Trotz mehrerer Gegenstimmen aus der CSU-Fraktion war es ein klares Votum, das der Stadtrat am Montag an den Landkreis Schweinfurt sendete: Die Stadt Gerolzhofen ist bereit, die Stadthalle als Notunterkunft zu vermieten, wenn der Landkreis nicht ausreichend dezentrale Wohnungen findet. Der gefasste Beschluss sieht vor, das seit Jahren für Veranstaltungen gesperrte Gebäude ab Januar präventiv für die vorübergehende Unterbringung von bis zu 80 Flüchtlingen zu reservieren, sofern die Kreisbehörde oder der Freistaat Bayern einem Nutzungsvertrag zustimmt.
Der Stadtrat hat seine grundsätzliche Bereitschaft, die Stadthalle als Notunterkunft bereitzuhalten, mit mehreren Bedingungen verknüpft. Die Reservierung des Gebäudes gilt zunächst nur für die Dauer eines Jahres, also bis Ende 2024. Wird es in diesem Zeitraum nicht in Anspruch genommen, bedarf es einer Verlängerung. Ziehen der Landkreis oder der Freistaat die Option für eine Unterbringung von Flüchtlingen, dann wäre eine solche Nutzung vorerst auf 18 Monate begrenzt.
Zahlreiche Bedingungen an eine Nutzung geknüpft
Festgelegt wurde auch, dass der Nutzer die notwendigen baulichen Maßnahmen selbst umsetzen und finanzieren müsste. Dass insbesondere hinsichtlich des Brandschutzes dringender Handlungsbedarf besteht, ist hinlänglich bekannt. Zusätzlich zur Miete müssten Landkreis oder Freistaat auch alle anfallenden Nebenkosten sowie die Kosten für Sicherheitsdienst und Verpflegung tragen.

Wie hoch die monatliche Nutzungsgebühr ausfällt, wurde nicht bekannt gegeben. Nach unbestätigten Informationen, die der Redaktion vorliegen, dürfte es sich dabei um eine mittlere vierstellige Summe handeln. Die Stadt behält sich zudem das Recht vor, dass bauliche Veränderungen zurückgebaut werden müssen. Sollte die Dreifachturnhalle zwischenzeitlich doch als Notunterkunft genutzt werden, könnte der Stadtrat den Vertrag zur Stadthalle mit sechswöchiger Frist kündigen.
In der vorangegangenen, stets sachlichen Diskussion hatte Bürgermeister Thorsten Wozniak (CSU) betont, dass heute nicht darüber entschieden werde, ob in Gerolzhofen eine Notunterkunft entsteht, sondern wo; und darüber, dass die Schulen und Vereine so lange wie möglich ihrem Sport in der dem Landkreis gehörenden Dreifachturnhalle im Schulzentrum nachgehen können. Eine Sperrung, wie schon zweimal geschehen, wolle man vermeiden, so Wozniak.
Dreifachturnhalle soll so lange wie möglich für Sport genutzt werden
Zweiter Bürgermeister Erich Servatius (SPD) wollte nicht verhehlen, dass es eine schwere Entscheidung sei, auch wegen des nicht idealen Standortes. Ausschlaggebend für seine Zustimmung und die seiner Fraktion sei die weitere Nutzung der besagten Turnhalle für den Sport. Ausdrücklich betonte er: "In Gerolzhofen sind Flüchtlinge immer willkommen geheißen worden, und so wird es auch künftig sein."
Die Fraktionen der Freien Wähler und von Geo-net votierten ebenfalls pro Notunterkunft in der Stadthalle. Auch für Günter Iff (Freie Wähler) war es wichtig, den Sportbetrieb in der Dreifachturnhalle aufrechtzuerhalten. Die Stadthalle bezeichnete er als geeignete Immobilie, der Standort ist seiner Ansicht nach "nicht problematisch, sondern zumutbar". Die festgelegten Rahmenbedingungen seien lukrativ, mit einer auskömmlichen Pacht.
Thomas Vizl (Geo-net) verwies auf die gesamtgesellschaftliche Aufgabe und darauf, dass es 2015 und im Vorjahr kaum Probleme mit den Notunterkünften gegeben und die Stadt neue Einwohner hinzugewonnen habe. Während andernorts schon wieder Turnhalle belegt würden, biete sich in Gerolzhofen eine nicht mehr genutzte Immobilie an. Vizl hält die Stadthalle für die richtige Wahl: "Es wäre überhaupt nicht richtig, ein anderes Provisorium aufzumachen."
Großteil der CSU-Fraktion stimmte dagegen
Das sahen große Teile der CSU anders, weshalb ein Riss durch die Fraktion ging. Während Bürgermeister Wozniak und Jugendreferent Benedikt Friedrich sich für die Bereitstellung der Stadthalle aussprachen, auch aus Gründen des Schul- und Vereinssports, stimmten sechs christsoziale Stadtratsmitglieder mit Nein.
Arnulf Koch befürchtet ein "Akzeptanz-Problem" aufgrund des Wohngebiets und der fehlenden Einkaufsmöglichkeiten in der Nachbarschaft. Man sei nicht gegen eine Notunterkunft, betonte er, "aber diesen Standort halten wir für ungeeignet". Erneut brachte Koch als Alternative den früheren Rewe-Markt ins Spiel, dem das Landratsamt im November ablehnend gegenüberstand. Als weitere Möglichkeit nannte er eine Container-Unterkunft am Stadtrand nahe der Kläranlage.
Ob die Stadthalle wirklich zur Notunterkunft wird, hängt von der Zahl der ankommenden Flüchtlinge ab und ob das Landratsamt bei seiner Suche nach dezentralen Unterkünften Erfolg hat. Nur in Ausnahmefällen würde die Behörde zusätzliche Notunterkünfte schaffen.
Aufgrund des Beschlusses des Stadtrats könnten nun vertragliche Verhandlungen zu einer möglichen Nutzung der Stadthalle als Notunterkunft aufgenommen werden, teilte Sprecher Andreas Lösch mit. Um die Stadthalle zu ertüchtigen und nutzungsbereit zu machen, sei ein zeitlicher Vorlauf von maximal sechs Wochen notwendig.