Icon Menü
Icon Schließen schliessen
Startseite
Icon Pfeil nach unten
Schweinfurt
Icon Pfeil nach unten
Stadt Schweinfurt
Icon Pfeil nach unten

Schweinfurt: Stadttauben: Hitzige Debatte um Fütterungsverbot geht weiter

Schweinfurt

Stadttauben: Hitzige Debatte um Fütterungsverbot geht weiter

    • |
    • |
    Tauben in der Morgensonnen.
    Tauben in der Morgensonnen. Foto: Sebastian Gollnow

    Kein Ende im Streit um das Fütterungsverbot. Nachdem die Schweinfurter Stadtverwaltung die vorübergehende Aufhebung des Fütterungsverbots während der Coronakrise abgelehnt hat, ist eine hitzige Diskussion entfacht. Die Stadttaubenhilfe "White Angels" hatte in einem Brief gefordert, den Tieren zu helfen, da sie durch die Ausgangsbeschränkungen keine Nahrung mehr erhielten. Dies unterstützten Frank Firsching (Linke) und Ulrike Schneider (Schweinfurter Liste/Freie Wähler) mit einem Eilantrag an die Verwaltung. Ohne Erfolg. Das Fütterungsverbot bleibt bestehen.

    Zahlreiche Schweinfurter wendeten sich daraufhin an diese Redaktion, viele reagierten im Internet auf die Berichterstattung und sorgten sich um das Leben der Stadttauben. Andere wiederum lobten die Entscheidung der Politik und stellten die Probleme in den Vordergrund, die die Tiere mit sich bringen. Gerade die lästige Verschmutzung durch Taubenkot stieß einigen Schweinfurtern sauer auf. Einer, der es wissen muss, ist Richard Kabino. Der 86-Jährige war über 50 Jahre "als Klempner auf den Dächern Schweinfurts unterwegs". Er warnt vor einer Aufhebung des Verbots. "Ich bin selbst Tierliebhaber, aber was diese Tauben hinterlassen, ist ekelhaft." Jede weitere Fütterung würde dazu führen, dass sich die Tauben weiter in der Stadt wohlfühlen. Zudem könnten sie Krankheiten auf den Menschen übertragen.

    Ärger über "Taubenplage und Ahnungslosigkeit"

    "Wenn sie in der Stadt nichts mehr bekommen würden, dann suchen sie sich eben außerhalb in der Natur Nahrung", betont Kabino. Dies sei zudem gesünder für die Tiere. Er selbst habe schon allzu oft erlebt, wie Tauben durch geöffnete Fenster flogen und sich das Essen direkt von Küchentischen schnappten. Manch Vermieter in der Altstadt habe sogar Probleme, aufgrund der Taubenplage Nachmieter zu finden. Vor allem die Altstadt und besonders die Obere Straße sei von der Taubenplage betroffen. Eine Nachfrage beim Geschäftsführer der dort ansässigen Roth Brauerei ergab allerdings, dass es dort seit längerer Zeit keine Probleme mehr mit Tauben gebe. "Früher sind sie uns auf den Leib gerückt, heute nehmen wir die Tauben hier kaum mehr wahr", so Alexander Borst.

    Taubenkot ist vielen Schweinfurtern ein Dorn im Auge. So auch auf einem Auto im Stadtteil Bergl.
    Taubenkot ist vielen Schweinfurtern ein Dorn im Auge. So auch auf einem Auto im Stadtteil Bergl. Foto: Nicolas Bettinger

    Anders geht es einem Anwohner im Stadtteil Bergl. Er berichtet von unmöglichen Zuständen, die die Stadttauben mit sich brächten. "Sie setzen sich auf Fensterbretter oder Autos und scheißen alles voll", sagt Bruno Mölter. Ihn ärgere vor allem die Ahnungslosigkeit mancher Tierschützer. "Viele von denen wohnen gar nicht in Schweinfurt und wissen gar nicht, was die Tiere hier anrichten." Er lobt deshalb, genau wie Rentner Richard Kabino, die Entscheidung der Stadtverwaltung und sieht in der jetzigen Situation keine Gefahr für die Tauben. "Das sind keine Haus- sondern Wildtiere, die können sich ihr Fressen schon selber suchen", sagt Kabino. Keine Stadttaube müsse aufgrund des Fütterungsverbots sterben, auch nicht in Coronazeiten.

