Icon Menü
Icon Schließen schliessen
Startseite
Icon Pfeil nach unten
Schweinfurt
Icon Pfeil nach unten
Stadt Schweinfurt
Icon Pfeil nach unten

Schweinfurt: Theater in Schweinfurt: So wurde der Umbau des Gemeindesaals "über die Bühne" gebracht

Schweinfurt

Theater in Schweinfurt: So wurde der Umbau des Gemeindesaals "über die Bühne" gebracht

    • |
    • |
    Das evangelische Gemeindehaus verfügt nun über alles, was ein Theater braucht. Mit Blick vom Balkon (120 Sitzplätze) sind die neue Vorbühne, die Masten und die Stuhlreihen im Parkett gut zu erkennen.
    Das evangelische Gemeindehaus verfügt nun über alles, was ein Theater braucht. Mit Blick vom Balkon (120 Sitzplätze) sind die neue Vorbühne, die Masten und die Stuhlreihen im Parkett gut zu erkennen. Foto: Anand Anders

    Altehrwürdige Gemäuer haben vielleicht nicht unbedingt eine "Seele", auch wenn sie wie das Evangelische Gemeindehaus zu kirchlichen Zwecken erbaut wurden, aber sie haben "Charakter". Und in dieser Hinsicht hat das Gemeindehaus in der Friedenstraße gerade einen Charakterwandel, ja schon eine Hinwendung zu neuer Charakterstärke vollzogen. Ab diesen Freitag wird das Haus bis mindestens Frühjahr 2025 zur Ersatzspielstätte für das Schweinfurter Theater, das bekanntlich wegen seiner Generalsanierung geschlossen ist.      

    Bei einem Rundgang durch das theatertauglich gemachte Gemeindehaus zeigt der technische Direktor des Schweinfurter Theaters, Jochen Kuhn, was alles in gut sechs Wochen gebaut, geschreinert und verändert wurde, um den Saal in eine Spielstätte zu verwandeln. "Es war uns wichtig, den nostalgischen Charme zu bewahren", so Kuhn. Dazu gehören die klassische Garderobe und der Eingangsbereich mit Sitzgruppen.

    Vorhang auf, die Bühne ist angerichtet. "Jetzt sind wir gespannt, wie die Menschen reagieren", so der technische Direktor Jochen Kuhn, der mit seinem Team den Umbau über die Bühne gebracht hat.
    Vorhang auf, die Bühne ist angerichtet. "Jetzt sind wir gespannt, wie die Menschen reagieren", so der technische Direktor Jochen Kuhn, der mit seinem Team den Umbau über die Bühne gebracht hat. Foto: Anand Anders

    Wer das breite Foyer durchschritten hat, betritt einen Saal, dessen neues Innenleben so konzipiert, ja beinahe komponiert wurde, dass es fast scheint, als habe der Raum nun seine endgültige Bestimmung gefunden. "Eigentlich ist das der kleine Saal, den Schweinfurt lange gesucht hat und braucht", so Thomas Kuhn, der dem Theater seit 1987 verbunden ist, der zwischenzeitlich am Residenztheater in München arbeitete und seit 2018 technischer Direktor in Schweinfurt ist.

    Den sehr weißen Wänden wurde viel sehr schwarzer, schwerer, dicker Samt als Kontrast hinzugefügt. Samt als Verkleidung der Stellwand hinter den Sitzreihen, als akustischer "Schallschlucker" an den Wänden und natürlich für den Bühnenvorhang. Auch der berühmte "Front of House-Platz" inmitten des Publikums, in dem die Technik für Licht und Ton versteckt ist, präsentiert sich im feinen Samtmantel.     

    Nachhaltigkeit und "Zweitverwertung" spielten eine große Rolle beim Umbau

    Das sieht gut aus und kostet nichts, denn der Samt stammt aus dem Theater der Stadt, hätte aufwendig gelagert werden müssen. "Das ist alles von uns umgenäht worden, wir haben keinen einzigen Auftrag vergeben", lobt Kuhn sein zehnköpfiges Theater- und Technik-Team, das in wenigen Wochen viel Neuland betreten und durchqueren musste. "Ich bin seit 30 Jahren Führungskraft, so ein motiviertes Team hatte ich noch nie." 

