Heizen wird immer teurer, Kirchen, Schwimmbäder und kommunale Gebäude senken ihre "Betriebstemperatur", dennoch werden die warme Stube und das Warmwasser für Fernwärme-Bezieher immer kostspieliger. Das könnte erst der Anfang sein, der Winter steht vor der Tür.
Gut, wer früh – auch gegen Widerstände – auf Nahwärme gesetzt hat und nun auf sein regionales und von Weltmarktpreisen relativ unabhängiges Nahwärmenetz bauen kann. Alles richtig gemacht hat in dieser Hinsicht Stadtlauringen. Dort wurden schon vor 15 Jahren die Weichen dafür gestellt, den Marktplatzbereich von Öl und Gas unabhängig zu machen,
Der Impuls, kirchliche und kommunale Gebäude mittels Hackschnitzelheizung zu heizen, ging vom damaligen Kirchenpfleger Edgar Hußlein aus.Immer wenn die Straßen schon aufgerissen sind, Rohre mit verlegen
Der heute 80-Jährige war von 2000 bis 2014 Kirchenpfleger und in dieser Position neben Bürgermeister Friedel Heckenlauer maßgeblicher Initiator des Nahwärme-Projekts. "Öl wurde auch damals schon immer teurer und im Hinblick auf die Umwelt immer fragwürdiger", erinnert er sich. Die Gelegenheit für neue energetische Wege war in den Jahren nach der Jahrtausendwende günstig. Stadtlauringen sanierte gerade seine "gute Stube", den Marktplatz, die Baustelle war eingerichtet, Gräben mussten ohnehin ausgehoben werden. Auch die Kirche wurde in Hußleins Zeit als Kirchenpfleger renoviert, was die Frage aufwarf, wie die künftig zu beheizen sei. Die Idee, gleich Rohre und Leitungen für ein Nahwärmenetz zu verlegen, stieß bei Bürgermeister Heckenlauer auf offene Ohren.

Als Kirchengemeinde gemeinsam mit der Kommune ein Nahwärmenetz auf die Beine zu stellen, war völliges Neuland. "Es war die erste Hackschnitzelheizung der Diözese gemeinsam mit einer politischen Gemeinde", erinnert sich Hußlein. Und die Diözese sei zunächst völlig überrascht gewesen von solchen Plänen, und es bedurfte vieler Gespräche und einiger Überzeugungsarbeit. "Es war sicher kein Nachteil, dass unser damaliger Pfarrer Monsignore Dr. Benno von Bundschuh einen guten Draht zur Diözese hatte", ergänzt Bürgermeister Heckenlauer.

Jährlich werden rund 110 Tonnen Kohlendioxid eingespart
Mittlerweile hängen ein Dutzend gemeindliche und kirchliche Gebäude rund um den Marktplatz am Nahwärmenetz. Darunter das Rathaus samt Nebengebäude und die Kirche selbst. Jüngster Anschlussnehmer ist der Kunsthandwerkerhof, zu dem seinerzeit vorausschauend eine Leitung verlegt wurde. Die Hackschnitzelheizung, die im Keller der Kirche dort eingebaut wurde, wo sich einst die Öltanks befanden, spart der Umwelt jährlich rund 110 Tonnen CO₂.

Brennstoffe kommen aus der Region, Geld bleibt in der Region
Private Lieferanten aus der Region, teilweise sogar direkt aus der Großgemeinde, versorgen die Hackschnitzelheizung mit Nachschub. Teilweise übernehmen örtliche Landwirte die Trocknung, so Hußlein. Zwar haben auch die Preise für Hackschnitzel im Zuge der Energiekrise angezogen, dennoch sei der Betrieb immer noch sehr viel wirtschaftlicher als der Bezug von Öl und Gas. Außerdem bleibe das Geld in der Region und der Brennstoff müsse keine weiten Wege zurücklegen, so auch Stadtlauringens Bürgermeister Friedel Heckenlauer.

