Für andere stellen Sport oder Musik die wichtigste Freizeitbeschäftigung dar. Bei Daniel Geiling aus Zeilitzheim ist es hingegen die Schafzucht. Seit seiner Kindheit hat er ein Faible für Schafe.
Zu verdanken hat der 22-jährige dies seinem Opa Gerhard Hümmer. Bereits dessen Vater hielt über lange Zeit Schafe, ehe Gerhard Hümmer die Herde übernahm. Regelmäßig nahm er seinen Enkel Daniel mit, ehe er 2015 aus Altersgründen die Schafzucht aufgab.
Daniel Geiling wollte auf die wolligen Vierbeiner auf Dauer nicht verzichten. Im Frühling diesen Jahres hat er sich deshalb eine eigene Herde zugelegt. Zehn ausgewachsene Schafe und zehn Lämmer nennt er aktuell sein eigen. Nicht umsonst hört er aufgrund seiner großen Leidenschaft für diese Tiere in seinem Freundeskreis auf den liebevollen Spitznamen „Lämmle“.
Die Schäferei gehört zu den ältesten Gewerben der Welt. Die besondere Stellung des Schäfers hat nicht zuletzt in der christlichen Symbolik Niederschlag gefunden. Das Bild des guten Hirten zieht sich wie ein roter Faden durch die Bibel.
Um ein solcher guter Hirte für seine Schafe zu sein, verbringt Daniel Geiling viel Zeit mit seinen Tieren, sucht ständig nach neuen Gras- und Wiesenflächen, welche die Schafe auf natürlichem Wege kurz halten und so an genügend Futter kommen.
Beim Opa in die Lehre gegangen
Besonderes Talent hat der Zeilitzheimer nicht nur beim Hüten und der Zucht der Herdentiere unter Beweis gestellt, sondern insbesondere auch beim Scheren. Auch dieses Handwerk hat er natürlich bei seinem inzwischen 76-jährigen Opa, der bereits seit 53 Jahren Schafe schert, von der Pike auf erlernt. Daniel Geiling ist hier seit vier Jahren mit im Geschäft. Pro Jahr werden die Schafe einmal geschoren, so der seit jeher geltende Rhythmus.
Im badenwürttembergischen Salem (Bodensee) fand kürzlich die Deutsche Schafschurmeisterschaft statt, zu der über 80 Teilnehmer aus dem In- und Ausland angereist waren, um sich in verschiedenen Wettbewerben zu messen. Bei seiner allerersten Teilnahme schaffte es der Zeilitzheimer gleich bis ins Finale seiner Klasse (Nachwuchs).
Zwei Vorläufe
Bis dahin war es jedoch ein weiter Weg. In den beiden Vorläufen mussten drei Schafe von ihrem Wollkleid befreit werden, im Halbfinale waren es deren vier. Die Preisrichter bewerteten dabei nicht nur die Schnelligkeit und die Sauberkeit der Rasur, sondern auch den Umgang mit den Tieren.
Bankscherer statt Bodenscherer
Daniel Geiling trat als sogenannter „Bankscherer“ an. Dabei sitzt das Schaf auf einem kleinen Podest, während der Scherer mit dem Scherkopf durch das Fell des Tieres fährt. Der Vorteil im Vergleich zum weiter verbreiteten „Bodenscheren“ (dabei liegt das Schaf auf dem Boden) besteht aus Geilings Sicht darin, dass die Schur beim Bankscheren gleichmäßiger und sauberer durchgeführt werden kann. Defizite seien allerdings bei der Dauer zu verzeichnen.
Dies nimmt Daniel Geiling aber in Kauf. Denn wichtig ist ihm vor allem, dass sich das Schaf beim Scheren wohlfühlt und keine Verletzungen davonträgt. Anlässlich der Schafschurmeisterschaft gibt es nämlich durchaus auch immer wieder kritische Stimmen. Die Tierschutzorganisation Peta beispielsweise bemängelt regelmäßig den Stress für die Tiere und das Gefahrenpotenzial für Schnittwunden.
