Es ist eine überraschende Wende im Fall der angekündigten Aufgabe der Hausarztpraxis von Dr. Werner Weigand in Gerolzhofen. Nachdem sich eine Nachfolge zerschlagen hatte, verkündete der 69-jährige Allgemeinmediziner vor drei Wochen: Er wird seine Praxis aus Altersgründen Ende September aufgeben – sofern er nicht doch einen Arzt oder eine Ärztin findet, was er damals bezweifelte.
Jetzt ist dieser, aus seiner Sicht unwahrscheinliche Fall tatsächlich eingetreten. Es gibt einen Nachfolger für seine Praxis am Marktplatz. "Es geht nahtlos weiter", teilt Dr. Weigand der Redaktion mit. Eine glückliche Fügung macht es möglich: Das Hausarztzentrum in Grafenrheinfeld möchte expandieren und hat sich mit ihm schon geeinigt.
Gerolzhofen wird die siebte Praxis im Hausarztzentrum
Bei einem Gespräch stellt der Mediziner die neuen Pläne zusammen mit Dr. Jürgen Schott vom Hausarztzentrum vor. Schott ist einer von vier Teilhabern des Hausarztzentrums in Grafenrheinfeld, das weitere Praxen in Bergrheinfeld, Schwebheim, Röthlein, Sennfeld und Niederwerrn betreibt.
"Die Chemie stimmt."
Dr. Jürgen Schott, Hausarzt aus Gerolzhofen
Mit Gerolzhofen kommt ab 1. Oktober eine siebte Hausarztpraxis hinzu. Zusammen mit den etwa 1000 neuen Patientinnen und Patienten wächst der Patientenstamm des Zentrums auf rund 9000 an. Diese werden von elf Ärzten und Ärztinnen sowie 35 Mitarbeitenden versorgt.
Nachdem Dr. Schott den Bericht dieser Redaktion gelesen hatte, setzte er sich mit seinem Kollegen in Verbindung. Und nach einem Treffen von Dr. Weigand mit der Führung des Zentrums, der außerdem Dr. Klaus-Ulrich Schmier, Dr. Marko Milanovic und Dr. Astrid Schott angehören, war schnell klar: "Die Chemie stimmt", wie es Dr. Jürgen Schott ausdrückt.

Der Allgemeinmediziner aus Gerolzhofen wirkt sichtlich gelöst bei der Bekanntgabe. Er verhehlt nicht, dass sein Entschluss im Mai ihm einige schlaflose Nächte bereitet habe. "Es wäre eine Horrorvorstellung gewesen, den Laden hier ausräumen zu müssen."
Dr. Weigand arbeitet ab Oktober als festangestellter Arzt weiter
Die Übernahme wird keine Veränderung mit sich bringen. Alles laufe wie gewohnt weiter, betont Dr. Weigand; auch ab 1. Oktober blieben die bisherigen Öffnungszeiten bestehen. Seine Patientinnen und Patienten hat er darüber bereits informiert.
"Es wäre eine Horrorvorstellung gewesen, den Laden hier ausräumen zu müssen"
Dr. Werner Weigand
Zusätzlich hat Dr. Weigand sich entschieden, über den September hinaus weiterzuarbeiten, was viele seiner Patientinnen und Patienten freut. "Sie hätten die Patienten sehen sollen diese Woche", berichtet er von dem riesigen Zuspruch nach der Verkündigung, dass "ihr Doktor" bleibt. Ab Oktober wird er im Hausarztzentrum als festgestellter Arzt in Teilzeit praktizieren, an drei Tagen in der Woche in Gerolzhofen. An den anderen Tagen wird ein angestellter Arzt die Versorgung sicherstellen.
Dr. Jürgen Schott ist froh, einen so erfahrenen Mediziner in sein Team aufnehmen zu können. Wie lange der 69 Jahre alte Allgemeinmediziner noch arbeiten möchte? "Wir schauen mal", antwortet Dr. Weigand darauf mit einem Lächeln. Das Positive für ihn: Er muss sich ab Herbst nicht mehr um das Organisatorische kümmern, sondern ausschließlich um seine Patientinnen und Patienten. Genau das, was ihm besonders "Spaß" mache.
Ärztezentrum Gerolzhofen hält an Personalaufstockung fest
Gesichert ist außerdem die Zukunft der drei verbliebenen Mitarbeiterinnen. Dr. Jürgen Schott möchte alle übernehmen. Zwei Angestellte haben sich nach der zunächst angekündigten Aufgabe beruflich neu orientiert. Aus diesem Grund sucht er zusätzliche Medizinische Fachangestellte.

Für das Ärztezentrum in Gerolzhofen, das vergangene Woche angekündigt hatte, seine personellen Kapazitäten aufzustocken, um Dr. Weigands Patientinnen und Patienten mitversorgen zu können, hat die Kehrtwende keine Auswirkungen. Es habe sie zwar überrascht, gesteht Dr. Susanne Schmitt auf Anfrage. "Aber unsere Entscheidung war unabhängig davon und steht."
Ihre Praxis in der Schwarzenbergstraße wird ab Oktober drei neue Ärztinnen anstellen, die man gut gebrauchen könne. Man sehe, so Dr. Schmitt dazu, langfristig einen Bedarf und stelle den Versorgungsauftrag sicher.