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Schonungen: TV Total und Millionen Klicks: Wie der "Essen-Checker" aus Schonungen in den Sozialen Medien viral geht

Schonungen

TV Total und Millionen Klicks: Wie der "Essen-Checker" aus Schonungen in den Sozialen Medien viral geht

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    Food-Blogger Sebastian Schulz erreicht mit seinem Format "Essen-Checker" Hunderttausende im Netz. Das Bild zeigt ihn und seine Drehpartnerin Anette Dürnhöfer in ihrem Wohnzimmer.
    Food-Blogger Sebastian Schulz erreicht mit seinem Format "Essen-Checker" Hunderttausende im Netz. Das Bild zeigt ihn und seine Drehpartnerin Anette Dürnhöfer in ihrem Wohnzimmer. Foto: Anand Anders

    Das Zimmer wirkt rustikal: graue Tapeten, Postkarten an der Wand. Auf einem Holztisch steht ein kleines Stativ mit einem Smartphone, die Frontkamera auf das Tischende gerichtet. Hier, im Wohnzimmer in Zeil am Main (Lkr. Haßberg), treffen sich Sebastian Schulz und Anette Dürnhöfer mehrmals in der Woche, um Videos für ihren Kanal "Essen-Checker" in den sozialen Medien zu drehen.

    Mit seiner "Gourmetkritik" der besonderen Art und in urig fränkischem Dialekt erreicht Sebastian Schulz aus Hausen, einem Ortsteil von Schonungen bei Schweinfurt, ein Millionenpublikum im Netz. Über Hunderttausend Follower aus aller Welt hat der "Essen-Checker" allein bei TikTok. Meist testet und bewertet der 47-Jährige gemeinsam mit Freundin "Annedde", Kumpel Jürgen Recker, genannt "Jackson", oder einem anderen Gast Lebensmittel vor laufender Kamera und lädt die Videos hoch.

    Von Tiramisu aus dem Kühlregal über die schwedische "Fischdelikatesse" Surströmming bis zum Schinken-Sandwich vom örtlichen Fast-Food-Restaurant kommt – außer Alkohol – alles auf den Teller und vor die Kameralinse. Auch das Privatfernsehen hat den selbst ernannten Food-Blogger aus Schweinfurt entdeckt. In der Comedy-Show TV total auf ProSieben sind die Essen-Checker seit Ende vergangenen Jahres regelmäßig deutschlandweit zu sehen. Doch wie kam es dazu?

    Karriereweg: Vom Partyfotografen zum Food-Blogger

    Als er seinen gelernten Beruf als Betonbauer wegen eines Unfalls nicht mehr ausüben konnte, sei er lange hinter der Kamera gestanden, erzählt Schulz. Jahrelang habe er in Clubs und Diskotheken in und um Schweinfurt fotografiert, die Bilder dann auf seiner Webseite hochgeladen oder verkauft. "Die Partyfotografie war mein erster Berührungspunkt mit Sozialen Medien."

    Als die Arbeit anstrengender und die Nächte immer länger wurden, habe er die Fotografie aufgegeben, sagt der 47-Jährige. Er begann Anfang der 2000er, als Blogger Inhalte über lokale Veranstaltungen zu verbreiten sowie für Suchmaschinen aufzubereiten. "Das mache ich auch weiter", sagt Schulz. Vorausgesetzt, er finde dafür die Zeit.

    "Wir machen das nach Bauchgefühl, so wie wir sind und verstellen uns nicht."

    Sebastian Schulz, Food-Blogger aus Schonungen

    Vor etwa drei Jahren stieg Schulz um auf Food-Blogs. "Die Videos sind gut angekommen und so hat sich das stetig entwickelt", sagt er. Bald seien auch Dürnhöfer und Recker – zwei Bekannte aus seiner Partyfotografen-Zeit – dazugestoßen. Sie alle seien keine "Weltmenschen", meint der Schonunger mit einem Augenzwinkern: "Ich bin kein du monde , Anette ist kein du monde und Jackson ist auch kein du monde. Wir machen das nach Bauchgefühl, so wie wir sind und verstellen uns nicht."

    Medienpsychologe hat die Erklärung: Warum der Essen-Checker auf TikTok erfolgreich ist

    Was Schulz als "Bauchgefühl" beschreibt, nennt die Medienpsychologie "Authentizität": "Ein riesiger Aspekt", sagt Prof. Frank Schwab von der Uni Würzburg. Wie in Sendungen wie "Das Perfekte Dinner" würden Food-Influencer zentrale Aspekte wie Essen, Performance, Wettbewerb und Soziales verbinden. "Das haben wir hier auch, nur in der Hausmannskost-Variante", sagt Medienpsychologe Schwab über den unterfränkischen Essen-Checker.

    Mit seiner ungeschliffenen Art spreche Schulz eine bestimmte Zielgruppe an. "Schulz ist in seiner Unbeholfenheit echt und nett", sagt der Wissenschaftler. Sein Stil verspreche eine Ehrlichkeit, die die Leute "abhole". Zumindest einige, die sich mit dem Blogger identifizieren könnten, meint Schwab. Andere würden eher lachend oder verächtlich auf die Videos schauen. Auch das Abgrenzen zu anderen Gesellschaftsschichten spielt eine Rolle, sagt Schwab.

