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Gerolzhofen: Sebastiani-Gelübde ohne Salutschüsse: Weshalb es beim Brauchtumsfest in Oberschwarzach nicht geknallt hat

Gerolzhofen

Sebastiani-Gelübde ohne Salutschüsse: Weshalb es beim Brauchtumsfest in Oberschwarzach nicht geknallt hat

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    Beim 413. Sebastiani-Pestgelübde in Oberschwarzach am 21. Januar 2024 gehörte das Salutschießen vor der Kirche zur Wandlung noch zum festen Bestandteil des Brauchtumsfestes.
    Beim 413. Sebastiani-Pestgelübde in Oberschwarzach am 21. Januar 2024 gehörte das Salutschießen vor der Kirche zur Wandlung noch zum festen Bestandteil des Brauchtumsfestes. Foto: Stefan Pfister (Archivfoto)

    Als die Oberschwarzacher am 19. Januar dieses Jahres anlässlich des Sebastiani-Tages zum 414. Mal das Pestgelübde der Marktgemeinde erfüllten, verlief das Brauchtum fast wie immer. Nur eines fehlte: das Salutschießen zur Wandlung während des Festgottesdienstes. Darüber, wie es dazu kam, dass von der überlieferten Norm abgewichen wurde, ist man unterschiedlicher Ansichten im Landratsamt Schweinfurt sowie bei den Verantwortlichen von Bürgerwehr und Gemeinde. Ob die Salutschüsse künftig nochmals knallen werden, ist offen.

    Um das Problem zu verstehen, hilft es, ein paar Details zu beleuchten. Zunächst einmal ist es so, dass ausgebildete Jäger, drei bis fünf an der Zahl, die Salutschüsse abgeben, und keine Laien an der Waffe, wie Frank Wagner erklärt. Er führt als Hauptmann die traditionsreiche Bürgerwehr an. Die Schussabgabe in Form von Platzpatronen aus regulären Jagdwaffen betrifft nur einen Bruchteil des Bürgerwehr-Aufzugs, an dem im Ort jedes Jahr im Januar 100 bis 120 Mann beteiligt sind. Das Gros der Bürgerwehrler marschiert mit Holzgewehr-Attrappen. Nur Führungsdienstgrade tragen Anscheinswaffen, also Waffen, die echten täuschend ähnlich sehen, jedoch ungefährlich sind.

    Die Gewehre, die die Männer der Bürgerwehr tragen, sind aus Holz. Nur die Führungsdienstgrade, wie Zugführer Heinrich Bausewein (vorne links) tragen täuschend echt aussehende Anscheinswaffen.
    Die Gewehre, die die Männer der Bürgerwehr tragen, sind aus Holz. Nur die Führungsdienstgrade, wie Zugführer Heinrich Bausewein (vorne links) tragen täuschend echt aussehende Anscheinswaffen. Foto: Gudrun Theuerer (Archivfoto)

    Waffen im Rahmen eines Brauchtums, aus besonderem Anlass zu tragen oder mit Waffen zu schießen, ist nicht verboten – vorausgesetzt es liegt eine Erlaubnis der zuständigen Waffenbehörde vor. Dies teilt das Landratsamt Schweinfurt auf Nachfrage dieser Redaktion mit und verweist auf einen Leitfaden für Vereinsfeiern der Bayerischen Staatskanzlei. "Damit verbundene Auflagen und Vorgaben sind keine willkürlichen Beschränkungen, sondern ergeben sich aus dem bundesweit geltenden Waffenrecht und den damit verbundenen Sicherheitsvorkehrungen", schreibt Andreas Lösch, Pressesprecher des Landratsamtes.

    Bürgermeister wünscht sich pragmatische Lösung

    Beides – Waffenrecht und Sicherheitsaspekt – lassen die Verantwortlichen des Sebastiani-Gelübdes uneingeschränkt gelten. Sie stören sich am Prozedere drumherum. Das Erlangen der laut Waffengesetz notwendigen Schießerlaubnis müsse behördlicherseits möglichst pragmatisch gehandhabt werden, wünscht sich Oberschwarzachs Bürgermeister Manfred Schötz. Als Vorsteher der Gemeinde steht er hier in der Verantwortung. Denn Bürgerhauptmann Wagner und seine Mannschaft agieren im gemeindlichen Auftrag. So sieht das auch die Spitze der Bürgerwehr.

    Das Einholen der Schießerlaubnis hat in den vorangegangenen Jahren mehr oder weniger reibungslos funktioniert. Bürgermeister Schötz beschreibt es so: Es genügte "ein Dreizeiler" ans Landratsamt und die Sache war geregelt. In diesem Jahr lief es nicht so glatt.

    "Ich werde den Kopf nicht hinhalten fürs Salutschießen."

    Frank Wagner, Hauptmann der Bürgerwehr

    Eine vom Landratsamt an die Gemeinde verschickte E-Mail wurde verspätet bearbeitet. Das lag auch daran, dass Schötz sich zu dieser Zeit im Urlaub befand. Eine Frist, etwa um dem Landratsamt Angaben zu Schützen, die verwendeten Waffen und Munition zu melden, verstrich. Die Angaben landeten erst am 8. Januar, zwei Tage verspätet, bei der Behörde. Am selben Tag erhielt die Gemeinde von dort ein 24-seitiges Schreiben mit Angaben zur notwendigen Schießerlaubnis. So schildern es Bürgermeister und Bürgerwehrhauptmann.

