ZF, Brose, Preh und andere Firmen: Der Stellenabbau in der regionalen Industrie greift bereits seit Monaten um sich. Und jetzt wird wohl noch weit schlimmer: Der in dieser Woche von US-Präsident Donald Trump verkündete "Zoll-Hammer" wird ein heftiger Schlag werden und drastische Folgen auch für die Wirtschaft in der Region Mainfranken haben, ist Auslandsexperte Kurt Treumann überzeugt.
Der Bereichsleiter International an der Industrie- und Handelskammer (IHK) Würzburg-Schweinfurt geht vom Schlimmsten aus: Der neue Zollkrieg könne in der Region zu einem weiteren Abbau von Arbeitsplätzen und gar zu Betriebsschließungen führen, sagt der 57-Jährige. Gibt es überhaupt eine Chance, dem zu entkommen? Im Interview zeigt sich Treumann skeptisch.

Gleich konkret gefragt: Was werden vor allem die vielen mittelständischen Unternehmen in Mainfranken von Trumps neuen Zöllen spüren?
Kurt Treumann: Ihre Waren werden sich in den USA verteuern. Mit der Folge, dass in den USA weniger investiert oder konsumiert wird. Die USA sind ein großer, konsumorientierter Markt. Das heißt: Wenn ein europäisches Unternehmen in den USA Maschinen im Wert von zum Beispiel einer Million Euro verkauft, werden sich die 20 Prozent Zoll wie ein Schlag bemerkbar machen.
Trotzdem könnten Mittelständler in der Region sagen: Amerika ist weit weg, was habe ich damit zu tun?
Treumann: Es gibt in Mainfranken immerhin rund 250 Firmen, die in irgendeiner Weise direkt mit den USA in einer geschäftlichen Beziehung stehen. Sei es vornehmlich als Exporteur oder als Produzent vor Ort. Dazu kommt: Es gibt mainfränkische Unternehmen, die auch in Mexiko aktiv sind. Bis die Ware produziert worden ist, geht sie vielleicht acht Mal über die amerikanisch-mexikanische Grenze. Auch das verteuert die Produktion. Man darf außerdem nicht unterschätzen, dass es eine Reihe von Zulieferern gibt, die zwar selbst keine Exporttätigkeit oder eine Produktion in den USA haben, die aber Kunde oder Zulieferer von Unternehmen sind, die in die USA liefern.
"Es trifft eine Vielzahl unterschiedlicher Branchen."
IHK-Auslandsexperte Kurt Treumann über die Folgen der US-Zölle
Welche Branchen in der Region werden die neuen Trump-Zölle besonders hart spüren?
Treumann: Es trifft eine Vielzahl unterschiedlicher Branchen. Natürlich ist vor allem der Automotive-Bereich dabei, aber auch der Maschinenbau und die Medizintechnik. Selbst die Nahrungsmittelproduktion ist betroffen: Wir haben zum Beispiel Weinlieferungen aus Mainfranken in die USA.
Autozulieferer und Maschinenbau sind die dicksten Pfeiler, auf denen Mainfrankens Wirtschaft steht.
Treumann: Genau. Das ist mit Blick auf die Zölle sehr besorgniserregend.
Wie werden die Unternehmen jetzt reagieren? Wird es noch mehr Stellenabbau als bereits angekündigt geben? Machen gar manche Betriebe dicht?
Treumann: Das könnte eine Folge sein. Wir haben in der IHK bislang keine panischen Anrufe bekommen. Es ist in der Weltwirtschaft jedoch ein Trend zu beobachten, wonach der Druck hin zur Lokalisierung steigt. Das heißt: Die Handelshemmnisse haben in den vergangenen Jahren im Trend zugenommen. Dabei geht es nicht nur um Zölle, das können auch ganz andere Dinge sein. Dass zum Beispiel im Ausland in einer Maschine ein roter und nicht ein blauer Schlauch verbaut sein muss – zudem mit einem anderen Durchmesser als in Deutschland. Das verteuert und verkompliziert den ganzen Handel. Dieser Trend wird sich jetzt durch den Zollkrieg verstärken.

Sie haben Nahrungsmittel erwähnt. Was werden wir Verbraucherinnen und Verbraucher als Folge von Trumps neuen Zöllen spüren, wenn im Supermarkt oder Discounter einkaufen?
Treumann: Da kommt es jetzt darauf an, welche Gegenmaßnahmen die EU in der Schublade hat. Es wurde ja unter anderem angekündigt, dass Zölle auf Waren erhöht werden, die aus US-Staaten mit einem hohen Anteil an Republikanern stammen – um eben sie damit zu treffen. In diesem Zusammenhang wird immer wieder der Whiskey erwähnt. Oder die Erdnusscreme.
Nun gut, aber das ist in der Region eine besonders kleine Nische.
Treumann: Genau. Die Frage ist sogar, ob man als Konsument erkennen kann, ob die jeweilige Erdnusscreme überhaupt ein amerikanisches Produkt ist.
"Der eine oder andere Arbeitsplatz könnte infrage gestellt werden."
Kurt Treumann, Auslandsexperte der IHK Würzburg-Schweinfurt
Wie können sich Unternehmen in Unterfranken gegen das wappnen, was in Folge der neuen Trump-Zölle kommt?
Treumann: Die USA sind für Bayern der zweitwichtigste Handelspartner. Er lässt sich nicht einfach ersetzen. Deshalb muss man das Thema zweigeteilt sehen. Einerseits müssen wir hoffen, dass die EU gute Handelsstrategien ergreift, die uns in Verhandlungen mit den USA helfen. Und die uns helfen, dass Trump von seinen Maximalforderungen runtergeht. Auf der anderen Seite hat Trumps erste Amtszeit gezeigt, dass wir pragmatische Ansätze betreiben müssen. Wir müssen also die eine oder andere Spielregel, die sich jetzt ändert, akzeptieren. Es bleibt uns nichts anderes übrig, dafür sind die USA aus wirtschaftlicher Sicht zu wichtig.
Sie haben erwähnt, dass die IHK wegen Trumps Zollhammer noch keine panischen Anrufe bekommen hat. Erwarten Sie die noch?
Treumann: Was jetzt mit dem Anheben der Zölle geschieht, wird durch die gesamte Lieferkette gehen. Wir gehen davon aus, dass Trumps derzeitige Handelspolitik nur Verlierer produziert. Das heißt: Die Firmen werden das in den wirtschaftlichen Beziehungen spüren und einfach weniger exportieren. Der eine oder andere Arbeitsplatz könnte deshalb infrage gestellt werden. Unsere Wirtschaftsleistung könnte nachlassen, weil wir in Bayern und Mainfranken auf den Export angewiesen sind. Glücklich werden diejenigen Firmen sein, deren Produkte sehr preiselastisch sind oder für die es schlicht weniger Wettbewerber gibt.