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Schweinfurt: Silvana-Schwimmbad Schweinfurt: Beckenaufsichten dürfen sich weder setzen noch vor der Sonne schützen

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Silvana-Schwimmbad Schweinfurt: Beckenaufsichten dürfen sich weder setzen noch vor der Sonne schützen

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    Von einer Beschattung für die Bediensteten ist im Freizeitbad Silvana wenig zu sehen.
    Von einer Beschattung für die Bediensteten ist im Freizeitbad Silvana wenig zu sehen. Foto: Stadtwerke SW

    Flirrende Hitze über dem Beton. Die Sonne brennt vom Himmel. Zahlreiche Badegäste des "Freizeitbad Silvana" sitzen oder stehen im Schatten unter dem Sprungturm. Das mitgebrachte Thermometer zeigt 38 Grad im Schatten, 46 Grad in der Sonne auf den Rasenflächen der Liegeterrasse hinter dem Schwimmerbecken und über 50 Grad direkt auf den Betonplatten im Wegebereich. Eine unbarmherzige Hitzeglocke, in der sich die Schwimmmeister und Rettungskräfte des Freizeitbades ständig laufend bewegen müssen.

    Setzen darf sich das Rettungspersonal in den acht, mitunter neun Stunden dauernden Arbeitsschichten auch in der sengenden Sonne nämlich nicht. Eine Anordnung der Stadtwerke um Geschäftsführer Thomas Kästner und Betriebsleiter Philipp Spensberger, die mittlerweile auch den Aufsichtsrat der Stadtwerke und weitere Fraktionen des Stadtrates beschäftigt. Das Sitzverbot gilt das ganze Jahr, auch in der Hallensaison.

    Schatten ist an den Freibadbecken Mangelware

    Drei rote Schirmchen, versehen mit dem Logo eines Eisherstellers und einem Durchmesser von zirka zwei Metern, stehen am Beckenrand, sollen für Beschattung sorgen. Dazu ein sonnen- und luftdurchlässiger Schirm am Sprungturm – ein Sitz dort: Fehlanzeige. Auch am Nichtschwimmerbecken, wo der Eishersteller mit zwei roten Schirmchen beworben wird, ist Schatten kostbare Mangelware, ohne Sitz versteht sich.

    "Was die Arbeitsbedingungen des Aufsichtspersonal betrifft, wünsche ich mir das größtmögliche Entgegenkommen der Bäderleitung. Denn wer seine Arbeit gerne macht, der macht sie auch gut."

    Grünen-Fraktionssprecher Holger Laschka zur Situation im "Silvana"

    Grünen-Fraktionssprecher Holger Laschka, der auch Aufsichtsratsmitglied der Stadtwerke ist, sieht diese "Lösung nur als Provisorium verstanden. Es gibt heute zeitgemäßere Maßnahmen zur flächigen Beschattung – ein paar größere Sonnensegel würden sicher dankbar angenommen". Und weiter: "Was die Arbeitsbedingungen des Aufsichtspersonal betrifft, wünsche ich mir das größtmögliche Entgegenkommen der Bäderleitung. Denn wer seine Arbeit gerne macht, der macht sie auch gut."

    Deutliche Worte findet auch Stadträtin Ulrike Schneider (Zukunft./ÖDP), ebenfalls Aufsichtsratsmitglied der Stadtwerke: "Die Vorstellung, acht Stunden in praller Hitze Dienst zu verrichten, ohne sich setzen zu dürfen, ist eine Zumutung. Kein Wunder, dass sich kein Personal finden lässt."

    Dirk Wapki, Sprecher der Stadtwerke, verweist auf Nachfrage dieser Redaktion zum Sitzverbot für das "Silvana"-Personal auf das Regelwerk der "Deutschen Gesellschaft für das Badewesen" und die Richtlinie R 94.05. Wapki schreibt: "Bei der Wasseraufsicht darf sich der Aufsichtführende nicht nur im Schwimmmeisterraum oder auf einem Aufsichtsturm aufhalten. Es ist vielmehr ein ständiger Positionswechsel des Aufsichtsstandortes, das Durchführen von Rundgängen und ein regelmäßiges Herantreten an den Beckenrand notwendig, um festzustellen, ob ein Unfallopfer, von ihm und allen anderen unbeobachtet, untergegangen ist und dort bewusstlos liegt."

