Es war wie ein Erdbeben: Die Nachricht von der Schließung des Krankenhauses St. Josef in Schweinfurt hat die ganze Region erschüttert. 800 Arbeitsplätze gehen verloren. 272 Klinikbetten verschwinden. Die einzige Akutgeriatrie in Schweinfurt fällt weg. Ebenso die einzigartige Palliativstation. Es gibt nichts Vergleichbares im Umfeld. "Eine Katastrophe für die Region", sagt Ärztlicher Direktor Dr. Wolfgang Menger.
Im Zug von Berlin nach Schweinfurt hat er am Dienstagnachmittag von der Schließung des St. Josef Krankenhauses erfahren. "Ich war total geschockt", sagt der 64-Jährige. Die Entscheidung kam für ihn "völlig überraschend". Wie es für ihn nun weitergeht? Er weiß es nicht. Er weiß nur, am 31. Dezember 2024 ist Schluss, dann wird das Josef-Krankenhaus zugemacht.

Träger des St. Josef Krankenhauses ist die in Würzburg ansässige Kongregation der Schwestern des Erlösers. Aus wirtschaftlichen Gründen will sie den Betrieb nicht weiterführen. Seit zwei Jahren wurde ein neuer Träger gesucht. Zuerst gab es Überlegungen für einen Zusammenschluss mit dem städtischen Leopoldina-Krankenhaus. Diesen Plan, der gutachterlich gestützt war, hat der Orden aber verworfen und stattdessen der Stadt Schweinfurt ein Übernahmeangebot gemacht. Das wiederum lehnte der Stadtrat ab. Das finanzielle Risiko war zu hoch. Nachdem am Dienstag nun auch die letzte Hoffnung geplatzt war, dass der Bezirk Unterfranken das Krankenhaus übernehmen würde, zog die Kongregation die Reißleine.

In einer eiligst einberufenen Mitarbeiterversammlung wurde die Schließung des Hauses zum Jahresende bekannt gegeben. Es flossen Tränen, heißt es. Tränen der Trauer, vor allem aber der Wut und Enttäuschung auf die Erlöserschwestern. "Das ist kein christliches Vorgehen", verweist Simone Kürschner auf das Leitbild der Kongregation. Die 37-jährige Krankenschwester fühlt sich "unendlich leer". Die Entscheidung der Erlöserschwestern sei eine "ganz, ganz große Enttäuschung".

Diana Meder hatte bis zuletzt gehofft, dass sich ein neuer Träger findet. Die Nachricht von der Schließung war für sie "ein Schock". Die 42-Jährige arbeitet in der Patientenaufnahme. Sie wusste, dass die Zahlen rückläufig waren und diese Einnahmen fehlten. Dass die Kongregation tatsächlich das Haus dicht machen würde, damit habe niemand gerechnet. Noch nicht mal die Leitungspersonen seien informiert gewesen. "Es gab keine Kommunikation auf Augenhöhe."
Es gebe viele soziale Härtefälle, sagt Klaus Riegler. Der Vorsitzende der Mitarbeitervertretung des St. Josef Krankenhauses hat bereits einen Rechtsanwalt für Arbeitsrecht eingeschaltet, der bei der Aufstellung eines Sozialplans beratend zur Seite steht. "Es ist ein schwerer Schlag für uns, aber auch für die Versorgung in Schweinfurt und dem Umland", so Riegler.
Große Solidarität in der Bevölkerung
Unglaublich groß ist die Solidarität der Menschen in der Region. Noch am Dienstag wurde im Internet eine Petition zum Erhalt des Krankenhauses und der Arbeitsplätze gestartet. Über 23.000 Menschen haben diese schon unterzeichnet (Stand Mittwoch, 16.30 Uhr). Es gibt auch Spendenaufrufe. Ein 83-jähriger Privatmann will mit 50.000 Euro den Grundstock legen. "Das Josefs muss erhalten bleiben", ist der Tenor in der Bevölkerung.
Die Klinikbeschäftigten sind tief berührt. Simone Kürschner kommen die Tränen über diese Hilfsbereitschaft. Die 37-Jährige arbeitet seit 20 Jahren als Pflegerin in der Onkologie. "Ich bin ein Josefskind." Sie habe nie woanders arbeiten wollen. Dafür nimmt sie täglich die Fahrt von Rhön-Grabfeld nach Schweinfurt in Kauf. Die Solidarität der Bevölkerung ist für sie eine Bestätigung der "guten Arbeit", die im Josefs geleistet werde.
Diana Meder tun vor allem die Patientinnen und Patienten leid, die völlig vor den Kopf gestoßen seien. Sie trauert auch um die gute Arbeitsatmosphäre. "Wir sind ein tolles Team." Jeder kenne jeden. Jetzt alle zurücklassen zu müssen, das bedauere sie.
Klinikgebäude soll verkauft werden
Was alle Befragten stutzig macht, ist die Eile der Erlöserschwestern, die Klinik in Schweinfurt loszuwerden. Blickt man auf das ursprünglich angedachte "Schweinfurter Modell" mit der Kooperation der beiden Häuser, war ein Zeitraum zur Umsetzung bis 2030 angedacht. "Jetzt wird das Krankenhaus innerhalb von fünf Monaten abgewickelt, das kann medizinisch niemals aufgefangen werden", prognostiziert der Ärztliche Direktor Dr. Wolfgang Menger eine bevorstehende Versorgungslücke.
Der Gebäudekomplex soll verkauft werden, hieß es bei der Pressekonferenz der Erlöserschwestern am Dienstag. Da ergeben sich neue Fragen: Was machen die Belegärzte, die mit dem Krankenhaus St. Josef kooperieren. "Das OP-Zentrum hat nur Zukunft, wenn es mit einem Krankenhaus assoziiert ist", sagt Dr. Menger. An die Klinik angegliedert ist auch eine Dialysestation, "die größte weit und breit". Zum Krankenhaus gehört zudem eine Krankenpflegeschule mit 60 Ausbildungsplätzen. Laut Menger wird diese ebenfalls geschlossen.
"Jetzt ist die regionale Politik gefordert", appelliert der Ärztechef an die Verantwortlichen in der Region, sich für den Erhalt des Josef-Krankenhauses einzusetzen. Landrat Florian Töpper (SPD) hat noch am Dienstagabend in Abstimmung mit Bezirkstagspräsident Stefan Funk (CSU) einen überparteilichen Koordinierungskreis initiiert, der die Versorgungslage in der Region Schweinfurt analysieren und die Interessen der Menschen bei der Politik in Berlin und München vertreten soll.
Dass die Erlöserschwestern den Krankenhausbetrieb nicht mehr alleine schultern können, hatte Geschäftsführer Stapper in der Pressekonferenz noch einmal deutlich gemacht. Die Kosten durch Inflation und Tarifsteigerungen würden nur noch zu 50 Prozent durch Erlöse abgedeckt. 2023 machte die Klinik vier Millionen Euro Minus. Eine Weiterführung des Krankenhausbetriebs würde weitreichende Folgen für die gesamte Kongregation haben. "Und das ist nicht zu verantworten."