Für besondere Aufmerksamkeit in den sozialen Medien sorgt derzeit ein farbenfroh leuchtendes "Weihnachtshaus" in der Gartenstadt: bunt und weithin sichtbar, aber auch ein wenig geheimnisvoll. Die Leute bleiben stehen, fotografieren und stellen die Bilder ins Internet.
Auf Nachfrage meint der Besitzer, dass er eigentlich gar nicht in die Zeitung möchte. Den vollständigen Namen brauche es nicht unbedingt, die Blicke der Passanten sind für ihn Aufmerksamkeit genug. Aber die Geschichte hinter dem Weihnachtshaus ist traurig und schön zugleich.
Erinnerung an einen tragischen Schicksalsschlag
Stephan lebt seit vier Jahren mit seiner deutsch-türkischen Frau in der Gartenstadt. Der Lichterschmuck hängt mit einem tragischen Schicksalsschlag zusammen. Den Einzug in die neue Wohnung hat seine jüngste Tochter, deren Vorname übersetzt "Träne eines Engels" bedeutet, leider nicht mehr erlebt. Am 17. Dezember 2017 ist die junge Frau gestorben, an einem Hirntumor, kurz vor ihrem 18. Geburtstag, den sie am Neujahrstag gefeiert hätte. Die Festtage sind seither keine leichte Zeit für ihre Eltern und die Schwestern.

Ein großer Weihnachtsfan sei das Mädchen gewesen, sagt Stephan. Die Lichterpracht vor, aber auch im Haus, soll ein bleibendes Andenken an sie sein: "Ich möchte, dass sie es von oben sieht." Seit November funkeln die Girlanden, die Rentierschlitten und Tannenbäume im Vorgarten, die Technik ist teilweise ausgefeilt. Ein Nikolaus steigt aus dem Geschenkpaket, ein Eisbär wackelt mit dem Kopf.
Ständig kommt etwas Neues dazu
"Wir machen es auch für die Kinder", sagt das Ehepaar. Die Grundschule liegt schließlich gleich gegenüber. Also gibt es für die Jüngsten eine Extrabeleuchtung auf dem Schulweg, zwischen 7 und 8 Uhr morgens. Drinnen, im Wohnzimmer, hat Stephan ein sanft schimmerndes Weihnachtsdorf aufgestellt, über dem sich blinkend ein Miniriesenrad dreht. Manche der zerbrechlichen Sammlerstücke stammen aus dem Internet, ein weiterer Lieferant ist das "Christmas Wonderland" in Rottershausen, als Importeur für Weihnachtsartikel, aus den USA ebenso wie der Glasbläser-Hochburg Lauscha oder dem Erzgebirge.
Ständig kommen ein paar kleine Häuser dazu: "Durch Corona sind es dieses Jahr nicht so viele. Wir haben nur zwei oder drei neue." Das Sammeln von Adventsdekoration war schon immer ein großes Hobby. Selbst Yorkshireterrier Cookie bekommt zum Fest ein Nikolaus-Outfit angezogen. Die hohen Stromkosten gäbe es natürlich auch, sagen die beiden Schweinfurter. Aber einmal im Jahr ist der Familie das wert.
Auch in der Türkei gibt es prachtvoll verzierte Straßen zum Jahreswechsel
Nächstes Vorhaben ist, den Garten hinter dem Haus zu illuminieren. Stephans Traum ist außerdem eine weihnachtliche Eisenbahn, die dort ihre Kreise zieht, schließlich arbeitet er als Lokomotivführer. Da seine Frau Muslima ist, treffen sich im Weihnachtshaus die Kulturen. Wobei es auch in der Türkei, wie in der ganzen Welt, prachtvoll verzierte Straßen zum Jahreswechsel gibt. Am Bosporus wird halt das Neujahrsfest "weihnachtlich" gefeiert, mit Noel Baba, dem türkischen Nikolaus. Immerhin stammt der Namensgeber, der kinderfreundliche Bischof von Myra, aus dem heutigen Demre, Provinz Antalya.

Das wunderbar leuchtende Weihnachtsdorf stand auch am Bett der schwerkranken Tochter, bis ganz zuletzt. Nahm vielleicht ein klein wenig die Angst und spendet bis heute Licht in den dunkelsten Nächten des Jahres. Was bleibt vom "Fest der Liebe und Hoffnung", in einer Welt, in der viele Menschen unterschiedlichster Religionen und Herkunft zusammenleben? Für eine Familie in der Schweinfurter Gartenstadt hat Weihnachten seine ganz eigene Bedeutung.