, das erfrischend komisch die Musik der 20er Jahre durch das Theater trägt und verdient gefeiert wird.
Oder die Partien mit der knallbunten Andeutung eines Auto, dem die Schauspieler recht heftig die Geräusche geben. Eingespielt werden auf der schlichten Bühne immer wieder einmal Filmszenen, ein Erzähler (Hendrik Winkler) kommentiert mit Humor und manchmal eher betroffen. Das gefällt und zerfällt. Für eine gute Stunde tragen diese Einfälle, die beliebig wirken, jedoch nicht.
Umso überraschter ist der Zuschauer dann nach der Pause. Jetzt scheint es erst richtig loszugehen. Plötzlich stehen Menschen auf der Bühne. Zum Beispiel Ursula Buschhorn als Daisy, die mit dem Footballstar Tom (Thorsten Nindel) nur deshalb zusammen ist, „weil reiche Frauen niemals arme Männer heiraten“. Oder Hans Piesbergen als Gatsby, von dem niemand weiß, wie er in der Zeit der Prohibition und der großen Umbrüche zu seinem riesigen Reichtum gekommen ist. Und der, von romantischen Gefühlen angeflogen, jetzt erfährt, dass Geld nicht alles ist und der nicht verwinden kann, dass seine Ex Daisy, nachdem er in den Krieg ziehen musste, für Tom etwas empfunden hat.
So etwas muss natürlich in der Katastrophe enden, die durchaus ergreifend inszeniert wird. Freundlicher Applaus. Karl-Heinz Körblein