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Schweinfurt: Verbot des Kükentötens betrifft auch Tiere im Schweinfurter Wildpark

Schweinfurt

Verbot des Kükentötens betrifft auch Tiere im Schweinfurter Wildpark

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    Amanda, ein Bartkauz, stärkt sich mit der Küken-Kost.
    Amanda, ein Bartkauz, stärkt sich mit der Küken-Kost. Foto: Helmut Glauch

    Seit 1. Januar  ist das Kükentöten in Deutschland verboten. Mehr als 40 Millionen Küken wurden bisher in Deutschland pro Jahr kurz nach dem Schlüpfen getötet. Es waren männliche Küken, denn sie legen keine Eier und lassen sich nicht so effektiv wie weibliche Küken mästen. 

    Für die Eulen, Greifvögel, Störche, Gänsegeier und Luchse im Wildpark Schweinfurt sind diese toten Küken aber wichtig, denn sie gehören zur täglichen Küken-Mahlzeit. Für diese Tiere sind Eintagsküken keine "Wegwerfware", sondern Nahrung. Auch in freier Wildbahn gehen sie auf die Jagd nach kleinen Nagern und Jungvögeln und plündern Vogelnester. "Wir würden unsere Schützlinge gerne zu Vegetariern umgewöhnen, aber Eulen und Greifvögel fressen nun mal keinen Salat", meint Thomas Leier, Leiter des Schweinfurter Wildparks an den Eichen.    

    "Wir haben einen Jahresbedarf von etwa 30 000 Küken, für sechs Tierarten", so der Förster und Betriebswirt. Während für die genannten Vogelarten Küken täglich auf der Speisekarte stehen, bekommen die Luchse nur ab und an mal eins kredenzt. "Da werden die Entwurmungstabletten drin versteckt, außerdem ist ein Küken für den Luchs so, wie eine Süßigkeit für uns Menschen", weiß dazu Tierpflegerin Nicole Metzger.

    Für die Luchse ist ein Küken so, wie eine Süßigkeit für uns Menschen  

    Tierpflegerin Nicole Metzger 

    Die Küken-Kost bezeichnet Leier als ideal für fleischfressende Vögel, denn darin sei alles, was sie brauchen – neben dem Fleisch auch zarte Federn, Knorpel, Horn und weiche Knochen. "Der Eidotter, der noch in den Eintagsküken ist, liefert hochwertiges Eiweiß". Zusammen ein Mix, der es den Vögeln möglich macht, die für sie typischen Speiballen (Gewölle) zu produzieren, mit denen sie unverdauliche Nahrungsreste ausstoßen. Eine Auffassung, die nicht nur Greifvogel-Experten, sondern auch zum Beispiel Zoodirektoren teilen, die nach dem Wegfall der Eintagsküken vor der Frage stehen "Wie und mit was weiter füttern?"   

    Noch einige tausend Küken Restbestand 

    Deutschland ist das einzige Land in Europa, in dem das Kükentöten nun verboten ist. Bei der Beschaffung der gewohnten Kost für ihre Schützlinge müssen Zoo-Verantwortliche ihre Fühler ins Ausland ausstrecken, um von dort Eintagsküken zu importieren. So weit ist man im Wildpark noch nicht. "Wir haben immer noch etwa 5000 Küken Restbestand, was gut zwei Monate reichen wird", so Leier.

    Weil der Wildpark nicht nur Küken, sondern auch etwa 2000 Kilogramm Rindfleisch braucht, bezieht er seinen Bedarf seit Jahrzehnten über einen Großhändler, der sich auf "Fleisch für Zootiere" spezialisiert hat. Von dort habe der Wildpark signalisiert bekommen, dass Küken weiter geliefert werden können, dann aber als mutmaßlich teurerer Import aus Ländern wie Frankreich, der Schweiz oder Spanien. Das macht die "Klimabilanz der Futterbeschaffung" natürlich nicht besser.    

