Schweinfurt aus der Luft. Dieser Beitrag, gefilmt aus einem Hubschrauber, wird einer der letzten Beiträge von Schweinfurts Lokalsender TV 1 sein. Am Donnerstag um 19.30 Uhr wird die Sendung letztmals ausgestrahlt. Sie enthält auch eine Rückschau und ein Abschiedswort der Gesichter der Sendung, der Journalisten Holger Laschka und Canan Semel. Semel war von Anfang an dabei.
Der Chef, wie Johannes Bloching intern genannt wird, hat die Sendelizenz nach einem „zermürbenden Kleinkrieg“ mit TV Touring und der Bayerischen Medienzentrale für neue Medien (BLM) zum Ende des Monats Februar gekündigt. Am Sonntagabend wird die Donnerstagssendung wiederholt, danach gibt es nach 21 Jahren kein Regionalfernsehen von TV 1 mehr.
Bloching ist Fernsehpionier, wirkte schon als Partner dieser Zeitung beim TV-Versuch „rtu-Teleschau“ Ende der 1980er Jahre mit. Als sich die Zeitung vom Fernsehmachen zurückzog, machte Bloching mit TV 1 weiter. Anfang der 1990er schrieb die BLM das RTL-Fensterprogramm und den lokalen Kabelkanal getrennt aus. TV Touring kam so als zweiter Anbieter auf den Schweinfurter Markt. 2003 folgte die BLM – wie von Bloching befürchtet – der Empfehlung des Fernsehausschusses und machte TV Touring neben Würzburg und Aschaffenburg auch zum Hauptanbieter für lokales Fernsehen in Main-Rhön. TV 1 musste sich mit der Rolle eines Spartenanbieters begnügen, hatte noch 30 Minuten Sendeanteil wöchentlich.
Bloching: „Degradierung“
„Aus unserer Sicht wurde alles so gesteuert, dass Touring das Rennen macht“, sagte Bloching damals. Heute sieht es der gelernte Fernsehtechniker nicht anders, spricht von einer von Politik und Landeszentrale gewollten Degradierung und Zerstörung seines Senders.
Das „bestimmte Miteinander“ der Sender war zwar durch einen Kooperationsvertrag geregelt. Touring, Profiteur des Kabelgelds, musste an TV 1 pro gesendete Minute zahlen. Ruhe kehrte aber nie ein. Vor allem in den letzten Monaten nicht, weil die Lizenzverlängerung anstand. Laut Bloching wurden zwar weitere acht Jahre genehmigt, die anteilige Finanzierung, die TV Touring für die halbe Stunde TV 1 entrichten muss, wurde aber deutlich gekürzt. Für 2011 und 2012 waren weitere jeweils 35 000 Euro weniger angekündigt. Und Werbung darf TV 1 selbst keine machen. Der 63-Jährige sagt auch, dass die vom Staat zur Verfügung gestellten Gelder immer weniger geworden seien. Wegen des neuen Streichkonzerts habe er aber „keine Möglichkeit mehr gesehen, weiterhin ein ansprechendes Programm zu realisieren“.
In einer Information an die „TV 1 Freunde“ schreibt Bloching: „Nach über 21 Jahren war ich es einfach leid, mich laufend Konfrontationen durch BLM und TV Touring auszusetzen.“ Er spricht unter Hinweis auf die Zugehörigkeit von TV Touring zur Nürnberger Oschmann-Gruppe mit Telefonbuchverlag Müller und vielen privaten Rundfunk- und TV- Sendern von einer Übermacht.
Seine Familie, Mitarbeiter und er hätten in all den Jahren „mit viel Herzblut und großem Engagement Programm gemacht“. Gewürdigt worden sei das von der BLM aber nie. Im Gegenteil. Auf seine vor vier Wochen per Einschreiben verschickte Kündigung und etliche Mail-Rückfragen habe er bis heute keine Reaktion erhalten. „Dieses Verhalten ist mir unbegreiflich“, sagt Bloching.
Dass zwei Sender parallel liefen, nennt er „einzigartig in Bayern“. Die Hoffnung, dass „der Kleinere baldmöglichst die Flügel streckt“, habe sich aber nicht erfüllt. Mit der Kündigung („hat bisher kein Anbieter vollzogen“) bereite man Touring und BLM „sicher eine Riesenfreude, weil sich damit das ,Schweinfurter Problem' nun von selbst gelöst hat“.
Weiter mit Produktionsfirma
Der tief enttäuschte Bloching will ein wenig ausspannen, aber bald wieder angreifen und sich auf das erfolgreiche Produktionsgeschäft konzentrieren. Geplant ist, den Veranstaltungsservice auszubauen (Filmen von Hochzeiten, Kongress-, Eventfernsehen). Er will die „guten Kontakte“ zu den öffentlich-rechtlichen und privaten Sendern wiederbeleben, als Filmteam vor Ort tätig sein wie zuletzt beim Hochwasser. Im Auge hat er auch „ganz neue Wege“. Was, verrät er noch nicht.
Bei TV 1-Produktion wird neben ihm Tochter und Kamerafrau Andrea Huth auf der technischen Seite mitwirken, alle Mitglieder des bisherigen Teams will er möglichst einbinden. Die jüngere Tochter Sonja Bloching arbeitet als Kamerafrau in München, kann aber helfen. Bergrheinfeld bleibt vorerst Standort von Aufnahmestudio und Schnittplatz. „Tausend Dank an alle Zuschauer und Freunde, die TV 1 über viele viele Jahre die Treue gehalten haben“, so Blochings Abschiedsgruß.