    Beckenaufsicht erfordert ständigen Positionswechsel

    Der längere Aufenthalt der Aufsichtsperson an einem bestimmten Punkt im Bad sei laut Wapki nicht geeignet, "den Anforderungen an die Wasseraufsicht (Beckenaufsicht) gerecht zu werden. Dies gilt insbesondere hinsichtlich der Schwimmmeisterräume, die aufgrund ihrer Lage oft für die Aufsichtsführung nicht geeignet sind." Die Mitarbeitenden der Wasseraufsicht seien entsprechend instruiert worden.

    Der Hochsitze im Freibad in Bad Kissingen.
    Der Hochsitze im Freibad in Bad Kissingen. Foto: Thomas Starost

    In der von ihm zitierten Richtlinie findet sich gleichwohl kein explizites Sitzverbot für Rettungskräfte. Auch nicht im letzten, aktuellen Urteil des Bundesgerichtshofes vom 23. November 2017, das die Pflichten der Schwimmbadaufsicht wie folgt konkretisiert: "Zwar besteht keine Verpflichtung zur lückenlosen Beobachtung eines jeden Schwimmers. Die Schwimmaufsicht ist jedoch verpflichtet, den Badebetrieb und damit auch das Geschehen im Wasser fortlaufend zu beobachten und mit regelmäßigen Kontrollblicken daraufhin zu überwachen, ob Gefahrensituationen für die Badegäste auftreten, was gegebenenfalls häufigere Standortwechsel erfordert". Auch hier ist keine Rede von einem Sitzverbot, kein Wort im ganzen Urteil.

    Die problematische Regelung, die nach Informationen dieser Redaktion auch von Mitarbeitenden massiv kritisiert wird, scheint eine Idee der Schweinfurter Stadtwerke zu sein, der sich auch die Betriebsratsvorsitzende Monika Herrmann anzuschließen scheint. Eine eigene Stellungnahme des Betriebsrates (wie auch des verantwortlichen betriebsärztlichen Dienstes) gab es, trotz Anfrage der Redaktion, nicht.

    Spricht man das Personal direkt auf die Umstände im Bad an, wird erklärt, dass es dazu keine Auskunft geben dürfe. Auf Anordnung der Geschäftsleitung wurden arbeitsrechtliche Konsequenzen angedroht, sollte man mit Außenstehenden über die Arbeitsbedingungen im Freizeitbad sprechen.

    Wapki erklärt auf Nachfrage, die von der "Silvana"-Betriebsleitung erstellten Schichtpläne entsprächen den gesetzlichen Bestimmungen. Außerdem berücksichtige der betriebsärztliche Dienst die besonderen Belastungen im Sommer für die Rettungskräfte. Laut Wapki "bekommen sie neben der üblichen Dienstkleidung auch Sonnencreme, Sonnenbrillen, Base-Caps und ausreichend Wasser bereitgestellt. Weiter wechseln die Mitarbeiter auf der Schicht die Einsatzbereiche durch, damit die Belastungszeit möglichst ausgeglichen ist. Pausen können in einem klimatisierten Pausenraum stattfinden."

    Wechsel der Einsatzbereiche scheint keine Lösung zu sein

    Das hört sich gut an, ist aber nur begrenzt als Lösungsansatz tauglich. Die Mitarbeiter können zwar die Einsatzbereiche wechseln, dann aber nur wählen zwischen Dienst am Schwimmerbecken oder Dienst am Nichtschwimmerbecken. Bei beiden ist die Beschattung mangelhaft, die Laufwege sind ungefähr gleich lang, Sitzplätze gibt es nicht.

    In den Freibädern der Umgebung ist die Situation dagegen grundlegend anders. Die Bilder am Eingang des Saalebades in Hammelburg gleichen zwar den Schweinfurtern – Menschenschlangen, die in der Hitze geduldig auf Einlass warten. Im Innenbereich aber geht alles wesentlich entspannter zu. An einem großflächig überdachten Häuschen für die Rettungsschwimmer sitzen Betriebsleiter Edgar  Beck und der Fachangestellte für Bäderbetriebe Kevin Fischer im Schatten – und haben alle Becken im Blickfeld.

