Mit 50 Stundenkilometern die abschüssige Rennstrecke hinunter: Jana und Sarah Brandt von der Motorsportvereinigung Gerolzhofen (MSVg) waren bei den Deutschen und Europa-Meisterschaften im Seifenkistenrennen in Stromberg (bei Dortmund) nicht zu stoppen. Die 15-jährige Jana wurde Deutsche Meisterin in der Seniorklasse und holte zusätzlich Bronze bei der Europameisterschaft. Ihre elfjährige Schwester Sarah, die in der Juniorklasse an den Start ging, gewann Silber auf europäischer Ebene und Bronze bei den Deutschen Titelkämpfen.
Für die beiden Pilotinnen in ihren flitzenden Kisten kommen die Erfolge nicht von ungefähr. Jana saß schon mit sechs Jahren in einer Seifenkiste, auch Sarah begann in diesem Alter. Denn Seifenkistenrennen sind eindeutig Familiensache, was die in Volkach lebende Familie Brandt mit Herzblut unter Beweis stellt. Vor 35 Jahren baute Großvater Sigo Brandt seine erste Seifenkiste, die heute noch ohne Räder auf dem Dachboden lagert. Auch seine Söhne Holger und Jörg waren sofort vom Seifenkistensport begeistert. Jana und Sarah sind nun die dritte Generation und wissen genau: "Ohne Mama und Papa, ohne Oma und Opa könnten wir nicht an den Rennen teilnehmen."

Jeder in der Familie hat seinen Anteil an dem motorlosen Unternehmen und fiebert bei den Wettkämpfen mit, deren Teilnehmerzahlen vor allem wegen Corona aber arg geschrumpft sind. "Es wäre schon schön, wenn wieder mehr Kinder und Jugendliche Seifenkistenrennen mitmachen würden", wünscht sich Jana. Konkurrenz belebt schließlich das Geschäft und macht die schönste Freizeitbeschäftigung der Welt noch viel unterhaltsamer und spannender.

Vorsprung von 25 Hundertstel
Die Rennen in Stromberg waren bei einem reduzierten Teilnehmerfeld dennoch eine enge Kiste. Im Finale um die "Deutsche" war Jana in vier Läufen insgesamt nur 25 Hundertstel schneller als der Zweitplatzierte Tim Kapraun aus Hanau. "Es lief von Anfang an gut. Ich konnte am Tag vor meinen Rennen schon die Strecke und die Rennen von Sarah beobachten", schildert die neue Deutsche Meisterin.
Glück hatte sie auch bei der Räderauswahl - eine echte Lotterie, denn die Räder werden jeder Seifenkiste zugelost. Die Faustformel für die Erfolge sieht Jana nicht nur im Fahrkönnen, sondern auch in der technischen Ausrüstung und in der Vorbereitung auf das Rennen. Wo sind die Kanaldeckel, wie wählt man die Linie in der Kurve? Das sind Fragen, die schon vor den Rennen zu beantworten sind.
Die Maskottchen sind immer dabei
Auf ihren Papa sind die Brandt-Mädchen mächtig stolz. "Das ist der beste Mechaniker, den man sich vorstellen kann", schwärmt Sarah. Die Glückwünsche aus der Familie und den Freunden zur errungenen Vize-Europameisterschaft hat auch sie in vollen Zügen genossen. "Das fühlt sich ziemlich cool an." Lediglich 25 Hundertstel fehlten am Ende zum Titel. Auch Sarah hofft darauf, dass der Seifenkistensport wieder beliebter wird. "Es ist krass, den Berg herunter zu flitzen und man kann seine Kiste so schön bemalen", erzählt sie von den Vorteilen. Im knallbunten Vorjahresflitzer ihrer Schwester fühlt sie sich pudelwohl, vor allem wenn Maskottchen Stella, das Eichhörnchen, mit an Bord ist. Stella darf bei den Rennen nie fehlen, auch Janas Löwin "Leona" nicht.

Gutes Material, die Absprache und deren Umsetzung - das sind für Jörg Brandt die Hauptgründe für den Erfolg seiner Töchter. Das Zusammenspiel von Linienführung und Konzentration ist auf der Strecke gefragt, wenn sich die Startklappen für die Boliden geöffnet haben und die Seifenkisten den gut 300 Meter langen und abschüssige Parcours hinunterrauschen.
Sicherheit ist sehr wichtig
Oberste Priorität hat für den Maschinenbauingenieur der Sicherheitsaspekt. So ist an der Front der Junior-Seifenkiste ein massiver Holzklotz Vorschrift, um die Fahrerinnen und Fahrer bei einem Aufprall zu schützen. "Das schlimmste wäre für mich, wenn einem Kind dabei etwas passiert", sagt Brandt. Er und seine Frau Stefanie sind auf die beiden Mädels mächtig stolz.
Und auch Opa Sigo strahlt über das ganze Gesicht: "Einen Deutschen Meistertitel hat es für die Motorsportvereinigung im Seifenkistensport erst einmal in den 1960er Jahren gegeben."