Die Amerikaner waren Taxinutzer. Ihren Abzug spüren die Profi-Chauffeure ebenso wie die eine oder andere geschlossene Diskothek. „Vor allem nachts und an den Wochenenden merken wir das brutal“, sagt Taxi-Ruf-Aufsichtsrat Rolf Finster. Die Vorstände der Schweinfurter Genossenschaft der Taxiunternehmen, Paulin Luli und Georgios Koukounas, sprechen von einem 50-prozentigen Rückgang in der Nacht. Geld muss aber weiter verdient werden. Das machte eine „veränderte Struktur im Tagesgeschäft nötig“, schildert Luli.
Wie die aussieht, darüber informieren die neuen Verantwortlichen die Redaktion in der Taxi-Zentrale in der Hadergasse. Alle Anrufe gehen dort ein. Sechs angestellte Disponenten verteilen im 24-Stunden-Schichtbetrieb die Fahrten nach einem neuen System. Die Computeranlage ist modern, das Drumherum eher nicht, was die Taxi-Ruf zu einem Standortwechsel bewogen hat. Bald wird man neue, moderne Räume in der Zehntstraße beziehen.
Neues Credo nach internen Streitigkeiten
Nach internen Querelen hat sich die Taxi-Ruf neu aufgestellt. Zu den Umständen sagt die neue Spitze nur, das man „mit gewissen Entscheidungen nicht einverstanden war“. Vielsagender ist das neue Credo, nach dem auf allen Ebenen gehandelt wird: Transparenz.
Die geht oben los: Es gibt mit Luli und Koukounas zwei gleichberechtigte Vorstände, die auch nicht mehr Fahrer sind. Sie sind von der Genossenschaft angestellt, kümmern sich um die Organisation, die Konzessionen und Abrechnungen. Kontrolliert werden sie von einem fünfköpfigen Aufsichtsrats-Team.
Zweitens: Die neue, transparente Fahrtenvermittlung. Ein Kunde ruft an und diese Fahrt erhält der Fahrer, der auf dem nächstgelegenen Standplatz vorne steht. Standruf-System heißt das. Wenn dort gerade kein Taxi wartet, wird der dem Wohnort des Kunden am nächsten befindliche Taxifahrer losgeschickt.
Wie das geht? Alle Taxis sind mit GPS ausgerüstet, der Standort aller Taxifahrer ist der Zentrale also immer bekannt. Die Fahrt teilt der Disponent – auch neu – nicht mehr per Sprechfunk, sondern schriftlich via Bordcomputer mit.
Das Hauptgeschäft findet also tagsüber statt, eine Marktregulierung, sagt Vorstand Luli. Ganz groß geschrieben ist deshalb guter Service. Die Taxi-Ruf spricht von „Kunden ziehen“, der, wenn er zufrieden ist, selbst wieder kommt und die Schweinfurter Droschken weiterempfiehlt – die so wichtige Mundpropaganda. Das Gepäck in den Kofferraum hieven ist Standard. Wenn's regnet haben Taxifahrer einen Regenschirm parat. Kleine Besorgungen sind täglich Brot und die schwere Tasche wird auch in den dritten Stock getragen.
Krankenfahrten sind ein wichtiges Standbein
Ein weiteres Standbein neben den „Fahrten von A nach B“ sind die Krankenfahrten für Menschen auch mit Rollatoren und Rollstühlen. Man betreibe eine „gesellschaftliche Aufgabe“, sagen die Verantwortlichen und weisen daraufhin, dass jede Fahrt mit dem Krankenwagen eines Wohlfahrtsverbandes teurer sei. Die Grundgebühr kostet 2,90, der erste Kilometer 2,50, der zweite 1,80, jeder weitere 1,60 Euro. „Taxifahren ist nicht so billig, dafür bekommen die Kunden aber auch ein Gesamtpaket und ältere Menschen haben durch uns mehr Mobilität“, sagt Finster.
Die Taxiruf (Tel. 16060 oder 19410 und die App Taxi.de) zählt 33 Mitglieder. Die meisten sind Einzelunternehmer mit einem Auto. Nur einige wenige haben zwei und mehr Fahrzeuge und dementsprechend auch mehr angestellte Fahrer. Dass Mindestlohn gezahlt wird, ist klar. Das hat aber auch dazu geführt, dass der Einzelunternehmer mehr gefordert ist. Finster, als Beispiel, sitzt deshalb an sechs Tagen hinterm Steuer.
Er „leistet“ sich einen Fahrer, der großteils nachts fährt. Den muss er bezahlen. Dann die Versicherung, die für die Taxen mit durchschnittlich 3000 Euro im Jahr höher ist als bei Otto Normalverbraucher. Dann der Monatsbeitrag für die Genossenschaft, die davon ihre angestellten Vorstände und Disponenten zahlt. Und erst ab jetzt verdient der Taxiunternehmer. Kein leichter Job.
Ein Problem drückt gewaltig: Die Kommunikation der Stadt zur Taxi-Ruf. Aktuelles Hauptproblem ist ein von der Stadt in Auftrag gegebenes Gutachten. Es soll klären, wie viele Konzessionen Schweinfurt grundsätzlich verträgt. Wenn es mehr werden, gehe das an die Substanz.
Die Konkurrenz ist groß
Die Taxi-Ruf erinnert, dass es neben den Genossen noch einige auf eigene Rechnung fahrende Taxiunternehmer gebe, dass auch die fünf Taxiunternehmen mit Landkreis-Konzessionen zu berücksichtigen seien, zumal sie mit einer Sondergenehmigung in der Stadt fahren.
Man sehe sich auch nicht als Konkurrenz zum ÖPNV, sondern als sinnvolle Ergänzung. Deshalb sei vorstellbar, dass die Taxi-Ruf auf zu gewissen Zeiten unrentablen Stadtbuslinien eingesetzt würden. Im Landkreis mache man das schon erfolgreich auf OVF-Strecken. Dazu müsse man aber miteinander reden.
Das gelte auch bei diesem Ärgernis: Klar müssten Taxistände bei großen Veranstaltungen etwa auf dem Marktplatz verlegt werden. „Wir werden aber fast immer vor Fakten gestellt“.
Allein die Umstellung des GPS-System nehme eine gewisse Zeit in Anspruch und Kunden, die das Taxi erst suchen müssten, seien zurecht verärgert, der Taxifahrer aber schuldlos. Beim Honky Tonk habe der Veranstalter im Programmheft auf den verlegten Taxi-Standort hingewiesen. „So wünschen wir uns das auch von der Stadt“, bedauert Luli die derzeit zu geringe Wertschätzung. Die Taxigenossenschaft, sagt er, sei jedenfalls immer gesprächsbereit.