Nach fünftägiger Beweisaufnahme sind vor dem Schwurgericht in Schweinfurt die Plädoyers gehalten worden. Zu verantworten hat sich eine 58-jährige Frau aus dem Landkreis Bad Kissingen, eine jahrzehntelang tätige Altenpflegehelferin. Gegen sie erhebt der Staatsanwalt den Vorwurf, sie habe alles versucht, das Leben ihres betagten Schwiegervaters zu verkürzen, um mittelbar an sein erhebliches Vermögen zu gelangen.
Alleinerbe wäre ihr Ehemann gewesen, der Sohn des schwerkranken 89-Jährigen, der im Herbst letzten Jahres, einige Monate nach dem von der Angeklagten gegenüber dem Pflegeheim verlangten Abbruch der Dialyse, gestorben ist.
Die Anklage geht im Kern davon aus, dass die 58-Jährige, die Anfang 2016 von ihrem Schwiegervater zusammen mit ihrem Mann eine General- und Vorsorgevollmacht erhalten hatte, vom Personal des Heimes, in dem der Patient 2020 lebte, Ende April letzten Jahres verlangt hat, die Dialysebehandlungen einzustellen. Dazu habe sie sehr bestimmt Heimleitung und Pflegepersonal angewiesen. Die Angeklagte verlangte demnach „ab sofort jede medizinische Behandlung bis auf die Verabreichung bedarfsabhängiger Schmerzmittel abzubrechen“. Das Gegenteil aber sei der Fall gewesen. Die Ärzte hätten ihr gegenüber am 28. April 2020 einem Behandlungsabbruch, insbesondere der Dialysebehandlung, nicht zugestimmt.
Der 89-Jährige war laut Staatsanwalt zwar herzkrank, dialysepflichtig und schwerhörig, „aber durchaus lebensfroh“. Trotz seiner schweren Krankheiten sei er von Zeugen als „netter, lebensbejahender, interessierter Mann“ geschildert worden“. Und in einer Situation, in der er nicht mehr über sein Leben hätte entscheiden können und dies die Aufgabe der Bevollmächtigten gewesen wäre, sei er auch nicht gewesen. Dennoch habe es die 58-Jährige geschafft, die Heimverantwortlichen hartnäckig zum Dialyseabbruch zu bewegen. Nur durch Glück habe dies eine zufällig im Haus anwesende Psychiaterin festgestellt und eine Notfalldialyse veranlasst.
„Habgier ist das Motiv“
Laut Anklagevertreter haben die 58-Jährige und ihr Mann das Konto des 89-Jährigen geplündert, die Vollmachten hätten eine Geldquelle erschlossen. Offenbar wurde dies durch eine Verdachtsanzeige der Bank aufgrund erheblicher Geldabflüsse und zurückkommender Lastschriften. Bei Versiegen dieser Geldquelle bliebe beim Tod des Schwiegervaters dessen Vermögen, das dessen Sohn alleine erben würde – der Ehemann der Angeklagten. Habgier sei das das Motiv der Angeklagten für den Mordversuch durch Dialyseabbruch gewesen. Der Anklagevertreter forderte eine Freiheitsstrafe von siebeneinhalb Jahren.
Die Verteidigerin lenkte die Verantwortung für das Dialyse-Fiasko auch in Richtung Pflegeheim, Personal und Ärzteschaft, die näher an dem 89-Jährigen gewesen seien als ihre Mandantin und dessen Willen offenbar auch nicht erkundet oder die Anweisungen der Angeklagten hinterfragt hätten. Sie sah eigentlich nur eine gefährliche Körperverletzung als erwiesen an, die mit einer Strafe in der Größenordnung der bisherigen Untersuchungshaft abgegolten sein sollte. Falls das Gericht zu einem Urteil wegen versuchten Mordes oder versuchten Totschlags kommen sollte, sei eine Haftstrafe von vier Jahren ausreichend.
Das Urteil wird am 25. Mai um 13.30 Uhr verkündet.