    "Ich bin selbst Tierliebhaber, aber was diese Tauben hinterlassen ist ekelhaft."

    Richard Kabino, Befürworter des Fütterungsverbots

    Genau das sehen Tierschützer anders und warnen davor, die Tiere in der Stadt verhungern zu lassen. Jasmin Poyotte, Gründerin der Stadttaubenhilfe "White Angels", erklärt, warum Stadttauben eben nicht einfach woanders nach Nahrung suchen können: "Wir sprechen nicht von Wildtieren sondern von verwilderten Haustieren", sagt Poyotte, die sich auf Informationen der Berliner Erna-Graff-Stiftung für Tierschutz bezieht. Die Stadttauben seien ursprünglich von Bauern domestiziert worden. Dabei wurde ihnen eine sogenannte "Ortstreue" angezüchtet. "Durch diese Züchtung können sich Stadttauben nur rund 500 Meter von ihrem Brutplatz entfernen", so die 39-Jährige. Bei Wildtauben liege diese Entfernung dagegen bei knapp 15 Kilometern.

    Große Anteilnahme am Schicksal der Stadttauben

    Poyotte könne den Ärger über die Verschmutzung durch Taubenkot durchaus verstehen. Deshalb sei die Aufhebung des Fütterungsverbots auch nicht die endgültige Lösung. "Ich würde mir wünschen, dass die Stadt betreute Taubenschläge erlaubt." Diese gebe es bereits in anderen Städten wie Würzburg oder Nürnberg. Da sich die Tauben dann überwiegend in den Schlägen aufhalten und der Großteil des Taubenkots dort landen würde, müssten sich die Bürger nicht mehr gestört fühlen. In diesem Fall, ergänzt Poyotte, sei ein Fütterungsverbot sogar sinnvoll. Ein weiterer Vorteil von betreuten Taubenschlägen sei zudem, dass man die Population "dramatisch reduzieren" könnte.

    Das Bild der zwölfjährigen Latisha Schmalzbauer soll die möglichen Folgen des Fütterungsverbots für Stadttauben zeigen.
    Das Bild der zwölfjährigen Latisha Schmalzbauer soll die möglichen Folgen des Fütterungsverbots für Stadttauben zeigen. Foto: Nicolas Bettinger

    Neben täglichen Futterrationen könnte man die meisten gelegten Eier durch Attrappen ersetzen. "Wir könnten jederzeit mit der kontrollierten Fütterung beginnen, jedoch fehlt uns die Erlaubnis der Stadt", bedauert Poyotte. Noch drastischer drückt es Ingrid Schlereth vom Verein "Freunde für Tiere und Menschen in Not" aus. In einem Brief an Stadtrat Jan von Lackum, welcher der Redaktion vorliegt, findet sie deutliche Worte zur Entscheidung, das Fütterungsverbot beizubehalten. "Es ist niederträchtig, sich mit so einer lebensverachtenden, arroganten Haltung auch noch christlich zu nennen". Sie wirft von Lackum "Blasphemie in reinster Form" vor und verweist auf einen Verstoß gegen die Menschlichkeit. "Wenn dieses Desaster Corona vorüber ist, werden Sie für Ihr Verhalten zur Rechenschaft gezogen", schreibt Schlereth.

    Schülerin malt Bild von toten Tauben

    Die Anteilnahme, vor allem in den sozialen Netzwerken, zeigt, dass die Tierschützer mit ihrer Meinung nicht alleine sind. Zu deren Unterstützern gehört auch eine zwölfjährige Schülerin. Mit der Überschrift "Wir wollen leben" schreibt die Schweinfurterin Latisha Schmalzbauer bewegende Worte aus Sicht der Stadttauben. "In jeder Ecke sitzen meine Freunde und sind kurz davor zu sterben." Sie fordert die Stadt auf, das Fütterungsverbot aufzuheben und die "White Angels" handeln zu lassen. Zudem malte sie ein Bild, auf dem sterbende Tauben auf dem Rathausplatz zu sehen sind.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden