Der 14. November ist ein besonderer Tag für die Familie Sachs. Es ist der Geburtstag von Gunter Sachs. In diesem Jahr wäre er 81 Jahre alt geworden. Es war ein sehr emotionaler Moment, als sein ältester Sohn Rolf am Donnerstagabend in der Kunsthalle von den fröhlichen Geburtstagsfesten erzählte. Obwohl die Erinnerung nur zweieinhalb Jahre nach dem Freitod von Gunter Sachs sicher noch schmerzt, freute sich Rolf Sachs sichtlich, dass die Ausstellung „Die Sammlung Gunter Sachs“ an diesem besonderen Tag eröffnet wurde.
Als er sich am Ende seiner Rede bei den Schweinfurtern für die Verbundenheit und Treue zur Familie bedankte, schien die Sympathie im Raum fast greifbar. Mirja Sachs, die Witwe von Gunter Sachs, die mit ihrem jüngsten Sohn Claus Alexander in der ersten Reihe saß, lächelte und die Menschen, die dicht gedrängt hinter ihr standen, klatschten enthusiastisch.
Dieser Abend war das gesellschaftliche Ereignis des Jahres. So oft hat der Schweinfurter nun mal nicht die Gelegenheit, sich ein wenig im Glanz der Reichen und Schönen zu sonnen. In den Genuss kam freilich nicht jeder. Vermutlich zum ersten Mal hatten die Verantwortlichen der Museen und Galerien eine Vernissage nicht öffentlich angekündigt, aus Angst vor einer nicht bewältigbaren Menschenmenge. Eine gute Entscheidung, denn selbst die geladenen Gäste drängten sich schon weit vor Beginn in der Großen Halle.
Zu dieser Zeit hielt sich der Andrang in den übrigen Räumen noch in Grenzen und so konnten sich Mirja und Claus Alexander samt Entourage die Bilder in Ruhe anschauen. Immer wieder zückte Mirja Sachs ihr Smartphone, um Raumeindrücke zu fotografieren. Die Schweinfurter hielten – mit wenigen Ausnahmen – den ganzen Abend über respektvoll Abstand. Aber man darf annehmen, dass nicht nur die weiblichen Gäste die fantastische Figur des ehemaligen Models und ihre zurückhaltende Eleganz bewunderten. Claus Alexander trug eine bordeauxrote Samtjacke, man munkelte, sie habe seinem Vater gehört.
Der junge Mann schien sich über die Pralinés mit dem Konterfei seines Vaters zu freuen, die die Kunsthalle eigens für diesen Abend herstellen ließ und die nach dem offiziellen Teil zum Wein gereicht wurden. Die Idee hatte übrigens Marion Rumpel aus dem Sekretariat der Kunsthalle. Ihr Name sei stellvertretend für alle Mitarbeiter des Hauses genannt, für die die Vorbereitung sehr viel Arbeit bedeutete und die sich erst zu später Stunde, als klar war, dass der Abend ein Riesenerfolg war, auch ein wenig entspannen konnten.
Klar, manche Leute schauten auch die Bilder an, bewunderten die emaillierte Oberfläche von Lichtensteins berühmter „Vicky“, die kein noch so brillantes Foto wiedergeben kann, diskutierten über die Stickereien auf den beiden Bettüberwürfen, die der amerikanische Künstler für das Apartment von Gunter Sachs in St. Moritz entworfen hatte. Den Gästen war durchaus bewusst, „Weltkunst“ zu sehen, wie Hausherr Erich Schneider die Sammlung in seiner Ansprache bezeichnete – mit einem für seine Verhältnisse ungewohnten Superlativ. Aber im Mittelpunkt des Abends stand nicht die Kunst, sondern Rolf Sachs, dieser charmante Mann, der sich nicht scheute, seine Gefühle zu zeigen, der sehr geduldig die vielen Autogrammwünsche erfüllte und anschließend bei einem Glas Wein ein sehr unterhaltsamer Gesprächspartner war. Und der übrigens, wenn er lacht, seinem Vater ganz ähnlich sieht.
Wie schon am Tag zuvor, bei der Pressekonferenz, erzählte er von früher. Seine Mutter Anne Marie Faure starb, als er drei Jahre alt war. Rolf kam zur Großmutter, Elinor von Opel, und später auf ein Internat in der Schweiz. Die Ferien verbrachte er oft beim Vater in Paris oder bei den Verwandten in Schweinfurt. Hier lebte der Bruder seines Vaters, Ernst Wilhelm, der nach dem Tod von Willy Sachs 1958 die Firma Fichtel & Sachs leitete. Bei diesen Besuchen Anfang der 1960er Jahre ging man auch ins Ernst-Sachs-Bad, das der Urgroßvater den Schweinfurtern gestiftet hatte. „Ich fand es schrecklich. Es war dunkel und schon damals nicht mehr zeitgemäß“, erinnerte sich Rolf Sachs. Umso größer war seine Überraschung, als er das Haus 50 Jahre später wiedersah – umgebaut zu einer Kunsthalle, deren hervorragende Proportionen den Designer und Künstler wahre Lobeshymnen anstimmen ließ.
Es war ein Abend der großen Dankesworte an alle in irgendeiner Form Beteiligten und der Superlative. Gerade Oberbürgermeister Sebastian Remelé und Kunsthallenchef Erich Schneider waren richtig stolz, dass in Schweinfurt (bis 30. März) fast doppelt so viele Werke gezeigt werden können wie bei der ersten Präsentation der Sammlung 2012 in der Villa Stuck in München. Der OB gab in seiner Ansprache ein paar Anekdoten aus dem Leben von Gunter Sachs zum Besten: Als der junge Millionenerbe die Bardot kennengelernt hatte, musste er am nächsten Tag zu einem Termin nach Schweinfurt. Das erschien ihm so unromantisch, dass er vorgab, nach Athen reisen zu müssen.
Über Gunter Sachs kursieren unzählige Geschichten. Ein paar witzige und spannende erzählen die Kunstwerke in dieser bemerkenswerten Ausstellung, andere sind im Katalog zur Ausstellung nachzulesen. Rolf Sachs beschrieb in einem Gespräch in kleinem Kreis zu späterer Stunde seinen Vater als Mann, der die Kunst zwar geliebt und wie selbstverständlich mit ihr gelebt, der sie aber eher nebenbei, ganz spielerisch gesammelt hat. Und als ihm der Hype auf dem Kunstmarkt zu groß wurde, hörte er einfach auf, Kunst im größeren Stil zu kaufen.
Bliebe nur noch Erich Schneider zu erwähnen, der nicht nur laut davon träumte, ein Bild aus der Ausstellung – eine wunderbare Komposition von Hans Hartung – im Haus behalten zu dürfen, sondern noch eine Anspielung machte. Die Kunsthalle, so sagte er, werde vielleicht in absehbarer Zeit noch eine Sachs-Ausstellung zeigen können. Ob er damit die Aufnahmen des Fotografen Gunter Sachs meinte oder die Objekte von Rolf Sachs, der demnächst eine Ausstellung im Museum für Angewandte Kunst in Köln zum Thema „typisch deutsch“ hat? Das verriet Schneider nicht. Vielleicht gibt es ja auch die Möglichkeit, beides in Schweinfurt zu zeigen.