Der Urlaub 2021, das steht zu befürchten, könnte immer noch irgendwie und hoffentlich weniger als mehr unter Corona-Vorzeichen stehen. Kaum Flugreisen, Einreisebeschränkungen, Risikogebiete, geschlossene Hotels etc. Aus dem Jahr 2020 kennen die Menschen zur Genüge, wie so ein Urlaub mit Hindernissen aussieht. In Zeiten, in denen es die Pauschalreise schwer hat, suchen viele Menschen ihr Heil in der Individualreise und nehmen dazu gleich noch ihre "eigenen vier Wände" mit. Das geht am besten, wenn man vier Räder an seinem "Wohnzimmer" hat. Wir haben uns bei einigen Anbietern von Wohnmobilen und Wohnwagen in der Region umgehört, um zu erfahren was Corona mit dieser Branche gemacht hat. Eine Branche, die sich wie alle anderen nicht systemrelevanten auch noch bis vorerst Mitte Februar im Lockdown befindet, aber dennoch einigermaßen zuversichtlich auf die Zeit danach blicken kann.
Michael Höchemer von "Wohnwagen Höchemer Mobile" in Grettstadt hat sich auf gebrauchte Wohnanhänger spezialisiert. Das Geschäft würde prima laufen, wenn da nicht erstens der Lockdown und zweitens ein buchstäblich leer gefegter Gebraucht-Wohnwagen-Markt wäre, so seine Einschätzung. "Der Markt ist leer, die Nachfrage nach gebrauchten Wohnwagen war im vergangenen Jahr enorm, auch für heuer gibt es viele Anfragen." Das habe sich natürlich auch auf die Preise ausgewirkt. "Die Menschen wollen Urlaub machen", so Höchemers Erfahrung. Reiselustige, die im vergangenen Jahr zum Beispiel keine Kreuzfahrt machen konnten, seien nicht selten auf Wohnwagen oder Reisemobil umgestiegen.
Nur relevante Reparaturen im Lockdown
Es gebe auch viele Neueinsteiger in diesem Bereich, die gerne mit einem gebrauchten Wohnwagen erste Erfahrungen sammeln möchten. Online verkaufen könnte er, das würde bedeuten, dass der Kunde sich seine rollenden vier Wände im Netz aussucht und dann ohne direkten Kontakt zum Verkäufer und ohne Einweisung auf dem Hof abholt. "Das geht gar nicht", so Höchemer, denn so eine Wohnwagen-Übergabe erfordere sehr viel Erklärungsarbeit im Hinblick auf die Technik und die Möglichkeiten des Fahrzeugs. Auch Reparaturen darf er im Lockdown nicht durchführen, da es sich um Fahrzeuge, die zu Urlaubszwecken genutzt werden, handelt, also nicht so relevant sind wie ein für die Fahrt zur Arbeit genutzter Pkw. Einem Schausteller zum Beispiel, der sein Fahrzeug für die Ausübung seines Berufes braucht, dürfte er den Wohnanhänger dagegen reparieren.

Auch bei der Caravan Thein GmbH im Gewerbegebiet Hainig, dem laut Website weltweit größten Fendt-Vertragshändler, geht die Nachfrage nach oben. "Der Markt ist gut", dafür sorgen auch viele Anfragen von Neu-Campern, die in solchen Zeiten diese individuelle Art zu Reisen für sich entdecken, so Geschäftsführer Wolfgang Thein. Nach wie vor seien es eher die etwas älteren Semester, die diese Art zu Reisen für sich entdecken. "Die Lebensversicherung ist ausbezahlt und man erfüllt sich Träume." Der Trend mache sich nicht nur bei Wohnanhängern und klassischen Reisemobilen bemerkbar, sondern vor allem auch im Bereich der sogenannten Kastenwagen. Fahrzeuge, die alles bieten, die aber noch ohne Alkoven auskommen und daher auch von den Dimensionen her nicht ganz so wuchtig sind. Schwierig sei die Situation dennoch, denn das oberste Ziel der Firma – Kundenzufriedenheit – lasse sich natürlich am ehesten im direkten Kundenkontakt erreichen.

Um diesen auch in Zeiten von geschlossenen Geschäften und Distanz zu ermöglichen, setzt man voll auf die Digitalisierung des Angebots. Etwa 380 Wohnwagen und Reisemobile stehen auf dem Hof, so gut wie alle sind digital einsehbar, ergänzt Michael Kießling, bei Thein zuständig für das in Corona-Zeiten enorm wichtig gewordene Online-Marketing. Das Online-Portal wurde zwar schon vor der Pandemie aufgebaut, kann aber in Zeiten, in denen kein Kundenkontakt möglich ist, seine Trümpfe ausspielen. Mittels Kamerafahrt kann der Kunde das Fahrzeug erkunden und auch direkt mit einem Kundenberater in den Chat-Dialog treten und sich die Feinheiten eines Fahrzeugs erklären lassen.
Unter bestimmten Bedingungen (FFP2-Maske etc.) sind zum Beispiel für Waren aus dem Campingbereich auch Abholungen möglich. Dafür sollte man auf der Homepage einen Termin ausmachen. Der Großteil der Kunden aber nutze die Online-Möglichkeiten, um sich so weit als möglich über sein Wunschfahrzeug zu informieren, um es dann, wenn es wieder möglich ist, vor der endgültigen Kaufentscheidung noch einmal "live" unter die Lupe zu nehmen.
Kastenwagen boomen seit Jahren und haben in der Pandemie noch einmal zugelegt
Sich auf der Homepage informieren, anrufen und sich ein Zeitfenster für die Abholung zuweisen lassen. Darauf setzt auch Caravan-Grebner in Euerbach bei seinem Lockdown-Service für Campingfreunde. "Call and collect" heißt dort das Abhol-System mit integriertem Schutz- und Hygienekonzept. Auch Thomas Plass von Caravan-Grebner berichtet von starker Nachfrage sowohl nach Wohnwagen als auch nach Reisemobilen. Kastenwagen boomen seit Jahren. Der Trend habe mit Corona noch einmal angezogen, die Hersteller könnten teilweise kaum so schnell liefern, wie die Autos verkauft wurden. Ein Jahr Lieferzeit sei keine Seltenheit, die Verweildauer von Bestandsfahrzeugen auf der Verkaufsfläche habe im Gegenzug deutlich abgenommen, so Plass. Auch für 2021 zeichne sich aufgrund der Anfragen ab, dass dieser Trend anhält.
Eine Renaissance habe der Wohnwagen erlebt. Vor allem auch Jüngere und Familien mit Kindern entdecken das angehängte Wohnzimmer wieder neu. In Zeiten, in denen es nicht so einfach ist mit der Reise "14 Tage ans Meer mit der ganzen Familie", satteln doch einige auf diese Art zu reisen um. Wer sich noch nicht sicher ist, ob es für ihn das Richtige ist, Dusche, Küche und Bett immer hinter sich zu haben, der mietet sich ein Wohnmobil, um genau dies herauszufinden. Caravan Grebner vermietet auch und hatte 20 Prozent mehr Buchungen für seine Mietfahrzeuge.