Was die verbotene Verwendung nicht geeichter Kaltwasserzähler angeht, müssen vier Kommunen aus dem Bereich der Verwaltungsgemeinschaft (VG) Gerolzhofen nun wörtlich ein ordentliches Sümmchen Lehrgeld zahlen. Das Bayerische Landesamt für Maß und Gewicht (LMG) hat gegen die Stadt Gerolzhofen sowie drei weitere Mitgliedsgemeinden der VG jüngst Bußgelder wegen begangener Ordnungswidrigkeiten verhängt. Die Behörde verlangt – je nach Zahl der monierten Zähler – Summen in vier- bis fünfstelliger Höhe. Besonders eine Gemeinde sticht dabei heraus.
Zähler, die die von einem Hausanschluss verbrauchte Wassermenge erfassen, müssen nach sechs Jahren ausgetauscht werden. Die Frist endet jeweils mit Ablauf des Kalenderjahres. Werden Wasserzähler darüber hinaus verwendet, gelten diese als ungeeicht. Ihr fortgesetzter Einsatz verstößt nicht nur gegen die Vorgaben des Mess- und Eichgesetzes. Die erfassten Werte könnten vor Gericht auch angefochten werden und Nebenkostenabrechnungen für Mieter beispielsweise, die darauf basieren, könnten für ungültig erklärt werden.
Landesamt für Maß und Gewicht hat guten Riecher
Die Sache ins Rollen gebracht hat, wie ausführlich berichtet, ein Gerolzhöfer Hausverwalter. Dieser hatte Anfang dieses Jahres darauf aufmerksam gemacht, dass die Stadt Gerolzhofen Wasserzähler in privaten Haushalten einsetzt, deren Eichfrist zum Teil seit mehreren Jahren abgelaufen ist. Er informierte über diesen Missstand auch das LMG. Dieses prüfte in der Folge aber nicht nur die Eichfristen der in Gerolzhofen verbauten Wasserzähler. Die landesweit zuständige Behörde mit Hauptsitz in Bad Reichenhall ließ sich auch die von der VG Gerolzhofen geführten Listen der verwendeten Wasserzähler für alle acht Mitgliedskommunen zukommen – aus gutem Grund, wie sich zeigen sollte.
Denn die mittlerweile abgeschlossene Prüfung ergab: Die nicht geeichten Wasserzähler in Gerolzhofen waren nur die Spitze des Eisbergs. Auf Nachfrage dieser Redaktion berichtet Lambert Schulze Wessel, stellvertretender Leiter des LMG, dass im Bereich des Marktes Oberschwarzach 124 (!) Wasserzähler festgestellt wurden, deren Eichfrist abgelaufen waren. In der Gemeinde Michelau wurden ihm zufolge 21 ungeeichte Zähler festgestellt, in Donnersdorf 15 und in der Stadt Gerolzhofen 20 Zähler, die nicht mehr hätten betrieben werden dürfen.
Preisspanne bei der Höhe der Bußgelder
Die Höhe der vom LMG verhängten Bußgelder liegt laut Schulze Wessel zwischen 100 und 150 Euro – pro beanstandetem Zähler. Die Spanne ergibt sich dadurch, dass bei der Bemessung des Bußgelds in jedem Einzelfall berücksichtigt wurde, wie lange ein Zähler nach Ablauf der Eichfrist noch im Einsatz war.
Während die VG Gerolzhofen sowie die befragten Bürgermeister der betroffenen Gemeinden auf Nachfrage dieser Redaktion zur Höhe der an sie gerichteten Bußgeldforderungen schweigen, lässt sich mithilfe der Angaben des LMG zumindest deren Größenrahmen berechnen: Für Oberschwarzach stehen Forderungen zwischen 12.400 und 18.600 Euro im Raum, für Michelau sind es zwischen 2100 und 3150 Euro, für Donnersdorf zwischen 1500 und 2250 Euro und für Gerolzhofen zwischen 2000 und 3000 Euro. Das Bußgeld fließt laut LMG üblicherweise der Staatskasse zu.
Mögliche Schäden durch Messfehler?
"Wir möchten in diesem Zusammenhang darauf hinweisen, dass lediglich die ungeeichte Verwendung dieser Wasserzähler geahndet wurde", ergänzt der stellvertretende Leiter des LMG. "Uns liegen keine Erkenntnisse darüber vor, ob die Zähler die gesetzlich festgelegten Fehlergrenzen eingehalten oder nicht eingehalten und somit zutreffende oder unzutreffende Messwerte angezeigt hätten." Dies ist theoretisch zwar möglich, in der Praxis aber kaum wahrscheinlich, da Zähler auch mehrere Jahre nach Ablauf der Eichfrist durchlaufende Wassermengen noch weitestgehend exakt bestimmen.
