Die Frauenquote stimmt schon mal beim 9. Fränkischen Oktoberfest, das die Kreis-Frauenunion der CSU ins Niederwerrner Gemeindezentrum gezaubert hat, einen Tag vor der altbayerischen Wies´n-Eröffnung in München. FU-Chefin Martina Gießübel übernimmt nach zwei Jahren Pause den Auftakt, zusammen mit der Bundestagsabgeordneten Anja Weisgerber.
Zum Frankenfest gibt es diesmal keine Spiele, aber Brezeln, Bier, Planpaare und Blasmusik. Vor rund 200 Besuchern zieht Judith Gerlach ein, Staatsministerin für Digitales aus Aschaffenburg, mit dem sichtbaren Anspruch, im Freistaat nicht mehr nur Laptop und Lederhosen, sondern auch Dirndl und Digitalisierung zu verbinden. An regionaler Parteiprominenz beiderlei Geschlechts herrscht im Saal kein Mangel.
Von Beginn an gibt es bei den Rednerinnen viel Druck auf die "Ampel". Die Signalgeber in Berlin lassen sich aus christsozialer Sicht Zeit mit dem Aufleuchten im Verkehrschaos der Weltpolitik. Anja Weisgerber berichtet vom Besuch einer Bäckerei in Marktsteft, wo die Verdreifachung der Strompreise für ein Minusgeschäft sorgen würde, und warnt vor den Folgen: "Der Mittelstand, das sind die Betriebe, die den Karren ziehen."
Weisgerber fordert Preisedeckel und Steuersenkungen
Von Habeck kämen unglaubliche Aussagen zum Thema Insolvenzen. Die Gasumlage müsse aufgehoben werden, der Preisdeckel kommen, fordert die Parlamentarierin, ebenso einen Energieversorgungs-Rat oder Steuersenkungen. Weisgerber sieht eine ideologisch geprägte Politik, die dem Land schade, angesichts drohender Stromengpässe im Winter: "Wir müssen, befristet, noch drei AKWs am Netz weiterlaufen lassen." Im Sommer habe sie Kanzler Scholz die Frage gestellt, warum in der Krise nicht alle Optionen genützt würden. Da habe es noch geheißen, es gäbe ein Wärme-, kein Stromproblem: "Jetzt hat die Realität die Ampel eingeholt."
Judith Gerlach ist Jahrgang 1985 und entert die Bühne mit Frauenpower. Das Rednerpult liegt der Ministerin nicht, der Vortrag mit mobilem Mikro könnte auch in einem Startup-Unternehmen stattfinden. Ihr Haus habe quasi aus dem Nichts aufgebaut werden müssen, sagt Deutschlands erste Digitalministerin: "Ich hatte die Möglichkeit, auf der grünen Wiese anzufangen." Apropos: Zehnmal besser als jeder Wies´n-Auftritt sei ein lokales Treffen, getreu dem CSU-Motto: "Näher am Menschen".
Digitalministerin plädiert für mehr Investitionen in den ÖPNV auf dem Land
Gerlach, gelernte Juristin, hat während des Studiums gekellnert. Heute trete sie für den guten Zweck als Kellnerin auf, bei Vereinen. "Mit Menschen ins Gespräch kommen, das Gespür für die Leute nicht verlieren": Darauf komme es an. Gerlach zweifelt, ob das auf die Ampel zutrifft. Im Fokus ihrer Kritik: die Grünen: "Es reicht nicht, eine gute Performance zu haben, hip zu sein." Man müsse zu Entscheidungen kommen. Nötig wären mehr Busse, auch E-Busse, auf dem Land, anstelle teurer Neun-Euro-Tickets. Mit 1,5 Milliarden Euro könne der Bund auch ÖPNV-Strukturen retten.

Nicht einmal ein eigenes Digitalministerium habe die Ampel zustande gebracht, sondern das Thema dem Verkehrsministerium angegliedert, ohne Vision für das nächste Jahrzehnt. Es brauche digitale Teilhabe, Investitionen in KI und entsprechende Gelder. Nur sei der Modernisierungs-Zug für Deutschland teilweise schon abgefahren. Es gehe um die nächste Generation, die mit völlig neuen Technologien aufwachsen werde, sagt Gerlach aus eigener Erfahrung als Mutter.
Die altersgerechte Goldi-App ihres Ministeriums ist für sie ein Positivbeispiel, mit der sich Medienkompetenz frühzeitig lernen lasse. "An der Spitze des Fortschritts stehen, das bedeutet Bewegung", sagt Gerlach, frei nach Franz-Josef Strauß, bevor sie den Zapfhahn einschlägt, assistiert von Ex-Innenstaatssekretär Gerhard Eck. Für Bewegung sorgen dann auch die Planpaare aus Grafenrheinfeld, mit fränkischen Rundtänzen, zu Rafelder Blasmusikklängen.