Das Leben bietet viele Anlässe, es zu feiern. Die Hochzeit steht neben der Geburt der Kinder ganz oben auf der Liste der Ereignisse, die im Gedächtnis bleiben. Auch wenn mit dem Tod eines Menschen der letzte Vorhang fällt, bleibt dieser Tag der Trauer bei den Hinterbliebenen im besten Fall als würdige Abschiedsfeier für einen lieben Menschen in Erinnerung. Gelegenheiten, bei denen das Leben oder eben sein Abschluss in einen angemessenen Rahmen gepackt werden wollen.
Dafür die richtigen Worte finden, ist nicht leicht. Diese sensible Aufgabe übernehmen zunehmend Menschen wie Galina Guggenbichler. Seit zehn Jahren begleitet die 36-Jährige aus Niederwerrn Hochzeiten als Planerin, Feste als Moderatorin und Abschiedsfeiern als Trauerrednerin. Und das multilingual. Auf Deutsch, Englisch, Russisch, Spanisch und Portugiesisch hat die von Sprachen begeisterte junge Frau in dieser Zeit auch internationale und interkulturelle Hochzeitsgesellschaften begleitet.
Ihr Anspruch, "Das Leben leuchten lassen", gilt auch für die Trauerfeier, wenn sich Angehörige im Trauersaal und am Grab zusammenfinden, um Abschied zu nehmen und das Leben des Verstorbenen noch einmal in all seinen Facetten leuchten zu lassen. Die Worte, die sie dabei wählt, sollen keine Trauerrede, sondern eine Lebensrede sein, wie sie sagt. Weniger um Biografie und Jahreszahlen soll es gehen, sondern um Wesen und Einzigartigkeit der verstorbenen Person. Lebenswege verpackt sie gerne in Lebensgeschichten. Und "warum nicht mal mit einem Eierlikör anstoßen, wenn man weiß, dass der Mensch, der zu Grabe getragen wird, lebenslustig war und gerne feierte". Natürlich werde, wenn gewünscht, am Grab gebetet, so Guggenbichler, die sich selbst als gläubig bezeichnet.
"Die Menschen nehmen die Geschichte mit nach Hause und nicht die einzelnen Worte, die am Grab gesagt werden."
Galina Guggenbichler über ihre Erfahrungen als Trauerrednerin
Um den "Lebensbogen", wie sie sagt, für sich und ihr Angebot weiter zu spannen, hat sie sich zur Trauerrednerin ausbilden lassen. Als Rednerin (IHK), so die offizielle Bezeichnung, umfasst ihr Lebensbogen nun Einsätze bei immer populärer werdenden Kinderwillkommensfesten, Trau-Feiern und Trauer-Feiern – gerne auch mehrsprachig. Ereignisse, die traditionell von den Kirchen und den damit verbundenen Sakramenten begleitet wurden.
Die Abschiedszeremonie selbst planen
Doch die Zeiten haben sich geändert, so die Erfahrung von Galina Guggenbichler. Menschen wenden sich aus unterschiedlichsten Gründen von den Kirchen ab, unterscheiden zwischen ihrem Glauben, eigener Spiritualität und institutioneller Kirche. "Wir Redner merken, dass es den Menschen wichtiger wird, das gelebte Leben mit seinen Stationen mit persönlichen Worten und menschlicher Nähe zu feiern." Der Wunsch der Hinterbliebenen: "Die Trauerfeier muss authentisch sein, muss den Menschen repräsentieren, an den sich liebevoll erinnert wird."
"Die schönsten und emotionalsten Abschiede waren die, die die Verstorbenen vorab selbst geplant haben", so Guggenbichler. Nicht nur Musik und Blumen haben die Menschen noch vor ihrem Tod ausgewählt, sondern auch in einem vertrauensvollen Gespräch mit der Trauerrednerin besprochen, wie sie sich ihre Abschiedszeremonie vorstellen.

Von der Trau-Rede zur Trauer-Rede – diesen Weg ist auch Gabriele Mertesdorf gegangen. Die 58-Jährige treffen wir auf dem Friedhof von Stadtlauringen. Wenige Kilometer weiter, in Rothausen, hat die Ex-Münchnerin eine neue Heimat gefunden. "Nicht nur Hochzeiten, also Friede, Freude, Eierkuchen, repräsentieren das Leben", begründet die ausgebildete Rednerin und Sängerin die Ausweitung ihrer Tätigkeit. "Trauerfeiern gehen tiefer, die berühren noch einmal ganz anders." Klingt banal, ist aber so, "die Verstorbenen leben in der Erinnerung weiter".
Diese Erinnerungen teilt Mertesdorf in der Vorbereitung der Abschiedszeremonie intensiv mit den Angehörigen, die oft die zu betrauernde Person unterschiedlich erlebt haben. "Dann wird es spannend, da passiert so viel Zwischenmenschliches." Zuhören, ein Vertrauensverhältnis aufbauen, um so den Menschen kennenzulernen, der zu Grabe getragen wird: Für Mertesdorf ist das die Grundlage einer persönlichen Trauerrede, die nach der Feier bestenfalls Kommentare wie "Sie haben gesprochen, als hätten sie den Verstorbenen persönlich gekannt" erntet.
