Schweinfurt (KR) Helmut Stühler, der Leiter des Integrationsprojektes "Gern daheim in Schweinfurt", sieht keinerlei Defizite im Deutsch-Angebot für Ausländer, sondern hält es vielmehr für notwendig, dass es besser genutzt wird. Die derzeit politisch geführte Einbürgerungsdebatte sei ein bisschen praxisfremd, äußerte sich der Fachmann gegenüber dieser Zeitung vorsichtig über die Beschlüsse der Ministerkonferenz. "Zwang" wäre aus seiner Erfahrung besser, so Stühler, "Zwang im Sinne einer Kindergartenpflicht zumindest für das letzte Jahr".
In Schweinfurt sehe es derzeit so aus, dass jeder, der einen Sprachkurs haben will, diesen auch bekomme, umsonst wie die Spätaussiedler oder für einen sehr geringen Beitrag wie die Ausländer. Die Angebote der VHS und des AFZ seien ausreichend; darüber hinaus böten der Frauenbund, die Landsmannschaft und die VHS zusätzliche Angebote an, die nichts kosten. Gleichwohl sei das Interesse so gering, dass zum Beispiel die VHS EU-Mittel nicht oder nur schwer abrufen könne.
Das Interesse sei geringer als das sehr gute Angebot, beschreibt Helmut Stühler (Foto Fuchs-Mauder) die Situation in Schweinfurt. "Besonders die Zuwanderer der letzten Jahre tun sich schwer damit. Für die Türken gilt das genauso wie für die Russen, während beispielsweise EU-Ausländer wie die 237 Italiener oder die 727 Griechen absolut unauffällig sind".
In der Praxis sehe das dann so aus, berichtet Stühler, dass ein Elternteil bei der Schulanmeldung die Frage nach den Deutschkenntnissen bejahe, alle Angaben dann aber nur russisch machen könne. "Klar doch, dass zu Hause auch nur russisch gesprochen wird".
Mehr Vorkurse für Kindergarten/Grundschule scheiterten an der Mitwirkung der Eltern, denen es angeblich nicht möglich ist, ihr Kind aus zeitlichen oder finanziellen Gründen in den Kindergarten zu bringen. "Den Leuten kann man ohne Druck nicht klar machen, dass sie auch eine eigene Leistung erbringen müssen. Die Konsequenzen daraus, dass ihr Kind wegen mangelhafter Sprachkenntnisse dann möglicherweise zurückgestellt wird, ist diesen Leuten auch nicht klar zu machen; aber für uns liegen sie auf der Hand. Ganz abgesehen davon, dass ich es für absoluten Schmarrn halte, ein Kind so lange zurückzustellen, bis es ausreichend deutsch spricht".
Stühlers Erkenntnis: "Die meisten Ausländer wollen nicht eingebürgert werden, da sie auch ohne den deutschen Pass ein Aufenthaltsrecht haben. Viele, besonders die Türken, wollen ihre Kinder vor negativen Auswirkungen unserer Gesellschaft schützen und verweigern sich deshalb. Viele Eltern machen, weil sie es nicht anders gelernt haben, nur das, was sie müssen, weshalb der eine oder andere Zwang Sinn machen würde, zum Beispiel über die Sozialleistungen." Die Stadt habe bisher keine Handhabe für einen solchen. Sie wisse nicht, welche Ausländerkinder den Kindergarten nicht oder nur zeitweise besuchen. Eine solche Untersuchung, falls sie überhaupt möglich wäre, bedingte einen Riesen-Aufwand und brächte kein Ergebnis, das in der Sache weiterführen würde, konstatiert Stühler.
Neben "Zwängen" rät der Leiter des Integrationsprojekts der Politik, sich mehr denn je auf den Kindergarten und die Jugend zu konzentrieren, und dafür auch Geld in die Hand zu nehmen. Beispielsweise für verstärkte Jugendsozialarbeit an den Schulen. Die älteren Ausländer, so Stühler realistisch zur Situation in Schweinfurt, seien für unsere Gesellschaft verloren, die jungen jedoch dürfe man auf keinen Fall verloren geben, und dazu bedürfe es mitunter auch Druck. Sein Rezept: "Werben, werben, und bei Türken wie Russen Leute suchen, die mit uns werben".