Uschi Flacke versteht es, ihr Publikum zu fesseln. Die jungen Leute aus dem Gerolzhöfer Gymnasium, die zu ihrer Lesung in die Stadtbibliothek gekommen sind, hängen förmlich an ihren Lippen. Es sind nicht nur die von der Jugendbuchautorin und Kabarettistin in ihren Geschichten und Romanen zu neuem Leben erweckten historischen Figuren, die ihre Wirkung nicht verfehlen. Es sind vielmehr die immer wieder eingestreuten Anekdoten aus ihrer eigenen Biografie und die zu den in der Vergangenheit liegenden Ereignissen in ihren Büchern hergestellten aktuellen Bezüge, die ihren Vortrag so spannend machen.
Etwa, wenn die Jugendlichen mit modernen Formen der Hysterie, Diffamierung und Denunziation während der Hexenverfolgung im Mittelalter konfrontiert werden, dem Cyber-Mobbing oder der in vielen Ländern immer noch praktizierten Folter. In diesem Moment erscheint diese dunkle Kapitel der Geschichte im Allgemeinen und der Stadt Gerolzhofen im Besonderen in einem für die Acht- und Neuntklässler verständlichen und begreifbaren Licht.
In Gerolzhofen als einem der Hauptgerichtsplätze im Bistum Würzburg waren von 1615 bis 1619 unter Fürstbischof Adolf von Ehrenberg 261 weibliche, aber auch männliche Hexen auf dem Scheiterhaufen am Schießwasen bei lebendigem Leib verbrannt worden. Viele hatten schon vor ihrer Verurteilung die Folgen der unmenschlichen Folter und Marter mit den grausamsten Instrumenten im Hexenturm und Centgefängnis nicht überlebt.
Uschi Flacke bricht diese schlimme Zeit der Hexenverfolgung in den beiden Lesungen vor den Acht- und anschließend dann auch vor den Neuntklässlern der Gerolzhöfer Gymnasiums-Außenstelle des Franken-Landschulheims Schloss Gaibach am Beispiel der „Hexenkinder von Seulberg“ herunter und zeigt, wie erwähnt, auf, wie das, was damals geschah, sich heute nur unter anderen Vorzeichen wiederholt.
Die ihrem jüngsten Buch zugrunde liegende authentische Geschichte spielt im Frühjahr 1652. Gerade erholt sich das Dorf Seulberg von den Schrecken des 30-jährigen Krieges, als neues Unheil droht. Kinder berichten von Hexerei und Teufelswerk, das sie angeblich gesehen haben. Der Pfarrer holt sie zu sich ins Pfarrhaus und legt Protokolle von ihren Aussagen an.
Zur gleichen Zeit stirbt ein Enkel der Landesfürstin Margarethe Elisabeth. Sollten sich tatsächlich schwarze Mächte des Landes bemächtigt haben? Die Landesfürstin lässt die Kinder von Seulberg verhören. Schon werden die ersten Frauen verhaftet, gefoltert und auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Die Hexenverfolgung zieht Kreise. Durch Falschaussagen der kleinen Kinder, die Angst vor Pfarrer und Lehrer haben, werden immer mehr Menschen der Hexerei beschuldigt, verhaftet und hingerichtet. Womit die Kinder aber nicht gerechnet haben: Bald sind unter den Opfern Familienmitglieder, sogar Eltern. Ein Teufelskreis, den Flacke in enger Anlehnung an die historischen Tatsachen aus Sicht der 14-jährigen Johanna beschreibt. Uschi Flacke schreibt, liest und erzählt anschaulich und packend. Und sie macht den Jugendlichen Mut, sich auszuprobieren: „Jeder hat ein dickes Schatzkästchen mit 100 Talenten in sich.“
Uschi Flacke
Autorin und Kabarettistin Die Autorin für Kinder-, Sach- und Kriminalbücher sowie Kabarettistin ist äußerst vielseitig. „Die Hexenkinder von Seulberg“, aus dem sie jetzt in Gerolzhofen las, ist inzwischen ihr 50. Kinder- und Jugendbuch.
Daneben hat sie Solokabaretts und Kindermusicals verfasst, eigene LPs veröffentlicht, im Fernsehen und Rundfunk als Autorin an zahlreichen Serien und Programmen mitgearbeitet und auch selbst vor der Kamera in Satireproduktionen, Revuen und Spielfilmen wie etwa dem „Tatort“ gestanden.
Hinzu kommt eine ganze Reihe von Drehbüchern fürs Fernsehen, darunter für „Schloss Einstein“ und die ARD-Jugendserie „Die Pfefferkörner“. Auch Songs und Geschichten für „Die Sendung mit der Maus“ stammen aus ihrer Feder.
Geboren wurde Uschi Flacke 1949 in Lippstadt. Heute lebt und wohnt sie in einem kleinen Ortsteil der Stadt Weilrod in Hessen. Text: novo