„Wer rastet, der rostet.“ Diese Redensart hat nichts an Aktualität verloren. Selbst im Alter ist Bewegung das Mittel der Wahl. „Alt-sein sollte nicht Herumsitzen bedeuten“, meint Dr. Karl-Heinz Rorzyczka. Seit 16 Jahren arbeitet er in der Klinik für Orthopädie, Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie am Leopoldinakrankenhaus.
In einem Arzt-Patienten-Seminar informierte er über „Stürze und Brüche im höheren Lebensalter“. Über 30 Prozent der Patienten, die in die chirurgische Notaufnahme kämen, seien über 65 Jahre alt, erklärt Rorzyczka. Im Gegensatz zu jüngeren Menschen seien diese zu 80 Prozent zu Hause gestürzt. Im höheren Lebensalter käme es häufig zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen, die solche Stürze nach sich ziehen. Die Menschen sehen oder hören schlechter. Die Muskulatur baut sich ab, die Reflexe werden langsamer. Der Blutdruck unterliegt größeren Schwankungen und auch Medikamente haben oft unerwünschte Nebenwirkungen. Bei manchen liegen Erkennungsstörungen wie beispielsweise eine Demenz vor. Auch die Osteoporose, unter der viele Menschen leiden, lässt oft schon bei leichten Stürzen oder Stößen die Knochen brechen. Dies alles sorgt dafür, dass ältere Menschen nicht mehr so stabil und sicher auf den Beinen sind.
Dabei sind diese Stürze nicht unproblematisch. Viele ältere Menschen können nach operierten Brüchen nicht wieder in ihre gewohnte Umgebung zurück, sie werden zum Pflegefall. Zehnmal häufiger als junge Menschen müssen ältere nach Stürzen stationär versorgt werden und das Risiko zu sterben ist um ein Achtfaches höher. Wer einmal gestürzt ist, wird unsicher, zieht sich zurück, bewegt sich weniger und erleidet dadurch einen Mobilitäts- und Kraftverlust, der mit großer Wahrscheinlichkeit zu neuen Stürzen führt.
In seinem Vortrag geht der Arzt dann auf die typischen Folgen solcher Stürze und deren Therapien ein: Oberschenkelhalsbruch, Fraktur der Hüfte oder des Handgelenks, aber auch Wirbelbrüche. Heute gibt es viele Methoden, die selbst dem älteren Patienten schon kurz nach der Operation seine Mobilität wieder zurückgeben. Gamma-Nägel, winkelstabile Platten oder die Kyphoplastie, ein Verfahren zur Heilung von Wirbelbrüchen, sind nur einige der Methoden, die Rorzyczka vorstellte.
Aber besser als jede Therapie ist es, es gar nicht erst zu einem Sturz kommen zu lassen. Stolperfallen wie lose Teppiche, Kabel, rutschige Böden und anderes sollten vermieden werden. Die richtige Brille und eine gut ausgeleuchtete Wohnung, mit einem entsprechenden Nachtlicht, sind weitere Unfallverhüter. Immer wieder einmal sollte auch der Medikamentencocktail überprüft werden. „Nehmen Sie nur das, was Sie wirklich brauchen“, rät der Arzt.
Die entscheidende Prophylaxe gegen Stürze und Brüche aber ist bis ins hohe Alter hinein: Bewegung, Bewegung und nochmal Bewegung. Balancetraining, Muskelaufbau und Beweglichkeit verringere das Sturzrisiko um 30 bis 40 Prozent, erklärt Rorzyczka.
Menschen, die bereits einmal gestürzt sind, könnten auch Hüftprotektoren verwenden. Diese werden wie ein Schutzschild im Bereich des Oberschenkels und der Hüfte äußerlich getragen und dämpfen die Wucht eines eventuellen neuen Aufpralls.
Auch bei Osteoporose, einer Abnahme der Knochendichte, helfe Bewegung und die Gabe von Bisphosphonaten. Als ideale Sportarten für ältere Menschen empfiehlt der Arzt Fahrradfahren und Schwimmen, weil diese die Gelenke nicht zusätzlich belasteten.