Um die 3000 Menschen melden pro Jahr ihren Erstwohnsitz in Schweinfurt an. Um ihnen den Öffentlichen Personennahverkehr schmackhaft zu machen, gab es seit 2022 ein Willkommensgeschenk der Stadt: das Schnupperticket für Neubürgerinnen und Neubürger, gültig für einen Monat, nur im Stadtgebiet. Damit dürfte sehr wahrscheinlich Schluss sein. Nach dem Haupt- und Finanzausschuss, der am 21. Januar den Beibehalt des Tickets mehrheitlich abgelehnt hat, spricht der Stadtrat am Dienstag, 28. Januar, das letzte Wort. Dass sich die Mehrheitsverhältnisse dabei umkehren, ist unwahrscheinlich.
Warum stand das Schnupperticket überhaupt zur Disposition? Mit dem Umstieg auf ein digitales Bezahlsystem kann die Stadt keine Gutscheine mehr dafür ausgeben, so wie sie es bisher getan hat. Auch Monatskarten gibt es nicht mehr. Heißt: Die Stadt müsste entweder Prepaid-Karten kaufen, zum Beispiel im Wert von je 30 Euro, und diese dann an die Neubürgerinnen und Neubürger aushändigen. Wenn diese das wollen – und davon geht Schweinfurts Ordnungsreferent Jan von Lackum schwer aus.

Von den bisher ausgegebenen Gutscheinen wurden nur 20 Prozent tatsächlich gegen eine Monatskarte für den Bus eingelöst. Würden nun bei der Neuanmeldung des Hauptwohnsitzes in Schweinfurt Prepaid-Karten angeboten, würden die meisten diese wohl nehmen. Schließlich sei die Prepaid-Karte so gut wie Bargeld und, anders als der Gutschein, auch übertragbar. Damit wäre der Nutzen des Angebots aus Sicht der Verwaltung nicht mehr sichergestellt. Nämlich, den ÖPNV als "bevorzugtes Transportmittel" gezielt bei Neubürgerinnen und -bürgern zu bewerben.
Verwaltung: Kosten könnten von 9900 auf über 80.000 Euro steigen
Die Verwaltung rechnet damit, dass die Kosten dann extrem steigen. 9900 Euro hat die Stadt 2024 für das Schnupperticket ausgegeben, weil die meisten kein Interesse am ÖPNV hatten oder bereits ein Deutschlandticket. Würde man auf Prepaid-Karten umstellen, rechnet die Verwaltung damit, dass 90 Prozent der Betroffenen diese annehmen würden. Geschätzte Kosten: rund 81.000 Euro, rechnete von Lackum vor. Vorschlag der Verwaltung: das Schnupperticket einzustellen; angesichts der bisher schwachen Resonanz und auch mit Blick auf die angespannte Haushaltslage.
Die unterstrich auch Oberbürgermeister Sebastian Remelé: "Wir müssen den Gürtel enger schnallen", die Zeit für Wohltaten gehe "so langsam vorbei". Es gehe hier um Steuergelder, eine freiwillige Leistung, die man leicht streichen könne, ohne Bürgerinnen und Bürgern groß auf die Füße zu treten. Dass es nicht um viel geht, aber viele kleinere Leistungen letztendlich auch ins Gewicht fallen, darauf wies Finanzreferentin Anna Barbara Keck nach einigen Plädoyers aus dem Gremium für ein weiteres Schnupperticket für Neubürgerinnen und Neubürger hin.
Neben Grünen-Stadträtin Ayfer Rethschulte hatten sich Marietta Eder und Ralf Hofmann von der SPD für den Beibehalt des Schnuppertickets ausgesprochen. Schließlich solle sich der Verkehr in Zukunft ändern, weg vom Auto hin zum Öffentlichen Nahverkehr. Das Schnupperticket werbe für den ÖPNV, das sei wichtig – und, so nannte es Ralf Hofmann, eine Marketingmaßnahme. Er wie Eder warben dafür, eine günstigere Lösung zu finden. Dass es mit der Ausgabe von Prepaid-Karten einen Run auf die Schnuppertickets geben wird und die Kosten auf über 80.000 Euro steigen, hielt Kathi Petersen (SPD) für unwahrscheinlich.
Mehrheit entscheidet: Sparen dort, wo es nicht vielen weh tut
Auch Frank Firsching (Linke) appellierte, das Ganze nicht so hoch zuhängen. Er glaube nicht, "dass ein Schwarzhandel einsetzt" mit geschenkten Prepaid-Karten. Man könne nicht jedem unterstellen, der eine Karte bekomme, dass er diese zu Geld machen wolle. Sein Vorschlag: ein Kontingent an Prepaid-Karten kaufen und über den Bürgerservice an Neubürgerinnen und Neubürger ausgeben. Zeige sich in dieser Probephase, dass die Nachfrage zu groß sei, könne man das Ganze einstellen.
Bei diesem Vorschlag blieb es allerdings. Die Mehrheit stellte sich klar hinter den der Verwaltung, das Ticket einzustellen. Weil man, so argumentierte Stefanie Stockinger-von-Lackum (CSU), einsparen müsse – und das dort tun sollte, wo nicht so viele Menschen betroffen seien, wo es weniger spürbar sei für die Schweinfurterinnen und Schweinfurter.

Dass man mit dem Beitritt zum Nahverkehrsverbund Mainfranken "die Hoheit über unsere Tickets verloren" habe, wie es Frank Firsching formulierte, wies Finanzreferentin Keck zurück. Die Stadt habe sehr wohl nach wie vor die Tarifhoheit, könnte entscheiden, welche Angebote es gebe. Beispiel Sozialticket, das sollte erst gestrichen werden; jetzt soll es im Angebot bleiben, nachdem der Stadtrat im Dezember interveniert hatte.
Das Thema Stadtbusse und Nahverkehr wird schon am 28. Januar wieder im Stadtrat diskutiert. Dann aber geht es um das große Ganze – die Umstellung von Linien, Haltestellen, Bezahlsystem und die Probleme, die viele Schweinfurterinnen und Schweinfurter seitdem umtreiben.