Laut Aussage von Johannes Lang, dem Amtsleiter der VG, könne man davon ausgehen, dass die vier betroffenen Kommunen die vor wenigen Tagen verschickten Bußgeldbescheide des LMG akzeptieren werden, "sowohl in der Höhe als auch dem Grund nach". Letztlich müsse dies aber jede Gemeinde für sich entscheiden, da diese auch für den Austausch der Wasserzähler – in der Regel geschieht dies durch Personal der jeweiligen Bauhöfe – selbst verantwortlich ist. Die VG sei für die Verwaltung ihrer Mitglieder zuständig, könne in deren Auftrag also zum Beispiel Wasserzähler bestellen.
Bürgermeister sieht auch Verantwortung bei Grundbesitzern
Für die am härtesten getroffene Gemeinde, Oberschwarzach, erklärt deren Bürgermeister, Manfred Schötz, dass er bereits "vorsorglich" Widerspruch gegen den Bußgeldbescheid eingelegt habe. Man bitte das LMG unter anderem, wenigstens die Wasserzähler mit Eichfrist 2019 aus der Bußgeld-Liste zu nehmen, da diese im Jahr 2020, mitten im ersten Corona-Chaos, zum Austausch angestanden hätten. Zudem erkennt Schötz, der sich im Gespräch betont vorsichtig ausdrückt, zumindest in einigen Fällen die Verantwortung für den versäumten Zähler-Tausch weniger bei der Gemeinde Oberschwarzach als bei den Besitzern der Grundstücke, wo die Zähler installiert sind. Er verweist in diesem Zusammenhang etwa auf Fälle, in denen Zähler an Orten eingebaut sind, wo diese nicht gefahrlos ausgetauscht werden könnten.
Gerolzhofens Bürgermeister Thorsten Wozniak hatte im Zusammenhang mit dem Einsatz ungeeichter Wasserzähler bereits früher Versäumnisse der Stadt eingestanden. Jetzt meint er: "Das ist ganz klar ein guter Lernprozess gewesen." Worauf er abzielt, sind verbesserte interne Abläufe, die künftig verhindern sollen, dass sich der Zähler-Tausch nochmals über längere Zeit verzögert. Beispielsweise würden den Grundbesitzern gegenüber jetzt klare Fristen kommuniziert, binnen deren verbindliche Termine zum Zähler-Tausch vereinbart werden müssen, sollten Mitarbeiter der Stadt die Verantwortlichen nicht zuhause antreffen oder von diesen nicht eingelassen werden. Zwischenzeitlich seien auch alle ungeeichten Wasseruhren ersetzt worden und man sei mit dem Tausch der in diesem Jahr anstehenden Zähler "auf dem Laufenden".
Zahl der aufgedeckten Fälle ist außergewöhnlich
Angesprochen auf eine Einordnung der aufgedeckten insgesamt 180 Fälle nicht geeichter Wasserzähler im Bereich der VG Gerolzhofen, ist es Schulze Wessel von der LMG wichtig, hier nichts zu "dramatisieren", wie er es ausdrückt. Dennoch handelt es sich bei den hier festgestellten Unregelmäßigkeiten um einen außergewöhnlichen Vorgang. Dies wird allein mit Blick auf die Zahl der im vergangenen Jahr dem LMG in ganz Bayern insgesamt bekannt gewordenen Fälle, in denen ungeeichte Wasserzähler betrieben wurden, deutlich. Denn hier ahndete das LMG zusammengerechnet nur 654 Verstöße.
Nach Angaben des stellvertretenden LMG-Leiters variiere diese Zahl von Jahr zu Jahr allerdings "sehr stark". Er erklärt dies wie folgt: "Da Versorgungmessgeräte im Regelfall in Wohnräumen verbaut sind, kann das Landesamt in diesem Bereich nur aufgrund von Beschwerden und/oder Hinweisen Dritter tätig werden." Insoweit war die im Bereich der VG Gerolzhofen durchgeführte Prüfung aus Sicht des LMG ein Glückstreffer – aber alles andere als einzigartig. Andernorts dürften verwendete ungeeichte Wasserzähler bisher nur unentdeckt geblieben sein.