Die Kritik halten die Veranstalter und auch Daniel Geiling für unbegründet. Die Teilnehmer legten alle größtmögliche Sorgfalt an den Tag, außerdem stehe die Schnelligkeit keinesfalls an erster Stelle. Das ist schon daran zu erkennen, dass der Zeilitzheimer Geiling im Vorlauf zwar wesentlich länger für die Schur seiner Schafe gebraucht hatte als seine Kontrahenten. Dennoch stand er am Ende auf Platz eins des Vorlaufs, da er mit dem Scherkopf besonders sorgfältig gearbeitet hatte.
So sanft wie möglich
Man müsse so sanft wie möglich mit den Tieren umgehen, sonst zappeln sie nur, was die Rasur enorm erschwere, betonte Geiling. Er hält die Kritik von Peta vor allem auch deshalb für völlig unbegründet, da das örtlich zuständige Veterinäramt bei der gesamten Veranstaltung mit zwei Mitarbeitern vor Ort war und den artgerechten Umgang mit den Tieren strengstens überwachte.
Außerdem stellten die Meisterschaften auch nicht in erster Linie einen Wettstreit der Scherer dar. Sie sollten vor allem dazu dienen, der Bevölkerung die Schafhaltung, die Schafschur und die wirtschaftliche Situation dieses Zweigs der Landwirtschaft nahe zu bringen, hatte Anette Wohlfarth, Geschäftsführerin des Landesschafzuchtverbandes Baden-Württemberg schon im Vorfeld der Veranstaltung erklärt.
Nachdem Daniel Geiling auch im Halbfinale seine Scherkünste erfolgreich unter Beweis gestellt hatte, stand er unter den besten Vier und zog somit ins Finale ein. Dort hat es für den 22-Jährigen zwar nicht mehr zu einem Platz auf dem Treppchen gereicht, mit seiner Leistung war er jedoch trotzdem zufrieden. Er erntete auch von den Preisrichtern reichlich Lob.
Vier Jahre Erfahrung
Auch er bekam einen Pokal und eine Urkunde bei der Siegerehrung überreicht. Damit darf er sich ab sofort mit Fug und Recht als Deutschlands viertbester Nachwuchsschafscherer bezeichnen.
Die notwendige Routine und Präzision für diesen Erfolg hatte sich der 21-jährige das ganze Jahr über bei der Arbeit für Dutzende von Schaf- und Bockzüchtern erarbeitet. Bis zu 400 Kilometer einfach legte er an einem Tag zurück, fuhr bis über die französische Grenze ins Elsass, um einen Auftrag zur Schafschur zu erfüllen. 2500 Schafe rasierte Geling im Jahr, bis zu 150 Stück am Tag. Er bedient große Kunden vor allem in der Rhön und in der Region um Fulda, aber auch im Süden Bayerns ist der Zeilitzheimer mit seiner Schermaschine regelmäßig tätig.
Schafe bleiben ein Hobby
Alles in allem bleibt die Arbeit mit den Schafen für Daniel Geiling aber ein Hobby. Zwei bis drei Kilogramm Wolle produziert ein Schaf pro Jahr. Bei einem Marktwert von 1,10 Euro pro Kilogramm weißer Wolle lassen sich damit nicht einmal die Kosten für das Scheren hereinholen. Etwas Geld lässt sich höchstens mit dem Verkauf der Tiere und durch so genannte Flächenprämien verdienen, für unbewirtschaftete Gebiete, die das Jahr über von den Tieren ständig abgegrast werden.
Ein Problem sieht Daniel Geiling im Wolf auf die Schafhalter zukommen. Das Raubtier werde immer häufiger in der Region gesichtet, unter anderem bei Unterspiesheim (wir berichteten). Es existiere noch keine verbindliche Regelung, wer für die durch den Wolf verursachten Schäden an der Herde aufkommt. Von anderen betroffenen Schäfern weiß Geiling, dass in der Regel der Staat die Kosten übernimmt, das dauere aber häufig sehr lange. Darüber hinaus müsse zweifelsfrei nachgewiesen werden, dass auch tatsächlich ein Wolf die Schafe gerissen habe, was sich häufig als schwierig erweisen würde.
Die Deutsche Schafschurmeisterschaft findet im jährlichen Wechsel mit den Landesmeisterschaften statt. Nächstes Jahr will Daniel Geiling daher bei der Bayerischen Schafschurmeisterschaft ganz vorne landen. Bis dahin kümmert er sich aber erst einmal weiter um die eigene kleine Schafherde, die nach seinem Wunsch noch etwas Zuwachs erhalten soll.