Der Anblick hat Landwirt Adrian Reuß entsetzt: Unweit seines Aussiedlerhofes bei Ettleben quoll aus einem Abwasserschacht am Feldrand gelb-braune Brühe und ergoss sich in den daneben verlaufenden Bach. "Da war alles drin, vom Kondom bis zur Windel", sagt der junge Landwirt. Seiner schnellen Reaktion ist es zu verdanken, dass kein größerer Schaden an Natur und Gewässer entstanden ist. Denn der aus Stettbach kommende Lachgraben, so heißt der Bach, fließt Richtung Ettleben durch zwei Wasserschutzgebiete der Zone 3 und 2 und mündet schließlich in der Wern.
"Es hat keine stärkere Gewässerbeeinträchtigung gegeben", versichert Birgit Imhof, die Leiterin des Wasserwirtschaftsamtes Bad Kissingen, auf Nachfrage dieser Redaktion. Der behördliche Flussmeister habe Messungen in der Wern vorgenommen und keinen Schaden durch das unkontrolliert eingeflossene Abwasser feststellen können.

Der Vorfall ereignete sich einen Tag vor Silvester, am frühen Nachmittag. Ein Spaziergänger hatte das überquellende Abwasser aus dem Kanalschacht am Ortsrand von Ettleben entdeckt. Weil er glaubte, es handele sich um einen Rohrbruch der Wasserleitung des in der Nähe liegenden Aussiedlerhofs Reuß, informierte er den Landwirt. Dieser erkannte schnell, dass nicht seine private Wasserleitung, sondern der gemeindliche Abwasserkanal einen Defekt hatte. Er war verstopf und lief über. Das Schmutzwasser drückte sich über den Kanaldeckel heraus und floss in den daneben verlaufenden Bach.
Feuerwehr errichtete Bachsperre aus Holz
Jetzt war schnelles Handeln geboten. Doch wer ist zuständig? Reuß versuchte telefonisch Gemeinde, Wasserwirtschaftsamt und Wasserschutzpolizei zu erreichen, was am Freitagnachmittag vor Silvester wenig erfolgreich war. Schließlich machte er das einzig Richtige: Er alarmierte die Integrierte Leitstelle Schweinfurt (ILS), die Koordinierungsstelle für Rettungseinsätze und technische Hilfeleistungen ist. Die ILS setzte sofort die Feuerwehr Werneck in Bewegung und verständigte die zuständigen Behörden.
Die Feuerwehrleute errichteten sofort eine provisorische Bachsperre aus Holz, um die groben Verschmutzungen aus dem Abwasser abzufangen. Inzwischen waren auch die Vertreter von Wasserschutzpolizei, Wasserwirtschaftsamt und Gemeinde vor Ort. Auch ein Kanalreinigungsunternehmen war geordert worden. Dessen Arbeiter spülte noch am gleichen Tag den Abwasserkanal durch und konnte so die Verstopfung beseitigen. Das Schmutzwasser konnte wieder normal abfließen. Die Sperre verblieb sicherheitshalber aber vor Ort.
Eingewachsenes Wurzelwerk hat den Kanal verstopft
"Wir hatten Glück im Unglück", ist Bürgermeister Sebastian Hauck froh, dass kein Umweltschaden entstanden ist, und dankbar für die schnelle Reaktion des Landwirts. Inzwischen ist auch die Ursache für die Verstopfung des Kanals gefunden. Eingewachsenes Wurzelwerk habe den Durchfluss verengt, sagt Bürgermeister Sebastian Hauck. Aufgrund der starken Regenfälle in den Tagen davor war der Durchfluss dann so hoch, dass der verengte Kanal das Abwasser nicht mehr fassen konnte. Es drückte sich über den Schacht nach oben und verteilte sich breitflächig über den Wegrand in den Bach.
Die gemeindlichen Bauhofmitarbeiter haben inzwischen das Wurzelwerk aus dem Kanal gefräst. "Das Abwasser kann jetzt wieder völlig normal durchlaufen", sagt der Bürgermeister. Weitere Maßnahmen werden nun mit dem Wasserwirtschaftsamt Bad Kissingen abgesprochen. So soll noch eine Kamerabefahrung erfolgen, um möglichen Sanierungsbedarf zu ermitteln.
Integrierte Leitstelle SchweinfurtOb Großbrand, medizinischer Notfall, Hochwasser oder technische Hilfeleistung – der richtige Ansprechpartner ist in solchen Fällen die Integrierte Leitstelle (ILS) Schweinfurt. Sie alarmiert und koordiniert die Einsatz- und Rettungskräfte und ist telefonisch immer über die 112 erreichbar. Die ILS ist für den kompletten Rettungsdienst und mehr als 500 Feuerwehren in der Region Main-Rhön zuständig.Die Integrierte Leitstelle wird durch das Bayerische Rote Kreuz (BRK) betrieben. Das Gebiet umfasst die Stadt Schweinfurt sowie die Landkreise Bad Kissingen, Haßberge, Schweinfurt und Rhön-Grabfeld. In den vergangenen zehn Jahren wurden knapp 1,9 Millionen Anrufe entgegen genommen. Aus diesen entstanden unter anderem über 800.000 Rettungsdiensteinsätze und mehr als 45.000 Feuerwehreinsätze.In der Integrierten Leitstelle Schweinfurt stehen rund um die Uhr bis zu sieben Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dafür bereit, eingehende Notrufe aufzunehmen und die Einsatzkräfte von Feuerwehr und Rettungsdienst zu alarmieren.Quelle: Landratsamt Schweinfurt