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Schweinfurt: Schweinfurt im Corona-Vergleich: Warum sind die Inzidenzen anderswo niedriger?

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Schweinfurt im Corona-Vergleich: Warum sind die Inzidenzen anderswo niedriger?

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    Im Vergleich mit vielen anderen Städten hat Schweinfurt seit Langem große Probleme mit hohen Infektionszahlen.
    Im Vergleich mit vielen anderen Städten hat Schweinfurt seit Langem große Probleme mit hohen Infektionszahlen. Foto: Martina Müller

    Warum ist die Sieben-Tage-Inzidenz in vergleichbar großen Städten niedriger als in Schweinfurt? Diese Frage stellte sich in den vergangenen Wochen spätestens beim Blick auf die Rangliste des Robert Koch-Instituts (RKI), in der Schweinfurt oftmals Deutschlands trauriger Spitzenreiter mit der bundesweit höchsten Inzidenz war.

    Die Schweinfurter Behörden begründeten die Werte häufig mit der unglücklichen Berechnung der Inzidenz, die für die Wälzlagerstadt negativer ausfalle als für Städte mit deutlich mehr Einwohnern. So führten hier bereits wenige Corona-Fälle zu einem raschen Anstieg der Inzidenzwerte. Doch ist das wirklich der einzige Grund für Schweinfurts Problematik und geht es vergleichbaren Städten ähnlich? Die Redaktion hat mehrere bayerische Städte mit Schweinfurt verglichen.

    Ambergs Gesundheitsamtsleiter zeigt Verständnis für Schweinfurt

    Während die bundesweiten Infektionszahlen seit Wochen sinken, die Inzidenz lag am Montag bei 5,6, bewegen sich die Werte in Schweinfurt (22,5 am Montag) auf einem deutlich höheren Niveau. Am 19. Juni erst hatte es die Stadt geschafft, die Marke von 50 zu unterschreiten, da gab es schon erste Kommunen mit einer Inzidenz von 0. Doch woran könnte das liegen? Ein Grund für die hohen Zahlen, so Oberbürgermeister Sebastian Remelé kürzlich, sei das dicht besiedelte Stadtgebiet im fast 54 000 Einwohner fassenden Schweinfurt. Auf engem Raum lebten verhältnismäßig viele Menschen. So könnten sich Infektionen schneller ausbreiten als anderswo.

    "Auch wir hatten es deshalb von Anfang an schwer, da ein neuer Corona-Fall gleich 2,4 Punkte bei der Inzidenz ausmacht."

    Dr. Roland Brey, Leiter des Amberger Gesundheitsamtes

    In Amberg, einer kreisfreien Stadt in der Oberpfalz, mit rund 42 000 Einwohnern, lag die Inzidenz lange zwischen zehn und 15, am Montag war sie bei 0. Der Leiter des dortigen Gesundheitsamtes, Dr. Roland Brey, hat die Entwicklung in Schweinfurt stets mitverfolgt und zeigt Verständnis für die Kollegen. "Ich habe mitbekommen, dass Schweinfurt in den Schlagzeilen steht und wie sehr das dortige Gesundheitsamt kritisiert wird, allerdings hat Schweinfurt aus meiner Sicht nachvollziehbare Probleme", so Brey auf Nachfrage der Redaktion.

    Gute Impfquote führte zu niedrigen Inzidenzwerten

    Auch er sehe ein Problem in der Berechnung der Inzidenz. "Auch wir hatten es deshalb von Anfang an schwer, da ein neuer Corona-Fall gleich 2,4 Punkte bei der Inzidenz ausmacht." Man habe deshalb sehr frühzeitig beim bayerischen Gesundheitsministerium nachgefragt, ob man für die Inzidenzberechnung Stadt und Landkreis gemeinsam betrachten könne, was jedoch nicht möglich gemacht worden sei. Auch Amberg hatte mit sehr hohen Inzidenzwerten zu kämpfen, allerdings habe man dies in den Griff bekommen. Der Grund dafür sei laut Brey eine gute Impfquote.

    Mit Hilfe von mehreren Sonderimpf-Kontingenten, für die sich der dortige Landrat und der Oberbürgermeister intensiv eingesetzt hätten, habe nun mindestens jeder Dritte bereits eine zweifache Impfung erhalten. In Schweinfurt lag die Quote der Zweitimpfungen am 21. Juni mit rund 32 Prozent ähnlich. Doch für den Leiter des Amberger Gesundheitsamtes, Brey, gebe es noch mehr Faktoren, die für erhöhte Inzidenzwerte sorgen könnten. So führten etwa sprachliche Barrieren auch in Amberg phasenweise dazu, dass zahlreiche Menschen in Sachen Prävention nur schwer erreicht werden konnten.

