Was sich im Gerichtssaal hinter verschlossenen Türen im nicht-öffentlichen Teil des Verfahrens gegen zwei junge Männer abgespielt hat, lässt sich nach dem Urteil nur erahnen. Es gab offenbar eine Wendung in dem Verfahren gegen die Angeklagten, 28 und 21 Jahre alt, die dazu führte, dass die 1. Große Jugendkammer sie der Vergewaltigung, des (gemeinschaftlichen) sexuellen Missbrauchs und der vorsätzlichen Körperverletzung freigesprochen hat.
Denn die ursprünglichen Vorwürfe der Staatsanwaltschaft hatten schwer gewogen: Der 28-Jährige soll Mitte Juni 2023 in die Wohnung des Vaters einer 15-Jährigen im Landkreis Schweinfurt gegangen sein und die Jugendliche dort vergewaltigt und geschlagen haben. Außerdem soll er Fotos und Videos davon angefertigt haben. Diese Dateien soll er zu einem späteren Zeitpunkt dafür genutzt haben, das Mädchen zu erpressen. Er habe mit einer Veröffentlichung gedroht, wenn sie nicht mit ihm und seinem Kumpel – dem 21-Jährigen – Sex haben würde. Beide Männer sollen gewusst haben, dass sie minderjährig ist.
Keine Dateien auf dem Handy des 28-Jährigen gefunden
Hinter verschlossenen Türen fand die Aussage des Mädchens am Landgericht Schweinfurt statt – und die zeichnete ein anderes Bild des Ablaufs: Das Gericht geht in seiner Urteilsbegründung davon aus, dass der Sex mit dem 28-Jährigen freiwillig gewesen sei. Dies habe sie "nach sehr viel Aufruhr" vor Gericht zugegeben. "Damit kann er nicht wegen einer Vergewaltigung verurteilt werden", begründete die Richterin die Entscheidung. Dateien der mutmaßlichen Tat seien auf dem Handy des 28-Jährigen nicht gefunden worden, hatte ein Polizeibeamter zuvor ausgesagt.
Anders als bei dem 21-Jährigen: Auf seinem Handy fanden die Beamten entsprechende Dateien. Und dass er diese angefertigt hat, räumte der Angeklagte auch im Laufe des Verfahrens ein. Allerdings nur, weil sein Kumpel, der das abstritt, ihn dazu aufgefordert hatte. Und was die sexuellen Handlungen zwischen dem 21-Jährigen und dem Mädchen angeht? "Wir wissen nicht, was sie gesagt hat, als er an sie herangetreten ist", sagte die Richterin. "Wie und ob sie ihm eindeutig gesagt hat, dass sie das nicht möchte."

Die Richterin sprach auch direkt zu der 15-Jährigen, die als Nebenklägerin mit im Saal war. Versuchte ihr zu erklären, wie es zu der Entscheidung gekommen war. Das schriftliche Urteil könne – wenn Rechtsmittel eingelegt würden – vom Bundesgerichtshof überprüft werden. Und für diesen reiche es nicht, zu sagen: "Er nahm sich, was er wollte" oder "dann hat er schlimme Sachen gemacht". In dem Verfahren hätten "extrem viele Beteiligte die Wahrheit extrem frei ausgelegt", sagte die Richterin. Es gebe verschiedene Varianten, wie es gewesen sein soll. Die Richterin betonte aber auch: "Wir sagen nicht, dass sie sich in dem Punkt Blödsinn ausgedacht hat."
Anfertigung des Videos bleibt erst einmal ungestraft
Die Staatsanwaltschaft hatte für den 28-Jährigen einen Freispruch beantragt, für den 21-Jährigen eine Verurteilung wegen des Herstellens und Besitzes jugendpornografischer Schriften zu einer Geldstrafe von 800 Euro. Die beiden Verteidiger der Angeklagten hatten auf einen Freispruch plädiert, die Nebenklage-Vertreterin auf eine Verurteilung.
Die Kammer folgte – was den 28-Jährigen anging – den Forderungen von Staatsanwaltschaft und Verteidigung. Für seinen achtmonatigen Haftaufenthalt soll er entschädigt werden. Was den 21-Jährigen und das von ihm angefertigte Video anging, konnte das Gericht der Staatsanwaltschaft nicht folgen, da die genannten Tatbestände – das Herstellen und der Besitz jugendpornografischer Schriften – nicht Teil der Anklageschrift seien, so die Begründung.
Die Vorsitzende richtete das Wort noch an die beiden jungen Männer: "Beide Angeklagten sollten sich eindringlich vor Augen führen, was für eine miese Aktion das war." Bei einem Freispruch haben sie keine Rechtsmittel zur Verfügung, Staatsanwaltschaft und Nebenklage können noch gegen das Urteil vorgehen.