    Gemeinderat konnte Problem nicht lösen

    Frank Wagner hat im Januar 2023 erstmals als Hauptmann die Bürgerwehr beim Aufmarsch angeführt.
    Frank Wagner hat im Januar 2023 erstmals als Hauptmann die Bürgerwehr beim Aufmarsch angeführt. Foto: Stefan Pfister (Archivfoto)

    Für das wenige Tage später anstehende Sebastiani-Gelübde hatte dies zur Folge, dass auf das Salutschießen verzichtet wurde – um möglichem Ärger mit den Behörden vorzubeugen. "Ich werde den Kopf nicht hinhalten fürs Salutschießen", sagt Hauptmann Wagner unmissverständlich.

    Aus der Luft gegriffen sind die Bedenken keinesfalls. Denn gegen Schötz als verantwortliches Gemeindeoberhaupt ermittelte die Schweinfurter Staatsanwaltschaft vor knapp zwei Jahren wegen eines vermeintlichen Vergehens im Zusammenhang mit dem Sebastiani-Gelübde und eines möglichen Verstoßes gegen das Waffengesetz. Dahinter steckte laut Schötz eine Anzeige des Landratsamtes. Das Verfahren sei im August 2023 eingestellt worden. Der zuständige Oberstaatsanwalt habe damals festgestellt: Alle waffenrechtlichen Erlaubnisse im Zusammenhang mit der Brauchtumspflege seien eingehalten worden, sagt Schötz.

    Landratsamt rechtfertigt Anzeige gegen Bürgermeister

    Das Landratsamt sah sich eigenen Angaben zufolge zur Anzeige verpflichtet, um mögliche Straftatbestände zu klären. Zuvor hatte es Kenntnis davon erlangt, dass in Oberschwarzach ohne Erlaubnis Salut geschossen worden war und sich dies im Folgejahr trotz mahnender Hinweise wiederholt habe. Zugleich habe das Landratsamt der Staatsanwaltschaft mitgeteilt, dass es im Zusammenhang mit dieser besonderen Brauchtumsveranstaltung keinerlei Strafverfolgungsinteresse habe. Dem sei die Staatsanwaltschaft gefolgt.

    Um den Weg zum Erlangen einer Schießerlaubnis zu ebnen, habe das zuständige Ordnungsamt den notwendigen bürokratischen Aufwand – auch mit Blick auf eine möglichst geringe Belastung der Ehrenamtlichen – "bewusst auf ein Minimum beschränkt und diesen für mehrere Jahre einheitlich geregelt", wie Pressesprecher Lösch schreibt. Gemeinde und Bürgerwehr würden die Auflagen und Vorgaben seit dem Jahr 2023 kennen und hätten diese 2023 und 2024 erfüllt. Eine vom Ordnungsamt extra entworfene Checkliste sollte das Prozedere für die Verantwortlichen vor Ort zusätzlich erleichtern. 

    "Geschossen wird zumindest schon so lange, wie wir zurückdenken können."

    Heinrich Bausewein, Zugführer der Bürgerwehr

    "Uns ist vor allem daran gelegen, dass die Salutschüsse nicht durch waffenrechtlich ungeeignete Personen abgefeuert werden sowie dass ein Versicherungsschutz vorhanden ist", fasst der Pressesprecher den Kern des behördlichen Anliegens zusammen. Beim Sebastiani-Fest handle es sich um einen Einzelfall. Weitere vergleichbare Brauchtumsschießen im Landkreis Schweinfurt gebe es nicht.

    Über 100 Menschen, von den Männern der Bürgerwehr, der Musikkapelle und der Feuerwehr, die absperrt, beteiligen sich jedes Jahr am Sebastiani-Gelübde. Das Bild ist im Jahr 2024 entstanden.
    Über 100 Menschen, von den Männern der Bürgerwehr, der Musikkapelle und der Feuerwehr, die absperrt, beteiligen sich jedes Jahr am Sebastiani-Gelübde. Das Bild ist im Jahr 2024 entstanden. Foto: Stefan Pfister (Archivfoto)

    Preisgekröntes Brauchtum schützen

    Wie lange es das Salutschießen an Sebastiani tatsächlich schon gibt, weiß niemand genau. "Geschossen wird zumindest schon so lange, wie wir zurückdenken können", sagt Heinrich Bausewein, der Zugführer der Bürgerwehr. Ihm und wohl den meisten Beteiligten ist es wichtig, das Schießen als Bestandteil des im Vorjahr mit dem bayerischen Heimatpreis ausgezeichneten historischen Brauchtums nicht aufzugeben.

    Doch sollte der Aufwand dafür ausufern, "dann soll's am Schießen nicht liegen", sagt Bürgerwehr-Offizier Klaus Bördlein. Zur Not könnten Schläge mit Schlegeln die Schüsse ersetzen, meint Hauptmann Wagner. Zu diesem Notbehelf habe man dieses Jahr bereits gegriffen.

    Doch die Suche nach einem praktikablen Ausweg möchte er auf keinen Fall aufgeben. Fest steht für ihn: Jetzt ist der Gemeinderat gefragt. Um die Schießerlaubnis müsse sich weiter die Gemeinde kümmern, nicht die Bürgerwehr.

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