    Der Betriebsleiter des Schwimmbades in Hammelburg (seit 34 Jahren) Edgar Beck (links) und der aus Schweinfurt nach der Probezeit abgewanderte Kevin Fischer (Fachangestellter für Bäderbetriebe), dem in Schweinfurt nur einen 30 Stunden-Saisonvertrag als Rettungsschwimmer angeboten wurde. Nach sechs Wochen in der Probezeit war er dann weg – nicht als Einziger.
    Der Betriebsleiter des Schwimmbades in Hammelburg (seit 34 Jahren) Edgar Beck (links) und der aus Schweinfurt nach der Probezeit abgewanderte Kevin Fischer (Fachangestellter für Bäderbetriebe), dem in Schweinfurt nur einen 30 Stunden-Saisonvertrag als Rettungsschwimmer angeboten wurde. Nach sechs Wochen in der Probezeit war er dann weg – nicht als Einziger. Foto: Thomas Starost

    Der 27-jährige Fischer scheint eines der Symbole für eine möglicherweise verfehlte Schweinfurter Personalpolitik im Freizeitbad "Silvana" zu sein, die auch zur Schließung von Hallenbad und Sauna im Sommer führte. Wie andere Personen auch, war der Familienvater noch vor kurzem in Schweinfurt beschäftigt: auf 30-Stunden-Basis als Rettungsschwimmer und somit als preiswerte Saisonkraft. Eine Stelle als Fachangestellter wurde ihm ebenso wenig angeboten, wie eine Aussicht darauf.

    Rückenschmerzen vom Dauerlaufen im Silvana

    Nach sechs Wochen Probezeit und Rückenschmerzen vom Dauerlaufen im Silvana kündigte er und wechselte nach Hammelburg, wo er nun in Vollzeit 39 Stunden als Fachkraft tätig ist und somit auch seine kleine Familie ernähren kann. "Das war die beste Entscheidung meines Lebens", erklärt der Schwimmmeister mit dem gewinnenden Lächeln seinen Wechsel in das Saaletalbad. Ähnlich sieht es der 59-jährige Betriebsleiter Edgar Beck, der auch in Stoßzeiten selbst noch regelmäßig als "Springer" am Beckenrand steht und sein Personal entlastet.

    Seit 34 Jahren ist der sympathische Endfünfziger im Hammelburger Schwimmbad tätig und nicht nur beim ehemaligen Schweinfurter Kevin Fischer beliebt. "Unsere Personalsituation ist harmonisch. Wir haben 22 Angestellte und betreiben heute auch im Sommer Hallenbad und Sauna", sagt Beck und weiter: "Du musst als Betriebsleiter immer menschlich mitdenken, dann funktioniert die Sache mit dem Personal in der Regel auch".

    Der Bäderbetrieb funktioniert trotz sengender Hitze auch im Würzburger Dallenbergbad, wo durch den umfangreichen Baumbestand, auch an den Schwimmbecken, für ausreichend Beschattung gesorgt ist. Ebenso umsorgt dort Felix Makulik als Gruppenleiter Bäderbetriebe beim Würzburger Verkehrs- und Versorgung GmbH seine Schwimmmeister und Rettungsschwimmer: "Natürlich dürfen sich unsere Mitarbeiter im Schatten hinsetzen, das ist doch eine Selbstverständlichkeit", erklärt die Würzburger Führungskraft. "Wir haben im Gastrobereich an einem erhöhten Platz einen besonders großen blauen Sonnenschirm für unser Personal aufgestellt, wo auch in den Pausen der gesamte Bäderbereich überblickt werden kann."

    Ähnlich ist die Situation auch im "Bad Kissinger Terrassenbad" wo der dichte Baumbestand sowohl am Vormittag als auch am Nachmittag für perfekte Beschattung sorgt. "Den Schwimmbetrieb können dort die Schwimmmeister aus hölzernen Rettungshochsitzen überwachen, die an den Knotenpunkten platziert sind und den entsprechenden Ausblick gewähren", sagt Maik Schmeller, Referatsleiter Städtische Liegenschaften.

    Das Thema Personalnot betrifft nicht nur das Freizeitbad

    Zu der Frage, wie viele Auszubildende als Fachangestellte für Bäderbetriebe in den letzten Jahren im "Silvana" übernommen wurden, äußert sich Pressesprecher Wapki aus "arbeits- und datenschutzrechtlichen" Gründen nicht. Die Stadtwerke würden in zahlreichen verschiedenen Berufen ausbilden. Das Thema Personalnot sei aus Sicht der Stadtwerke keines, das nur das Freizeitbad betreffe: "Die Personalverknappung betrifft unserer Kenntnis nach eine Vielzahl von Schwimmbädern in Bayern und Deutschland, insbesondere in Bezug auf Saisonkräfte. Über die Gründe liegen den Badbetreibern keine umfassenden Informationen vor."

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