Die Nachricht hat viele überrascht: Wöhrl übernimmt Rosa. Das zumal deshalb, weil die Schweinfurter Linie der Familie Wöhrl ihr Geschäft am Postplatz zum Jahreswechsel aufgab und das Haus an die schwedische Modegruppe H & M vermietete. Damals hatte sich Rosa noch klar für den Standort Schweinfurt ausgesprochen, kurze Zeit später aber umgedacht. Im Herbst wird das Modehaus aufgegeben und von der Wöhrl AG Nürnberg übernommen. Ihr Aufsichtsratsvorsitzende Hans-Rudolf Wöhrl steht Rede und Antwort.
Frage: Mit der Firma Rosa gibt innerhalb kurzer Zeit das zweite große Schweinfurter Familienunternehmen auf dem Bekleidungssektor auf. Aus welchen Gründen ist die Wöhrl AG optimistisch, an gleicher Stelle wirtschaftlich profitabel auftreten zu können?
Hans-Rudolf WÖhrl: Wir halten Schweinfurt für einen außerordentlich interessanten Standort, der darüber hinaus gut in das Filialkonzept der Handelsgruppe Wöhrl passt. Unser Ziel ist es, jede Stadt in Bayern mit mehr als 50 000 Einwohnern und einem überregionalen Einzugsbereich zu besetzen. Kilian Wöhrl war in Schweinfurt immer sehr erfolgreich. Die Probleme kamen erst, als man einen Neubau in Erwartung weiter steigender Umsätze gebaut hat, die sich dann jedoch auf Grund der nachlassenden Konjunktur nicht einstellten. Nicht viel anders erging es der Familie Rosa. Kurzum: Der Mut beider Unternehmerfamilien hat sich leider nicht ausbezahlt. Da das Haus von Kilian Wöhrl nun von H & M übernommen wurde, glauben wir, dass der Bedarf an modischer, wertiger Markenmode ausreichend groß ist, um wenigstens ein Haus wirtschaftlich zu führen. Wöhrl soll im Rosa-Haus diese dominierende Position in Schweinfurt einnehmen.
Die Wöhrl AG Nürnberg übernimmt sämtliche rund 70 Mitarbeiter der Firma Rosa. Wie lange sind die Arbeitsplätze sicher?
Hans-Rudolf Wöhrl: Auf Grund der zu erwartenden Umsätze und des serviceorientierten Konzeptes glauben und hoffen wir, nicht nur 70, sondern mittelfristig sogar mehr Mitarbeiter beschäftigen zu können. Insbesondere denken wir dabei natürlich auch daran, einige der hoch qualifizierten Mitarbeiter von Kilian Wöhrl bei uns einzustellen. Um es anders auszudrücken, wenn sich die Mitarbeiter von Rosa voll zu ihren neuen Chefs bekennen, muss ihnen um ihre berufliche Zukunft nicht Bange sein. Eines ist allerdings unvermeidlich - Wöhrl ist ein streng zentral geführtes Unternehmen und vieles, was die derzeit 70 Beschäftigten in Schweinfurt heute noch erledigen, wird zukünftig in Nürnberg stattfinden. So mancher Mitarbeiter muss sich also umstellen und neue Aufgaben im Service übernehmen. Entscheidend ist, dass Wöhrl auf Grund seiner konsequenten Zentralisierung in der Lage ist, günstige Preise im hochwertigen Markensegment zu bieten und gleichzeitig qualifiziertes Fachpersonal für die Beratung zur Verfügung stellen kann.
Plant Wöhrl einen Umbau des Rosa-Gebäudes? Wenn ja, in welchem Umfang wird investiert.
Hans-Rudolf Wöhrl: Das Haus Rosa ist erst vor wenigen Jahren umgebaut und auf den neuesten Stand gebracht worden. Allerdings werden wir auf Grund einer etwas anderen Sortimentsstruktur einige Umgruppierungen und Umschichtungen vornehmen. Große bauliche Umbauten werden dafür allerdings nicht erforderlich sein.
Wöhrl Nürnberg betreibt auch in Würzburg eine Filiale. Wird das Erscheinungsbild in Schweinfurt ähnlich sein?
Hans-Rudolf Wöhrl: Nach Umgruppierung und nach den von uns eingeplanten Maßnahmen werden sich die Häuser angleichen, das heißt, Rosa wird an Attraktivität gewinnen.
Ist eine Abteilung für Sportartikel geplant?
Hans-Rudolf Wöhrl: Wir werden in jedem Fall eine kompetente Auswahl an Sportbekleidung bieten. Ob wir Sportgeräte, also Ski etc. führen, ist noch nicht entschieden. Das liegt im Wesentlichen daran, ob genügend Flächen zur Verfügung stehen.
Die Brüder Michael und Matthias Wöhrl haben ihr Geschäft am Postplatz Ende 2002 aufgegeben und an die Firma H & M vermietet. Warum nicht an die Wöhrl AG Nürnberg?
Hans-Rudolf Wöhrl: Wir hatten vor zwei Jahren Michael und Matthias Wöhrl ein Angebot zur Übernahme der Firma gemacht. Damals hatten diese aber noch auf einen wirtschaftlichen Aufschwung gehofft und wollten ihre Selbstständigkeit erhalten. Als sie im vergangenen Jahr merkten, dass sich diese Erwartungen nicht erfüllten, haben sie Kontakt mit uns aufgenommen und es wurde seitens Wöhrl Nürnberg ein konkretes Angebot vorgelegt. Wie wir erfahren haben, hat man letztendlich aber dem Drängen der Banken nachgeben müssen und das höhere Mietangebot von H & M akzeptiert. Dass dabei die Mitarbeiter auf der Strecke geblieben sind, ist bedauerlich.
Gründer der nicht mehr existenten Firma Wöhrl in Schweinfurt war der Vater der Brüder Michael und Matthias Wöhrl, Kilian Wöhrl. In welchem verwandtschaftlichen Verhältnis steht eigentlich Wöhrl Nürnberg zu Wöhrl Schweinfurt?
Hans-Rudolf Wöhrl: Kilian Wöhrl war der Bruder von Rudolf Wöhrl, meinem Vater. Kurzum, Michael und Matthias sind Cousins. Wirtschaftliche Verknüpfungen zwischen beiden Firmen gab es nie. Allerdings haben wir in verschiedenen Bereichen wie Marketing, Wareneinkauf usw. bis vor einigen Jahren eng zusammen gearbeitet. Diese Zusammenarbeit hat Wöhrl Schweinfurt vor einigen Jahren beendet, um sich einem Einkaufsverband anzuschließen.
Der Bekleidungssektor liefert sich seit geraumer Zeit fast ruinöse Rabatt-Schlachten. Wie lange geht das noch gut?
Hans-Rudolf Wöhrl: Die Rabattschlachten haben längst zu verheerenden wirtschaftlichen Auswirkungen in der Branche geführt. Man darf nicht übersehen, dass selbst zu Zeiten, als die Dinge noch besser liefen, der Gewinn vor Steuer im klassischen Einzelhandel nur bei ein bis drei Prozent lag. Diese geringen Erträge vertragen keine massiven Preisnachlässe. Werden sie dennoch gegeben, führt dies zwangsläufig in den Ruin der Unternehmen, es sei denn, die Nachlässe wurden vorher auf die Preise aufgeschlagen. Beide sind Alternativen, die Wöhrl Nürnberg stets abgelehnt hat. Wir setzen seit jeher auf eine ehrliche, korrekte Preisauszeichnung, lehnen grundsätzlich Rabattaktionen und ähnliche Dinge ab.