    Artgerechte Haltung ist ein hoher Anspruch für den Schweinfurter Wildpark. Dazu gehört auch, dass die Küken nicht einfach in Futterschüsseln geworfen, sondern zum Beispiel wie hier auf Ästen abgelegt werden, damit die Greifvögel eine artgerechte Beschäftigung haben. Hier bestückt Tierpflegerin Nicole Metzger einen "Futterbaum". 
    Artgerechte Haltung ist ein hoher Anspruch für den Schweinfurter Wildpark. Dazu gehört auch, dass die Küken nicht einfach in Futterschüsseln geworfen, sondern zum Beispiel wie hier auf Ästen abgelegt werden, damit die Greifvögel eine artgerechte Beschäftigung haben. Hier bestückt Tierpflegerin Nicole Metzger einen "Futterbaum".  Foto: Helmut Glauch

    Als Alternative zum Küken-Füttern hört man öfters "Mäuse züchten". "Wir könnten das gar nicht", so Thomas Leier. Abgesehen davon, dass so eine Mäusezucht aufwendig ist und unter veterinäramtlicher Aufsicht zu erfolgen hätte, wäre eine Maus erst nach etwa drei Wochen Lebenszeit zu verfüttern. Außerdem bräuchte es gut zwei Mäuse, um ein Küken zu ersetzen.

    Auf etwa 20 Millionen Eintagsküken schätzt Leier den jährlichen Bedarf deutscher Zoos und Greifvogelstationen. Diesen immensen Bedarf könne man, abgesehen von der ethischen Bewertung solcher Mäusezuchten, nicht einfach auf Kleinnager umstellen. Auch so eine Mausfutterproduktion, befürchtet Leier, könnte sich in Länder verlagern, die dies billiger können, als Deutschland.     

    Das Thema ist komplex, über allem aber steht für den Wildpark-Chef der Anspruch, die Tiere artgerecht zu halten. "Wir beziehen jetzt erstmal weiterhin von unserem Futtermittelhändler Küken, wenn der irgendwann sagt, dass er keine mehr bekommt, dann gehen wir auf Alternativen", so Leier. Auch die Hoffnung, dass die Politik das Gesetz im Sinne von Zoos und Wildparks nachschärft und ermöglicht, dass man solche Einrichtungen mit Küken versorgen darf, hat Leier noch nicht aufgegeben.

    Landratsamt: Zucht anderer Tiere als Futterersatz ist keine Alternative 

    "Für hiesige Tierbestände, die auf die Verfütterung von Eintagsküken angewiesen sind, fallen weiterhin Küken aus anderen EU-Ländern an, in denen das Kükentöten gesetzlich nicht verboten ist. Diese Küken dürfen in Deutschland weiterhin verfüttert werden", antwortet Melina Bosbach, Pressesprecherin des Landratsamtes, in dem auch das Veterinäramt zu finden ist, auf Anfrage zu diesem Thema. Neben Deutschland gebe es in der EU auch in Österreich ein Verbot für das Töten von Eintagsküken, dort sei das Töten zu Fütterungszwecken jedoch aktuell erlaubt. In Frankreich sei geplant, das Kükentöten ab 2023 zu verbieten, in anderen EU-Ländern sei bislang kein Verbot des Kükentötens geplant.

    Hier befüllt Tierpflegerin Nicole Metzger den  Futtertrog für die Störche mit einer Mischung aus Rindfleischstückchen und Küken. Auf den Kübel kommt dann noch eine Platte mit einem kleineren Loch in der Mitte, damit die Krähen nicht zum "Futterklauen" kommen. Für die Störche ist das aber kein Problem, die kommen mit ihrem langen Schnabel locker bis auf den Boden des Eimers.    
    Hier befüllt Tierpflegerin Nicole Metzger den  Futtertrog für die Störche mit einer Mischung aus Rindfleischstückchen und Küken. Auf den Kübel kommt dann noch eine Platte mit einem kleineren Loch in der Mitte, damit die Krähen nicht zum "Futterklauen" kommen. Für die Störche ist das aber kein Problem, die kommen mit ihrem langen Schnabel locker bis auf den Boden des Eimers.     Foto: Helmut Glauch

    Mit dem Verbot der Kükentötung hatte die Bundesregierung auf ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts reagiert, das im Juni 2019 entschieden hatte, dass die Tötung männlicher Küken nur noch übergangsweise zulässig ist. Besser ist dadurch die Perspektive für Hähne nicht geworden, denn nun, so der Plan, sollen männliche Hühner im Embryo-Stadium im Ei erkannt und abgetötet werden. Auch das ist umstritten, denn ab einem gewissen Zeitpunkt gilt ein Embryo im Ei als schmerzempfindlich.     

    Das ist nicht schön, aber kaum vermeidbar, solange Hühnerfleisch und Eier von den Verbrauchern in Massen und möglichst günstig nachgefragt werden. Gesündere und robustere Hühnerrassen, sogenannte Zweinutzungshühner, die für die Eier- und die Fleischerzeugung geeignet sind, wären ein Weg aus diesem Dilemma. Rassen, bei denen sich auch die Aufzucht und Vermarktung der sogenannten "Bruderhähne" rechnet.

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