Die Zeiten sind nicht einfach für Handwerk und Handel. Die Preise für Rohstoffe und Energie steigen stetig, das Angebot an Personal und besonders an Fachkräften bewegt sich in die andere Richtung. Das Mehl, Grundlage für alle Backwaren, ist wegen des russischen Angriffs auf das Weizenexportland Ukraine sehr viel teurer geworden. Auch wichtige Zutaten wie Öl, Butter, Sonnenblumenkerne, Mohn und Sesam sind knapper und teurer. Sogar für Obst, Inhalt vieler vor allem süßer Backwaren, muss mehr Geld auf den Tisch gelegt werden.
Das spüren die Kunden nicht nur an der Ladenkasse, sondern immer häufiger auch vor der Ladentüre, denn Öffnungszeiten werden reduziert oder Filialen müssen in Ausnahmefällen vorübergehend ganz geschlossen werden. So zum Beispiel eine Bäckerei-Filiale des "Höreder Beck" in der Schweinfurter Fußgängerzone, Ecke lange Zehnstraße/Kesslergasse. Dort stand jüngst der Hinweis an der Tür: "Diese Woche leider geschlossen."
Kein Einzelfall, auch wenn in den meisten Fällen Komplettschließungen vermieden werden können. Gerhard Götz, Obermeister der Bäckerinnung Schweinfurt-Haßberge, spricht von einem "Mix aus Personalmangel und stark steigenden Energiekosten", der derzeit dem Handwerk den goldenen Boden nimmt. Er hat sich im Kollegenkreis umgehört, wo hauptsächlich darüber geklagt wird, dass zu wenig Fachpersonal zur Verfügung steht. Auch bei ungelerntem Personal (Teilzeit, Minijobber) sehe es nicht besser aus. Viel Bäckerei-Personal sei in den zurückliegenden Pandemie-Jahren altersbedingt ausgeschieden, junge Leute kämen kaum nach. Dringend gesucht seien auch Fahrerinnen und Fahrer, die die Filialen beliefern.
Obermeister der Bäckerinnung: Hinten und vorne fehlt es an Personal
"Gas, Strom, Benzin, die Kosten dafür sind enorm gestiegen", nennt Götz einen weiteren Grund, warum in manchen Backstuben immer öfter die Lichter ausbleiben. Götz thematisiert auch einen möglichen Imageverlust des Bäckereihandwerks, der dazu geführt habe, dass es für junge Menschen mitunter nicht mehr so attraktiv sei, dort zu arbeiten. Ein Imageverlust, der seinen Worten zufolge inzwischen aber kaum noch Grundlage habe. Denn die Arbeitszeiten hätten sich angepasst. "Der Bäcker schafft nicht nur in der Nacht."

Der Umsatzrückgang sei ein weiterer Grund für reduzierte Öffnungszeiten. "Wenn zu wenig Umsatz da ist, muss die Ladenöffnungszeit angepasst werden", so Götz. "Die Leute gehen vor allem am Vormittag zum Bäcker, am Nachmittag wird viel weniger eingekauft als früher", so die Erfahrung von Gerhard Götz. In Zeiten, in denen alles teurer werde, sei für immer mehr Menschen der "Kompakteinkauf im Discounter" die Lösung. Dort biete man meist schon im Eingangsbereich Backwaren an, die aufgrund von Mischkalkulation für die ganze Produktpalette teils unter Preis verkauft würden, um Kundschaft in die Discounter ziehen. Götz hofft auf treue Kunden, "damit wir auch künftig noch beim Bäcker um die Ecke etwas anbieten können".
Kreishandwerksmeisterin: Politik muss die Bedeutung des Bäckerhandwerks besser würdigen
Nicht nur die jüngste Entwicklung, sondern auch Entscheidungen vergangener Jahre machten den Handwerksbetrieben zu schaffen, sagt Kreishandwerksmeisterin Margit Rosentritt. "Die elektronischen Kassensysteme, die Bonpflicht, Corona. Alles hat uns viel Geld gekostet", so die Schweinfurter Friseurmeisterin. Auch sie hat beobachtet, dass mit Beginn des Ukraine-Krieges die Zulieferfirmen der Bäcker ihre Preise vervielfacht hätten. Dazu kämen fehlendes Personal und die hohen Energiekosten. "Dass es hier zu Arbeitszeitverkürzungen, vermindertem Produktangebot und letztendlich auch zu Schließungen kommt, versteht jeder, der rechnen kann", so Rosentritt. Die Politik müsse die Bedeutung des Bäckerhandwerks besser verstehen und würdigen, "denn dort werden Mittel zum Leben für eine gesunde Ernährung hergestellt und nicht nur Füllmaterial".

Höreder Beck: Viele Krankmeldungen durch Corona und weniger Kunden im heißen Sommer
"Der Fachkräftemängel hat auch uns eingeholt. Das Bäckerhandwerk als Nahversorger von Backwaren und Lebensmitteln mit aufwändigem Personalbedarf trifft es besonders", äußert sich auch Andrea Wolf, Prokuristin beim Höreder Beck, also jener Bäckerei, die in der Schweinfurter Innenstadt derzeit eine ihrer Filialen geschlossen hat. Im Sommer seien die Ausfälle durch Corona-Krankheitsverläufe beim Personal erneut sehr hoch gewesen. Hinzu kam die beginnende Urlaubszeit. "Als Bäckerei-Filialist beschäftigen wir viele Mitarbeiterinnen mit Kindern, die in den Urlaubszeiten ihre Ferien planen. Als rücksichtsvoller Arbeitgeber können wir hier diese Mütter nicht zum Verschieben ihres Urlaubes bitten", begründet Andrea Wolf die vorübergehende Schließung, zumal gerade in der Innenstadt in der sehr langen heißen Sommerzeit eine entsprechend niedrige Kundenfrequenz festgestellt worden sei.
Wolf weist aber darauf hin, dass es in der Nähe am Roßmarkt eine zweite geöffnete Filiale gibt, in der sich Kunden mit Backwaren versorgen können. Sobald es die angespannte Personalsituation zulasse, werde Höreder Beck, der seinen Sitz im Haßfurter Stadtteil Oberhohenried hat, das Geschäft an der Ecke Kesslergasse wieder öffnen. Andrea Wolf: "Wir müssen, wie andere Bäcker auch, die aktuellen Ladenöffnungszeiten für unsere Höreder-Beck-Filialen ständig prüfen und eventuell anpassen."