Auch Hausbesitzern rund um den Marktplatz war seinerzeit angeboten worden, sich mit anschließen zu lassen. Doch offensichtlich war die Zeit dafür noch nicht reif, Interessenbekundungen blieben aus. Die Investitionskosten, es waren 125.000 Euro für Hackschnitzelheizung und Rohrleitungen, wurden gemäß dem geschätzten anteiligen Wärmebedarf zu 60 Prozent auf die Gemeinde und zu 40 Prozent auf die Kirche verteilt. Eine gute Schätzung, denn nach den ersten Jahren des Betriebs waren nur geringfügig Ausgleichszahlungen zwischen Kirche und Gemeinde vorzunehmen. Bei der Planung ging man von einer jährlichen Ersparnis von 6000 Euro gegenüber einer Ölheizung aus. Der Liter Heizöl kostete 50 Cent.

Und wie haben sich die Preise für die regionale Hackschnitzelheizung entwickelt? 2010 waren es 3,6 Cent pro Kilowattstunde, heute hat sich der Preis mit 6,5 Cent deutlich verteuert. Für den Abrechnungszeitraum 2021/22 gab es einen Wärmebedarf von 330.000 Kilowattstunden. Um diesen Wärmebedarf mit Öl zu stillen, bräuchte es rund 33.600 Liter Öl, rechnet Heckenlauer vor. Bei einem Ölpreis von 1,40 Euro pro Liter wären das mehr als 47.000 Euro.
Im gleichen Zeitraum hat die Gemeinde für die gleiche Energieausbeute 16.170 Euro für Hackschnitzel ausgegeben. Grob also ein Drittel dessen, was Öl gekostet hätte. Da es jüngst erneut eine inflationsbedingte Steigerung der Hackschnitzelpreise gab, werden im aktuellen Abrechnungszeitraum 27.180 Euro für die gleiche Energiemenge fällig.
Bezahlt wird nicht nach Gewicht, sondern nach der Wärme
Die Hackschnitzel werden übrigens nicht nach Gewicht oder Masse, sondern nach Wärmelieferung bezahlt. "Sollte einmal schlechteres Material geliefert werden, brauchen wir mehr, um die gleiche Wärme zu produzieren, zahlen aber nur nach der Wärme, die dabei rauskommt", so Heckenlauer. Auch so eine Hackschnitzelheizung hat einen gewissen Wartungsaufwand. Um ihn kümmern sich seit Bestehen der Anlage Männer wie Wendelin Braun und Hugo Kaufmann.

Das Nahwärme-Angebot im Ortskern von Stadtlauringen ist eine Erfolgsgeschichte, die in einigen Ortsteilen weitergeschrieben wird. In Wettringen wurde im Zuge der umfassenden Dorferneuerung 2012/13 die Nahwärme in den Ort gebracht. Dort wird mit Hackschnitzeln Gas erzeugt. Ein Holzvergaser, in dem das Gas verbrannt wird, erzeugt Strom, der verkauft wird. Mit der dabei im Holzvergaser entstehenden Abwärme wird das Nahwärmenetz Wettringen gespeist. Etwa 35 Anwesen sind angeschlossen.
Es wird noch günstiger, wenn auch noch Strom produziert wird
Auch in Sulzdorf war die Dorferneuerung der Türöffner für die Nahwärme. Dort sorgt die Abwärme der örtlichen privaten Biogasanlage, die ebenfalls zunächst Gas und daraus Strom produziert, für Wärme in den Wohnstuben der etwa 30 Anschlussnehmer. "Wir sind froh, dass wir die Nahwärme haben", sind sich Heckenlauer und Hußlein, die maßgeblichen Macher der Fernwärme einig. Die jährliche Ersparnis und umweltfreundliche Energieerzeugung aus nachwachsenden regionalen Rohstoffen sprechen eine deutliche Sprache.