    Dazu kommen der Aufbau und die Funktionsweise der Plattform TikTok. "Natürlich wird Authentizität inszeniert", erklärt der Medienpsychologe. Influencer wüssten genau, was sie in ihr Auftreten einbauen müssten, um Wirkung zu erzielen. In Abgrenzung zu professionellen Fernsehshows werde mit bekannten Sehgewohnheiten bei Kameraführung, Schnitt und Ansprache bewusst gebrochen. "Grob, schmutzig, aber echt", sagt Schwab.

    "Wenn die Welt da draußen ruppiger wird, ziehen sich Menschen zurück ins Private."

    Frank Schwab, Medienpsychologe an der Universität Würzburg

    Dadurch würden Influencer eine parasoziale Interaktion mit den Followern aufbauen: "Man denkt, man kennt den. Dazu kommt, dass die Nutzer über Social-Media Antworten können." Und worauf der Erfolg des Formats ebenfalls hindeuten könne: "Wenn die Welt da draußen ruppiger wird, ziehen sich Menschen zurück ins Private." Da seien Videos vom heimischen Herd oder das Testen alltäglicher Produkte aus dem Supermarkt eine willkommene Ablenkung.

    Einfaches Konzept, trotzdem Aufwand: Influencer-Dasein kostet Sebastian Schulz Zeit

    Mit schlichtem Gemüt, dem Essen und Gastauftritten im Fernsehen hat sich Schulz so zur Kultfigur in den sozialen Medien entwickelt. Auch bei TV Total, meint der Schonunger: "Die wollten ein neues Format herausbringen und haben uns dann einfach angerufen." Seitdem sieht man den Essen-Checker regelmäßig in der Sendung. Das passe zum Konzept und erhöhe den Bekanntheitsgrad, sagt der 47-Jährige. "Die Videos sind zur Unterhaltung da." Unkompliziert. Ohne Skript oder große Vorbereitung.

    Daumen hoch für Kaffee und Tiramisu: Sebastian Schulz (links) und Jürgen Recker gemeinsam beim Essens-Check in der Redaktion in Schweinfurt.
    Daumen hoch für Kaffee und Tiramisu: Sebastian Schulz (links) und Jürgen Recker gemeinsam beim Essens-Check in der Redaktion in Schweinfurt. Foto: Marcel Dinkel

    Mittlerweile würden er und sein kleines Team sogar auf der Straße erkannt. Und Fans aus Tschechien, Amerika oder Österreich würden Essenspakete schicken. Darunter Skurriles wie vergorene Eier oder den besagten fermentierte Dosenfisch aus Skandinavien. Sein Lieblingsessen? Schinken-Sandwich oder der klassische Braten mit Klößen, sagt Schulz.

    Was nicht heiße, dass das Influencer-Dasein nur lustig und entspannt sei. Im Gegenteil: "Wenn ich bei TikTok, Facebook, Instagram und YouTube etwas hochlade, brauche ich allein zum Hochladen zwei Stunden", sagt Schulz. Schnitt und Onlineauftritt der bislang 293 Videos habe er selbst übernommen. Immerhin würden die Aufnahmen selbst wenig Zeit in Anspruch, meint der Blogger. Etwa zwei bis drei Videos lädt der Essen-Checker pro Woche inzwischen hoch. Teilweise mehr.

    Der Essen-Checker aus Schonungen hat große Pläne

    Und dann wären da noch die Kommentare derer, denen die Videos nicht gefallen. Das sei ab einer gewissen Größe unvermeidlich, meint Schulz. Außerdem: "Hater muss man sich erst einmal verdienen." Der Umgang damit sei entscheidend, sagt der 47-Jährige. Auch wenn er über manche Anmerkung und manchen abwertenden Kommentar durchaus grüble.

    Wie viel er verdient mit den Videos? Was seine Finanzen betrifft, hält sich der Essen-Checker bedeckt. Nur so viel: "Davon leben, könnten wir nie. Es ist ein Draufleg-Geschäft." Noch, zumindest. Womöglich, so hoffen er und sein Team, klopfe eines Tages ein Lebensmittelkonzern als Werbepartner an. "Das wäre ein riesiger Sprung, den wir mit Sicherheit wahrnehmen würden", sagt Schulz schmunzelnd. Bislang seien solche "Kooperationen" ausgeblieben. Die Produkte und Speisen zum Probieren wähle er selbst nach Lust und Laune aus.

    Sein nächstes Ziel steht schon fest: Nach dem Erfolg auf TikTok will der Schonunger auch die 100.000 auf Instagram knacken. Dort hat der Kanal aktuell 30.600 Follower. Auch was die Fernseh-Karriere angeht, kündigt der Food-Fluencer für September den nächsten Schritt an. Sollte TV-Total fortgesetzt werden, will er auf jeden Fall wieder dabei sein, meint Schulz. "Das ist jetzt erst der Anfang von allem."

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