    In Schweinfurt haben 45 Prozent der Bürger einen Migrationshintergrund. Erst kürzlich teilte die Stadt mit, dass zahlreiche Neuinfektionen auf größere Familienverbände mit Migrationshintergrund zurückzuführen seien. Auch der Leiter der Schweinfurter Tafel betonte kürzlich, dass die Stadt zur Aufklärung noch intensiver auch auf die Bürger zugehen müsse, die der deutschen Sprache nicht mächtig sind.

    Im bayernweiten Corona-Vergleich schneidet Schweinfurt derzeit nicht gut ab.
    Im bayernweiten Corona-Vergleich schneidet Schweinfurt derzeit nicht gut ab. Foto: Martina Müller

    Nun betonte Schweinfurts Ordnungsreferent Jan von Lackum, man wolle keine bestimmte Bevölkerungsgruppen an den Pranger stellen. Gleichwohl sei es aber so, dass die Stadt im Verhältnis zu ihrer Einwohnerzahl Großstadtwerte aufweise, wenn es um Mitbürger mit ausländischem Pass und Mitbürgern mit Migrationshintergrund geht.

    Wie sieht es in anderen vergleichbaren Städten aus?

    Auf Nachfrage teilte etwa Aschaffenburgs Oberbürgermeister Jürgen Herzing mit, dass man bisher gut durch die Pandemie gekommen sei. "Unsere Inzidenzzahlen lagen im Vergleich zur bayernweiten und deutschlandweiten Inzidenz meistens im Mittelbereich", so Herzing. Aschaffenburg hat zwar mit über 70 000 deutlich mehr Einwohner als Schweinfurt, jedoch habe man auch hier immer wieder starke Schwankungen der Werte erlebt. Auch hier habe man neben der Maskenpflicht in der Innenstadt, vergleichbar mit Schweinfurt, zusätzliche Maßnahmen wie das Alkoholverbot an ausgewiesenen Plätzen, ergriffen.

    "Kleinere Hotspots hatten wir zu Beginn der Pandemie und um die Weihnachtsfeiertage herum vereinzelt in Alten- und Pflegeheimen", erklärt Herzing. Auch in Aschaffenburger Schulen, Kitas und in Firmen habe es es ab und zu gehäufte Infektionen gegeben. Herzing kritisiert den Inzidenzwert als einzigen ausschlaggebenden Faktor. "Ich würde es begrüßen, wenn neben dem Inzidenzwert weitere Parameter gelten würden, zum Beispiel die Verfügbarkeit von Intensivbetten", so Herzing.

    Aschaffenburg hat "immer sehr schnell reagiert"

    Der Grund für eine erfolgreiche Bekämpfung  der Virusausbreitung in Aschaffenburg sei laut Herzing das stets schnelle Handeln aller beteiligten Ämter gewesen. So habe man "immer sehr schnell auf sich anbahnende Hotspots und steigende Inzidenzwerte reagiert". Die Kommunikation zwischen Gesundheitsamt, Stadtverwaltung, Polizei und Rettungsdiensten habe stets reibungslos funktioniert, so der Oberbürgermeister. Die transparente Information der Öffentlichkeit habe zudem dazu beigetragen, dass Maßnahmen umgesetzt werden konnten und von den allermeisten Bürgerinnen und Bürgern auch akzeptiert worden seien.

    Auch Weiden hatte mit starken Schwankungen zu kämpfen

    Ein ähnliches Fazit zieht neben dem mittelfränkischen Ansbach auch die Stadt Weiden in der Oberpfalz mit rund 43 000 Einwohnern. Auch dort sei man "in der Gesamtschau relativ gut durch die Pandemie gekommen", wie Pressesprecher Norbert Schmieglitz mitteilte. Und das trotz des Umstandes, dass die Stadt Weiden zusammen mit den beiden Nachbarlandkreisen Neustadt a. d. Waldnaab und Tirschenreuth lange Zeit selbst in den medialen Schlagzeilen gestanden habe, als man schnell von der zweiten Welle und nahezu ohne Übergang von der dritten Welle betroffen war.

    Dadurch trat hier wiederum ein anderer Effekt ein: "Durch die anfänglich hohen Infektionsraten in der zweiten und dritten Welle konnte sich so bei den Betroffenen ein Immunschutz nach Genesung aufbauen", erklärt Schmieglitz die mittlerweile gesunkenen Werte. Außerdem sei die Impfrate durch Sonderzuweisungen von Impfdosen und Sonderimpfaktionen, etwa für Lehrpersonal, rasch gesteigert worden.

    Jedoch hatte auch Weiden, genau wie Schweinfurt, mit starken Schwankungen "im Bereich zwischen 100 und 400" zu kämpfen, so der Stadtsprecher. Jedoch gingen die Fallzahlen seit Anfang März kontinuierlich zurück, mittlerweile ist der Inzidenzwert einstellig. Des weiteren habe man Maßnahmen, die über die bayerischen Verordnungen hinausgingen, etwa regelmäßige Kontrollen in der Weidener Fußgängerzone oder auf öffentlichen Spielplätzen, ergriffen.

