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HAUSEN/WÜRZBURG: Wann ist ein Biergarten ein Biergarten?

HAUSEN/WÜRZBURG

Wann ist ein Biergarten ein Biergarten?

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    Biergarten oder nicht? Ulrich Martin (Mitte) und alle seine Gäste sind davon überzeugt.
    Biergarten oder nicht? Ulrich Martin (Mitte) und alle seine Gäste sind davon überzeugt. Foto: Foto: Hannes Helferich

    Als der Hausener Brauer Ulrich Martin den Sitzungssaal 2 im Verwaltungsgericht Würzburg am Mittwoch betrat, war er voller Zuversicht, dass der Biergarten hinter seiner Brauerei im Schonunger Ortsteil Hausen – statt wie bisher bis 22 Uhr – künftig eine Stunde länger geöffnet ist. Als er den Saal 40 Minuten später verließ, war zu seinem Bedauern klar, dass es in dieser Sommer-Saison unter freiem Himmel beim Ausschank-Schluss um 21.45 Uhr bleibt.

    Die Kernfrage im Rechtsstreit lautet: Wann ist ein Biergarten ein Biergarten? Die Antwort ist für jeden Biergarten-Betreiber bedeutend, weil sie ihm – bei Einhaltung der Immissionsrichtwerte – eine Ausschankzeit von 7 bis 23 Uhr sichert. So steht es zumindest in der „Bayerischen Biergartenverordnung“ vom 1. Mai 1999. In dieser Verordnung steht auch, welche Kriterien ein Ausschankbetrieb in der Nachbarschaft von Wohnbebauung erfüllen muss.

    Zwingend vorgeschrieben ist die „traditionelle Betriebsform". Dazu gehört unter anderem die Möglichkeit, auch die mitgebrachte Brotzeit verzehren zu können. Außerdem muss der Freiluft-Betrieb einen „Gartencharakter“ haben.

    Ulrich Martin sah diese Bedingungen als erfüllt an und wollte deshalb – auch auf Anregung vieler Gäste – statt bis 22 Uhr (wie seit 2007) den Biergarten nun bis 23 Uhr öffnen. Zunächst beschränkte er den Wunsch auf Freitag, Samstag und die Abende vor Feiertagen, später beantragte er das für alle Wochentage.

    Anders sehen das ein kurz nach der Biergarten-Eröffnung zugezogener Nachbar und das Landratsamt. Das versagte Martin auch die beantragte Verlängerung auf 23 Uhr. Die Behörde ist nämlich der Meinung, dass in Hausen das „Tatbestandsmerkmal des Gartencharakters“ nicht vorliegt. Im typischen Biergarten hätten Sonnenschirme, die Martin aufgestellt hat, üblicherweise keine Berechtigung. Die Bäume in richtigen Biergärten seien oft mehr als 100 Jahre alt und „entsprechend umfangreich“. Bestehende Defizite, wie bei Martin, könnten durch kleinere Anpflanzungen, wie geschehen, nur beschränkt kompensiert werden.

    Als weiteres, wesentliches Argument, dass es sich in Hausen um keinen Biergarten im Sinn der Biergartenverordnung handelt, sieht das Landratsamt die Sache mit den mitgebrachten Speisen. Bei Martin sei die Bewirtung draußen ausdrücklich vom Charakter der Speisewirtschaft geprägt. Der Garten müsse deshalb als deren Anhang verstanden werden, also keine „traditionelle Betriebsform“, folgert die Behörde.

    Und schließlich die Nachbarn: Wirtschaftliche Interessen eines Gastwirts könnten nicht dazu führen, nachbarschützende Bestimmungen auszuhebeln, zumal auch die Biergartenverordnung auf die besondere Beachtung der Nachtruhe hinweist. Sowohl bei der baurechtlichen wie bei der gaststättenrechtlichen Genehmigung des Biergartens 2007 beziehungsweise 2010 sei eine Begrenzung auf 22 Uhr aus diesem Grund festgelegt worden.

    Ulrich Martin ist demgegenüber überzeugt, dass sein Biergarten ein solcher ist. Zum einen, weil der, der seine Brotzeit mitbringt – also einen Rettich auspackt oder Wurst und Brot –, ein gerne gesehener Gast ist, solange er das hiesige Bier (oder etwas Alkoholfreies) trinkt. Als vielfach ausgezeichnete Brauerei habe er ein hohes Interesse am Bierabsatz des selbst gebrauten Gerstensaftes, nicht unbedingt am Verkauf der Speisen, argumentieren Martin und sein Anwalt Thomas Wolfrum.

    Thema Bäume: Die seien sowohl in den angrenzenden Flurstücken vorhanden und die Bäume, die neu gepflanzt wurden, hätten mittlerweile eine stattliche Höhe. Es könne nicht sein, dass der „Gartencharakter nur abstrakt am Alter der Bäume und an ihrer Größe gemessen wird“, sagt Martin. Eine solche Vorgabe sei sicher nicht im Sinn der Biergartenverordnung. Der Brauer und Wirt erinnert auch an ein Wort des Bayerischen Brauerbund-Präsidenten, gesprochen im Oktober 2012. Friedrich Düll habe dabei gerade den „Gartencharakter“ und die „traditionelle Betriebsform“ des Biergartens in Hausen hervorgehoben. Er sagt auch, dass viele Nachbarn hinter Brauerei und Biergarten stehen.

    Die Verhandlung in Würzburg endete überraschend schnell. Kläger-Anwalt Wolfrum war zweigleisig gefahren, weil der Antrag auf eine generelle Verlängerung der Betriebszeit auf 23 Uhr sowohl die einstmalige bau-, als auch die gaststättenrechtliche Genehmigung betrifft. Gaststättenrechtlich sollte über die Klage am Mittwoch verhandelt werden, aber im baurechtlichen Verfahren war die Antwort des Landratsamtes noch offen.

    Die wollte das Gericht aber wegen der „Bindungswirkung“ haben. Das Landratsamt will darüber bald entscheiden, erfuhr das Gericht. Wie die Entscheidung ausfällt, scheint klar. Oberregierungsrat Thomas Albert sagte jedenfalls, dass die Behörde auch baurechtlich wegen des Immissionsschutzes wohl zu keinem anderen Ergebnis kommen werde, also auf 22 Uhr beharren wird.

    Deshalb verwunderte auch, dass das Gericht einen Vorschlag Wolfrums nicht aufgriff. Weil alle „beieinander sitzen“, regte er an, jetzt über einen Kompromiss zu reden, der zum Beispiel eine 23-Uhr-Regelung nur für die Wochenenden und vor Feiertagen hätte sein können. Dazu kam es aber nicht. Das Gericht vertagte. Es gibt eine nächste Runde im Streit um den Biergarten, den viele Gäste als solchen ansehen.

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