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SCHWEINFURT: Schweinfurts Pflaster klingt, aber bloß nicht spontan

SCHWEINFURT

Schweinfurts Pflaster klingt, aber bloß nicht spontan

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    Es gibt einige große Musiker, die ihre Karriere auf der Straße begonnen haben. Der britische Rockstar Rod Stewart zum Beispiel oder die Kelly Family. Auch Ed Sheeran wurde auf der Straße entdeckt. Karin Schmidt hat keine solche Karriere im Sinn. Sie muss auch nicht mit Straßenmusik ihren Lebensunterhalt verdienen. Die 64-jährige Lehrerin aus Schweinfurt packt ihr Akkordeon in der Regel nur im Urlaub aus, um Straßenmusik zu machen. Mal wieder zurück von einer Tour durch Frankreich und viele deutsche Städte wollte sie am letzten sonnigen Freitagnachmittag nun auch mal in ihrer Heimatstadt spielen und ließ sich in der Kesslergasse nieder. Doch das war ein kurzes Vergnügen.

    „Zwei Security-Leute haben mich sofort vom Platz verwiesen“, erzählt Karin Schmidt im Gespräch mit dieser Redaktion. Weil sie keine Sondergenehmigung für Straßenmusik hatte, durfte sie hier nicht spielen. Dabei hatte die 64-Jährige noch Glück, dass die Security-Leute sie nicht abkassiert haben. Denn Musizieren ohne gültige Sondernutzungserlaubnis erfüllt in Schweinfurt den Bußgeldtatbestand und kann entsprechend geahndet werden.

    Karin Schmidt marschierte schnurstracks ins Bürgerbüro, um sich diese Sondernutzungserlaubnis zu holen. Doch dort erfuhr sie, dass diese nur im Dienstgebäude am Sennfelder Bahnhof erhältlich ist. Freitagnachmittags allerdings ist dort zu, erst am Montag wieder geöffnet. Und: Die Stadt erlaubt maximal vier Stunden pro Tag und verlangt dafür eine Gebühr von zehn Euro.

    Noch nie eine Gebühr bezahlt

    So etwas hat Karin Schmidt noch nicht erlebt. Seit 25 Jahren ist sie als Hobby-Straßenmusikerin unterwegs. In vielen deutschen Städten habe sie schon musiziert, wo dies ausdrücklich erlaubt und gewünscht sei. Zum Teil zwar mit Einschränkungen, zum Beispiel nicht länger als eine halbe Stunde an einem Platz oder nicht direkt vor Kneipen musizieren. Aber eine Gebühr habe sie noch nie zahlen müssen. Gerade in Schweinfurt überrascht sie eine solche Rigorosität gegenüber Straßenmusiker, wirbt man doch gerne mit dem Straßenmusikfestival Pflasterklang. „Schweinfurts Pflaster klingt, aber bloß nicht spontan“, meint Karin Schmidt sarkastisch.

    Tatsächlich gibt es nur in wenigen deutschen Städten so strenge Regeln wie in Schweinfurt. Meist werden Straßenmusiker geduldet, zumindest in kleineren Städten. Selbst in Würzburg wird für die nötige Sondergenehmigung nur fünf Euro verlangt. In Nürnberg müssen Straßenmusiker vier Euro am Tag zahlen, in Hamburg gar nichts. Die Stadt Augsburg begrüßt auf ihrer Homepage sogar ausdrücklich „Straßenmusik zur Belebung der Innenstadt“. Und auch die Städte Stuttgart, Köln, Leipzig oder Erfurt nehmen den Straßenmusikern kein Geld für die Lizenz ab.

    In München müssen Straßenmusiker erst im Rathaus vorspielen

    Die Stadt Schweinfurt ist da mit ihrer Zehn-Euro-Gebühr schon auf dem Niveau der großen Landeshauptstadt. Die schießt diesbezüglich sowieso den Vogel ab: Denn wer in der Münchener Fußgängerzone auftreten will, muss vorab erst einmal im Rathaus vorspielen. Durch dieses Verfahren soll die Qualität der Musik im Stadtbild gesteigert werden, heißt es.

    Soweit ist man in Schweinfurt noch nicht. Doch Karin Schmidt ist überzeugt, dass die hier zu überwindenden Hindernisse die meisten Straßenmusiker ebenfalls abschrecken. So müssen sie ja erst einmal zum Sennfelder Bahnhof außerhalb der Stadt laufen, um die Sondergenehmigung zu holen und dafür obendrein noch zehn Euro des erspielten Geldes vorinvestieren. „Das lohnt sich in einer Kleinstadt wie Schweinfurt überhaupt nicht“, weiß die 64-Jährige. Dabei könnte ihrer Meinung nach die Straßenkunst Leben in die „wenig einladende Innenstadt“ bringen.

    Im städtischen Infoschreiben für Straßenmusiker werden die strengen Auflagen mit „massiven Lärmbeschwerden“ begründet. So muss der Künstler innerhalb der vier genehmigten Stunden halbstündlich seinen Standort wechseln und darf keine Lautsprecher oder Verstärkeranlagen benutzen.

    „Ich würde gerne hier spielen“, sagt Karin Schmidt. Ihre französischen Tänze, Seemanns- und Handwerkerlieder vom Zupfgeigenhansel auf dem diatonischem Akkordeon kommen bei den Passanten gut an. Eine Gebühr will sie aber nicht zahlen. Da tourt sie lieber durch andere deutsche Städte, in denen Straßenmusik erwünscht ist.

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