"Jedes Leben verdient in Würde betrachtet, verabschiedet und erinnert zu werden."
Gabriele Mertesdorf über ihre Arbeit als Trauerrednerin
Und wie sieht es mit Berührungspunkten zwischen weltlicher und religiöser Trauerzeremonie aus, also zwischen Pfarrer und Trauerrednerin? "Sehr wenige bis keine – leider", so die Erfahrung der beiden Rednerinnen. "Die Angehörigen sind vielleicht keine Kirchgänger, der Verstorbene aber hatte Glaubensbezug." Religion, Glaube, Spiritualität, für Gabriele Mertesdorf etwas Wunderbares, wenn es Menschen Halt und Sicherheit gibt. "Ich habe selten Menschen erlebt, die an nichts glauben." Es gäbe sicher Gelegenheiten, wo sich beides begegnen und ergänzen könnte. "In meinen Augen spricht nichts dagegen, miteinander zu arbeiten." Die Realität sieht für Mertesdorf manchmal anders aus. "Man begegnet sich hin und wieder in den Hinterräumen der Aussegnungshallen, und da bekomme ich nicht immer die freundlichsten Blicke."

Jede Vorbereitung auf eine Abschiedszeremonie ist für Mertesdorf eine individuelle Sache, ein Weg, den es mit den Angehörigen zu gehen gilt. Die Hinterbliebenen müssten sich um so viele Dinge rund um die Beisetzung kümmern, seien auch froh, wenn sie einen Teil davon vertrauensvoll abgeben könnten.
Deutliches Gefälle zwischen Stadt und Land
"Trauerrednerinnen und Trauerredner sind ein unverzichtbarer Teil der Bestattungskultur geworden", so der Schweinfurter Ralf Michal, Vorsitzender des Bayerischen Bestatterverbandes. Ungefähr ein Drittel der Bestattungen, die über sein Institut laufen, werden weltlich durchgeführt. Dabei sei ein deutliches Gefälle zwischen Stadt und Land auszumachen. Während in den Gemeinden die Verbindung zur Kirche traditionell stärker sei, würden in der Stadt Trauerredner stärker nachgefragt.
Als Unternehmer im Bestattungswesen sieht er sich als Schnittstelle zwischen den Hinterbliebenen und denjenigen, die weltliche Abschiedszeremonien anbieten. Da müsse man genau hinschauen, welcher Mensch zu welcher Familie passt.
"Trauerredner sind unverzichtbarer Bestandteil der Bestattungskultur geworden."
Ralf Michal, Vorsitzender des bayerischen Bestatterverbandes
"Das Phänomen ist uns bekannt, wir wissen dass es zunimmt", räumt Dekan Oliver Bruckmann für den Bereich des evangelischen Dekanats Schweinfurt im Hinblick auf die steigende Zahl von Beerdigungen ein, die von Trauerrednern begleitet werden. "Wenn jemand verstirbt, dann werden wir von den Angehörigen oder dem Bestatter entweder verständigt und um die Beerdigung gebeten oder eben nicht. Wir erfahren ja nicht vom Standesamt oder vom Krankenhaus vom Todesfall, sondern nur dann, wenn die Angehörigen das wollen", beschreibt Bruckmann die Situation. Sei keine geistliche Begleitung gewünscht, dann erfahre die Kirche in der Regel erst einmal nichts vom Todesfall.
Fälle, in denen neben einer weltlichen Trauerzeremonie am Grab noch ein Pfarrer oder eine Pfarrerin gewünscht werden, "gehen gegen Null". Dennoch wäre es prinzipiell vorstellbar, wenn ein bestimmtes Vertrauensverhältnis besteht. "Es gibt ja ganz unterschiedliche Trauerredner, auch welche, die christliche Verkündigung betreiben", so Bruckmann. Bei anderen wiederum, mit einem "sehr anderen weltanschaulichen Hintergrund", wäre Zusammenarbeit schwierig – auch weil die Trauerfeier dann insgesamt nicht mehr stimmig und harmonisch wäre.
Bistum bildet ehrenamtliche Beerdigungsleiter aus
"An Lebenswenden wie Geburt, Hochzeit, Tod hatte lange Zeit die Kirche mit ihren Sakramenten und lebensbegleitenden Feiern ein Monopol", so Pfarrvikar Andreas Kneitz. "In dem Maße, wie die Bindung an eine der beiden Großkirchen abnimmt, suchen Menschen nach Alternativen, weil der Wunsch, den Abschied von einem geliebten Menschen ritualisiert zu feiern, bleibt". Trauerredner, so Kneitz, lösen das kirchliche Begräbnis nicht ab, seien aber eine Alternative für jene, die kirchlich oder religiös nicht gebunden seien, sich aber für ihre Angehörigen einen würdevollen Abschied wünschen.
Die Kirche werde ihren Dienst an Verstorbenen und Trauernden nicht aufgeben, sondern sich weiter gerade da stark machen. "In jüngster Zeit hat auch unser Bistum damit begonnen, ehrenamtliche Beerdigungsleiter auszubilden", so Kneitz . "Dort, wo eine Zusammenarbeit zwischen Trauerrednern und Kirche eine Brücke schlagen kann, zu Glaube und der Kirche fernstehenden Angehörigen, ist sie immer offen dafür."