Den 20. September werden die Arbeiter im Container-Verladeterminal am Schweinfurter Hauptbahnhof so schnell nicht vergessen. Bei Verladearbeiten auf dem Gelände der Firma Translog stieß ein 48 Tonnen schwerer Container-Stapler gegen das Bauwerk des Fußgängerstegs über den Hauptbahnhof auf der Südseite direkt am Treppenabgang zur Ernst-Sachs-Straße. Menschen kamen zum Glück nicht zu Schaden, das Bauwerk aber ist nachhaltig zerstört. Das erklärte Tiefbauamtsleiter Christian Meckel kürzlich im Stadtrat.
Der Unfall war bisher in der Öffentlichkeit nicht bekannt, da er auch von der Polizei nicht gemeldet worden war. Vor Ort waren damals auch Kräfte der Schweinfurter Feuerwehr, Brückenbauingenieure, Mitarbeitende der Stadt sowie Vertreter der Deutschen Bahn.
Für die Öffentlichkeit ist der Fußgängersteg gleichwohl seit Jahren gesperrt, da er aufgrund verschiedener Schäden nicht mehr tragfähig genug ist. Früher wurde der Steg von mehreren hundert Personen am Tag genutzt, die mit dem Zug zur Arbeit pendelten und vom Hauptbahnhof aus über den Steg schnell in die Ernst-Sachs-Straße kamen, zum Werk Nord von ZF und zum Werk 2 von SKF.

Steg am Treppenauflager um gut drei Meter verschoben
Durch den Zusammenstoß mit dem Stapler wurde laut Christian Meckel der Steg am Treppenauflager zunächst um rund drei Meter verschoben. Deutlich zu sehen ist auf Bildern die s-förmige Verformung des Steges.
Als Sofortmaßnahme, so Meckel, wurden der Steg zum einen so weit wie möglich zurück in die Ausgangslage geschoben und zwei Übersee-Container als Stützen darunter gestellt. So ist zumindest die "Verkehrssicherheit wieder hergestellt", versicherte Meckel. Es wurden deutlich markierte Begrenzungen aus Beton auf der Straße unter dem Steg aufgestellt.

Christian Meckel erklärt, als nächster Schritt müssten die im Fußgängersteg vorhandenen Leitungen verlegt werden. Er hält das Stahlgebilde für "irreversibel geschädigt", insbesondere auf den 70 Metern des an dieser Stelle niedrigeren Teils des Übergangs, der nicht mehr über die elektrifizierten Gleise führt, sondern über den Bereich des Container-Terminals.
Der nächste Schritt ist nun, dass ein Gutachter der Versicherung sich den Schaden vor Ort anschaut. Die Stadt geht davon aus, dass die Betriebshaftpflicht des Terminal-Betreibers einspringen wird. Allerdings stellen sich angesichts der bisherigen Diskussion über die Zukunft des Fußgängerstegs interessante Fragen: Die erste ist, ob der Steg an dieser Stelle grundsätzlich aus technischer Sicht wiederhergestellt werden kann oder so kaputt ist, dass nur noch der Abriss bleibt. Doch was ist dann mit dem Rest der Brücke? Insbesondere mit dem Teil, der über die elektrischen Leitungen entlang der zehn Gleise der Deutschen Bahn bis zur Hauptbahnhofstraße führt?

Die Stadt hatte den Steg 2021 geschlossen, als man feststellte, dass an der Konstruktion so große Schäden sind, dass die Verkehrssicherheit nicht mehr gewährleistet ist. Die Proteste dagegen waren groß: bei der Industrie, in der Opposition im Stadtrat. Doch an der Situation hat sich auch gut drei Jahre später nichts geändert, sie ist nicht nur durch den Unfall jetzt eher noch komplizierter geworden.
Im Herbst 2022 hatte Oberbürgermeister Sebastian Remelé (CSU) vorgeschlagen, den 1957 erbauten Steg einfach abzureißen. 500.000 Euro sollte das kosten. Doch mit dieser Idee setzte er eine weitere Protestwelle in Gang: Im Herbst vergangenen Jahres hatte die IG Metall dem OB im Rathaus eine Liste mit 7000 Unterschriften übergeben von Menschen, die den Erhalt des Stegs und die Wiedereröffnung fordern. Der Stadtrat hatte ein Jahr vorher entschieden, dass nochmal ein Gutachten erstellt wird, das alle Varianten der Sanierung und des Abrisses gegenüberstellt. Insbesondere SPD, Linke und Grüne setzten sich für den Erhalt und die Sanierung ein.

Grundstückseigentümer an den Treppenanlagen verweigern Stadt den Zugang
Im Juli 2024 gab es im Bauausschuss wieder schlechte Nachrichten: Der Sachstand ist, dass die Stadtverwaltung und vor allem das Liegenschaftsreferat von Finanz- und Liegenschaftsreferentin Anna Barbara Keck die vergangenen Monate mit rechtlichen Prüfungen und mehreren Gesprächen mit den Grundstückseigentümern verbracht hat.
Das Problem ist nämlich, dass die Stadt weder von der Ernst-Sachs-Straße aus noch von der Hauptbahnhofstraße über eigene Grundstücke an den Steg herankommt. Auf der Seite des Containerbahnhofs ist es ein Privatbesitzer, auf der anderen Seite die Deutsche Bahn. Und beide Eigentümer verweigern der Stadt den Zugang. Tiefbauamtsleiter Christian Meckel erklärte damals in der Sitzung, "dass wir den Steg in dieser Lage nicht rechtssicher in Betrieb nehmen können".
Ob die vom Bauausschuss noch ein letztes Mal in Auftrag gegebenen Gespräche mit den störrischen Eigentümern mit dem Bemühen um eine Lösung sich nun anders gestalten nach dem Unfall, ist offen. Im Herbst soll es in der nicht-öffentlichen Sitzung des Liegenschaftsausschusses neue Informationen geben.