    Da sich die Inzidenzzahlen in allen Gebietskörperschaften nach dem gleichen Modus berechnen lassen, sieht Schmieglitz darin keine ungerechte Behandlung für Weiden. Wenngleich Flächenlandkreise im Vorteil seien, da sich das Ausbruchsgeschehen dort leichter eingrenzen lasse.

    Parallelen zwischen Schweinfurt und Hof

    Nicht zuletzt die oberfränkische Stadt Hof, rund 46 000 Einwohner, zeigt, dass Schweinfurt mit seinen Problemen nicht alleine ist. Auch dort war man von starken Schwankungen betroffen. "Die Stadt Hof führte auch Anfang, Mitte April für einige Zeit die Inzidenztabelle mit einem Negativrekord von bis zu 587 an", sagt Pressesprecherin Ilona Hörath auf Nachfrage der Redaktion. Immer wieder seien größere Schwankungen zu beobachten, bei denen teilweise Differenzen um bis zu 100 Inzidenzpunkte innerhalb eines Tages zu verzeichnen waren, so Hörath.

    Deshalb wurden mehrere Allgemeinverfügungen erlassen, die die jeweils aktuellen Regelungen weiter verschärften. Dabei wurde beispielsweise der Unterricht weiter eingeschränkt, es galten erweiterte Maskenpflichten sowie nächtliche Ausgangssperren. "Zudem wurde das Testkonzept der Stadt Hof deutlich erweitert, so Hörath. Alles Punkte, die auch auf Schweinfurt zutrafen.

    Bevölkerung habe Maßnahmen konsequent eingehalten

    In Schweinfurt gab es lange Zeit Kritik, da dass Gesundheitsamt keine klaren Ursachen für die hohen Zahlen nennen konnte. Laut Hörath befand sich jedoch auch die Stadt Hof dauerhaft in einem "diffusen Ausbruchsgeschehen", das teilweise durch Hotspots weiter intensiviert wurde. Weiter spielten in Hof auch äußere Einwirkungen wie die Lage in der Grenzregion zu Tschechien, Sachsen und Thüringen oder der Pendler- und Berufsverkehr in die Stadt eine große Rolle für die hohen Werte.

    Parallelen gab es zwischen Hof und Schweinfurt auch bei der Ursachenforschung. Diese gestaltete sich laut Hörath aufgrund der vielen Fälle ohne erkennbares Muster und der unterschiedlichen Herkunft äußerst schwierig. Die hohen Zahlen in der Stadt Hof hätten schließlich deshalb nachhaltig gesenkt werden können, da die Bevölkerung die Maßnahmen konsequent eingehalten habe, alle Beteiligten akribisch gearbeitet hätten und erweiterte Testkonzepte umgesetzt worden seien. Aktuell beträgt die Inzidenz in Hof 4,2.

    Coburg über "massive Verzerrungen der Darstellung der Lage"

    In der oberfränkischen Stadt Coburg, rund 41 000 Einwohner, blickt man ebenfalls auf Schwankungen zurück. "Coburg hat sich sowohl im Herbst als auch zur dritten Welle im Frühjahr lange gut gehalten mit niedrigen Inzidenzwerten. Dann ist dieser Wert aber jeweils sehr hoch gestiegen und es hat gedauert, bis er wieder auf 'normalen' Höhen war", sagt Pressesprecher Louay Yassin. Doch auch hier liegen die Zahlen mittlerweile, anders als in Schweinfurt, wieder stabil unter zehn.

    "Im Spätherbst und Winter hatten wir Hotspots in Alten- und Pflegeheimen", so Yassin. Nun seien diese Risikogruppen größtenteils durchgeimpft. Auch in Coburg führe die geringe Einwohnerzahl im Inzidenzwert zu "massiven Verzerrungen der Darstellung der Lage". Wenn etwa Corona in einem Heim ausbreche und dort 40 Personen infiziert würden, wäre dieses Geschehen alleine für einen Inzidenzwert von 100 verantwortlich, so der Pressesprecher. Und das schon ohne einen Ausbruch in der restlichen Bevölkerung. Ähnlich wie Amberg hatte auch die Stadt Coburg den Freistaat vergeblich darum gebeten, gemeinsam mit dem Landkreis Coburg eine Gesamt-Inzidenz berechnen zu dürfen.

    Fazit: Auch wenn Schweinfurt aktuell noch schlechter dasteht als vergleichbare Städte, zeigen die Nachfragen, dass die hiesigen Probleme durchaus keine Schweinfurter Besonderheit sind.

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