Der ganz große Ansturm auf den Hühnerstall ist bislang ausgeblieben. Mitte Oktober hat das Tierheim Schwebheim jede Menge Federvieh gerettet, aus problematischer Haltung im Landkreis Schweinfurt. Während die gefundenen Sittiche, Wachteln und Papageien rasch Abnehmer gefunden haben, sind die Hähne und Hennen bislang nicht der Renner: Eine echte Notlage.
Nun gackert und kräht es an allen Ecken und Enden, im Tierasyl am Alfred-Gärtner-Platz. Eine ausgesetzte Schildkröte, geschmuggelte Axolotl-Lurche, einen querschnittsgelähmten Hasen oder einäugigen Mops, all das hat Johannes Saal als Chef des Tierschutzvereins schon erlebt, aber "70 Hühner auf einem Haufen, das hatten wir noch nie."
Die Tiere wurden im Herbst auf Veranlassung des Landratsamts beschlagnahmt, auf einer verwahrlosten Hühnerfarm mit überfordertem Halter. Die Wegnahme ist jetzt rechtskräftig, nun können die Tiere vermittelt werden.
Über 100 Tiere wurden beschlagnahmt
Heimleiterin Christina Herrmann sucht die Liste heraus: 69 Hühner und Hähne, zwei Fasane, elf Wachteln, zwei Graupapageien, eine Blaustirnamazone, fünf Nymphensittiche sowie ein Albino-Halsbandsittich wurden sichergestellt. Dazu kamen neun Kaninchen, sechs Babykaninchen und hinterher noch zwei Neugeborene. Die acht Katzen haben sich mittlerweile auf elf vermehrt.

Mit Fällen von "Animal hoarding", dem Sammeln und Vernachlässigen von Tieren, sind die Tierpfleger leider öfters konfrontiert. An Hühner-Hoarding musste sich das Team erst einmal gewöhnen. Zum Glück gibt es im Außenbereich einen großen Zwinger (da kamen die meisten der 20 Hähne rein). In den Kleintierställen war noch Platz für die Damen, die sich dort an Nudeln und Gemüse laben.
Zwecks Vermittlung wurden die Neuzugänge durchnummeriert. Nur zwei sind namentlich bekannt: Huhn Hannelore und Hahn Günther. Vor allem bei den Gockeln ist ständig Hahnenkampf angesagt. Einem großen weißen Alphatier schwillt der Kamm. Er will den anderen Herren im Gehege klar machen, wer der Boss ist, und scheucht sie im Kreis. Auch sonst wird viel gekräht und mit den Flügeln geschlagen – es geht um die Hackordnung.
Schon der Abtransport in Käfigboxen, weg von der Farm, war eine Herausforderung. Nach dem Anruf der Polizei rückten die Schwebheimer Tierfreunde persönlich an. Da war noch nicht so ganz klar, was ihnen am Ende ins Haus flattern würde. Hitchcocks "Vögel" ließen grüßen, rein mengenmäßig: "Aus 'wir holen ein paar Hühner', wurden fünf bis sechs Stunden", erinnert sich Herrmann an die Aktion.
Tiere waren abgemagert und verwahrlost
Wirklich zu lachen hatten das Hühnervolk nicht. Auf den Fotos sehen die Vögel schon arg verwahrlost und abgemagert aus. Einige hatten reichlich Federn gelassen oder Kropfprobleme: Der Hautsack am Hals hilft den Tieren beim Hamstern der Nahrung. Mit dem Eierlegen gab es ebenfalls Probleme. Im ersten Moment wollte sich das Heim an "Rettet das Huhn" wenden, eine Organisation, die befreiten Legehennen hilft, als Opfer von Massentierhaltung. Nun sind die gefiederten Schützlinge aber alle entwurmt und geimpft, ihr Zustand hat sich sichtbar verbessert.
Ein Anliegen hat Christina Herrmann schon: "Sie sollen nicht einfach als Weihnachtsbraten enden". Fünf Hennen wurden bereits vermittelt, an vorzeigbare Hühnerhalter. Ein Foto vom neuen Zuhause wäre dem Tierheim recht, auch ein kleiner Obolus sollte drin sein. Spätestens zu Ostern könnte sich dann die Investition in die Eierlieferantinnen lohnen.