    Während im Zuschauerraum letzte Schreinerarbeiten erledigt werden, warten schon die Stühle, die dort noch aufgestellt werden. Insgesamt haben 400 Gäste in der Ersatzspielstätte Platz.
    Während im Zuschauerraum letzte Schreinerarbeiten erledigt werden, warten schon die Stühle, die dort noch aufgestellt werden. Insgesamt haben 400 Gäste in der Ersatzspielstätte Platz. Foto: Anand Anders

    Nachhaltigkeit mit Spareffekten im Fahrwasser, sprich Wiederverwendung von Materialien aus dem Theater, ziehen sich wie ein roter Faden durch den nun Schwarz-Weißen Theatersaal. So bestehen die Böden für die Sitzplatz-Tribüne im Parkett aus den ehemaligen "Brettern, die die Welt bedeuten" aus dem Schweinfurter Theater. Die 280 Stühle im Saal, ausgestattet mit grünen nummerierten Sitzkissen, stehen jetzt also tatsächlich auf Bühnenbrettern. Auch die 120 Plätze auf dem Balkon, passend zur kirchlichen Widmung des Hauses auch Empore genannt, sind sitzkissennummeriert.       

    Tribünenartig auf echten Theaterbrettern stehend, sind die Stuhlreihen im Parkett angeordnet. An der gegenüberliegenden Wand sind die Samtvorhänge zu erkennen, die mithelfen den Raumklang zu optimieren.
    Tribünenartig auf echten Theaterbrettern stehend, sind die Stuhlreihen im Parkett angeordnet. An der gegenüberliegenden Wand sind die Samtvorhänge zu erkennen, die mithelfen den Raumklang zu optimieren. Foto: Anand Anders

    Die Bühne des Evangelischen Gemeindehauses, auf der die legendären "Comedian Harmonists" ihr letztes Konzert auf deutschem Boden gegeben haben sollen, ist nicht mehr abgerundet, sondern ein deutlich vergrößertes Spielquadrat mit nun vier Metern Tiefe und zwölf Metern Breite, unter dem die Tonanlage verbaut ist. Große Oper wird auf dieser Vorbühne, auch wegen des fehlenden Orchestergrabens, nicht stattfinden können, aber großes Theater mit viel Nähe zum Publikum. Wer vorne sitzt, ist fast schon dabei, beim Bühnengeschehen, auch bis ganz hinten ist die Akustik erstaunlich gut, was auch der neu gezimmerten Vorbühne geschuldet ist, die das Geschehen auf der Bühne buchstäblich in den Saal hineinträgt.       

    Als "gesunde und gute Mischung, die allen Genres gerecht wird", bezeichnet Jochen Kuhn die optimierte Gemeindesaalakustik. Völlig neu ist lediglich das Riggingsystem, also die Aluminium-Masten für Ton und Scheinwerfer. Wie gut das Gesamtkonzept funktioniert, und ob die Theatergäste ihre Liebe zur neuen Spielstätte entdecken, wird sich am Sonntag, 23. Oktober, bei der Uraufführung des Schauspiels  "Vom Suchen und Finden der Liebe" zeigen.      

    Dann werden sich die Akteure auch erstmals in den neuen Garderoben bühnenfertig machen. Die wurden in zwei ehemaligen und zuletzt leerstehenden Wohnungen im Haus untergebracht. Auch da finden sich wieder, von der Vorhangschienen über die Spiegel bis hin zu den Lampen, zahlreiche Teile aus dem Stadttheater, die dort nach der Sanierung nicht mehr gebraucht werden.

    Vorhänge, Spiegel, Lampen – Dinge, die auch im Stadttheater schon ihren Dienst taten und jetzt, da sie auch nach der Sanierung nicht mehr gebraucht werden, wie hier in den Garderoben ein "zweites Leben" haben.
    Vorhänge, Spiegel, Lampen – Dinge, die auch im Stadttheater schon ihren Dienst taten und jetzt, da sie auch nach der Sanierung nicht mehr gebraucht werden, wie hier in den Garderoben ein "zweites Leben" haben. Foto: Anand Anders

    Beeindruckend, wie viel Theater in wenigen Wochen im Evangelischen Gemeindesaal verbaut wurde. Entstanden ist eine Spielstätte, die "eigentlich zu schade ist, nur Übergangslösung zu sein", findet auch Jochen Kuhn, der sehr zufrieden mit dem ist, was er in den zurückliegenden Wochen mit seinem Team geschafft hat.     

    So wird das Theaterangebot aus dem Dornröschenschlaf geweckt

    Mit der Eröffnung diesen Freitag um 19 Uhr wird das Theaterangebot in Schweinfurt sozusagen aus dem Dornröschenschlaf geholt (Eintritt zehn Euro, Karten über www.theater-schweinfurt.de/eroeffnung-ersatzspielstaette). Die Eröffnungsfeier wird musikalisch umrahmt vom Jan-Reinelt-Jazz-Quintett. Das Theaterteam öffnet auch die Backstage-Räume, damit die Gäste sich ein Bild machen können, wie aus einem Gemeindesaal ein Theater wurde. 

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden