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Schweinfurt: Warum die City-Buchhandlung ein Teil von Thalia wird

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Warum die City-Buchhandlung ein Teil von Thalia wird

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    Bücher sind wie Freunde und bringen Lebensfreude. Franziska Bickel mit dem Buch "der Fremde Deutsche" von Umeswaren Arunagirinathan, besser bekannt als Dr. Umes, der erst kürzlich eine beeindruckende Autorenlesung in der Buchhandlung Vogel hielt.
    Bücher sind wie Freunde und bringen Lebensfreude. Franziska Bickel mit dem Buch "der Fremde Deutsche" von Umeswaren Arunagirinathan, besser bekannt als Dr. Umes, der erst kürzlich eine beeindruckende Autorenlesung in der Buchhandlung Vogel hielt. Foto: Anand Anders

    Manchen Menschen ist buchstäblich in die Wiege gelegt, womit sie sich in ihrem Leben beschäftigen werden. Für Franziska Bickel gilt das nicht nur im Hinblick auf "in die Wiege gelegt", sondern auch noch für den Begriff "buchstäblich", denn Bücher sind ihr Leben. Schon der Großvater war in der Uni-Bibliothek in Würzburg tätig. Die Mutter war Buchhändlerin, die an ihrem Arbeitsplatz, der ehemaligen Rückert-Buchhandlung, ihren Mann, einen Lehrer und Bücherfreund, kennengelernt hat. Wenn es also so etwas wie eine genetische Vorbelastung für das Buch an sich gibt, bei Franziska Bickel wäre sie sicher nachzuweisen.  

    1987 den Weg in die Selbstständigkeit gewagt

    Die Ausbildung nach dem Abi – unschwer zu erraten, dass sie sich für den Beruf der Buchhändlerin entschied – führte sie zunächst in den Schwarzwald. München und Frankfurt waren weitere Stationen der jungen Fachfrau für Bücher. 1987 dann das Angebot, den kleinen, aber bestens etablierten Buchladen von Hanna Vogel, damals noch in der hohen Brückengasse, zu übernehmen.  Vogel hatte den Laden bereits 1956 gegründet, wollte sich, damals selbst schon 70, zur Ruhe setzen. Der Kontakt war zustande gekommen, weil Franziska Bickels Mutter eine Kollegin von Hanna Vogel war. 

    Die Räume wurden modernisiert, das Angebot wurde erweitert, die Säulen vor dem Haus erhielten ihren lange Jahre so markanten Türkis-Anstrich, aber der Name "Vogel Buchhandlung" blieb, auch als im Jahr 2001 nur ein paar Meter weiter direkt an den Roßmarkt umgezogen wurde. "Wir sind 50 Meter umgezogen und hatten 50 Prozent mehr Kunden", untermauert sie die Richtigkeit dieser Entscheidung. "Ich werde heute noch mitunter mit Frau Vogel angesprochen und höre auch auf den Namen", gesteht die mittlerweile 60-jährige Franziska Bickel lächelnd, ist das doch auch ein Zeichen für Kontinuität und Kundenbindung.     

    Ansprechpartner für alle Fragen des Lebens

    Am Roßmarkt, so ihre Erfahrung während der vergangenen 18 Jahre, ist man eben ganz nah dran am Puls der Stadt. "Wir sind hier Ansprechpartner für alle Fragen des Lebens, und das hat nicht immer was mit Büchern zu tun", meint sie schmunzelnd. Dennoch ist es der Anspruch des zwölfköpfigen Teams, "dass keiner  hier rausgehen muss, ohne dass sich jemand um ihn gekümmert hat".

    Gekümmert hat sich Franziska Bickel in all den Jahren nicht nur um die Kunden. Zusammenarbeit mit den Schulen zur Beschaffung der Schulbücher, Autorenlesungen, Veranstaltungen rund ums Buch, Möglichkeiten für die Online-Bücherbestellung schaffen – all das gehört zum Kerngeschäft einer guten Buchhandlung. Darüber hinaus ist Franziska Bickel seit 18 Jahren im Börsenverein des deutschen Buchhandels aktiv. Von 2003 bis 2018 war sie Mitglied in dessen Sortimenter-Ausschuss,  seit 2006 stellvertretende Vorsitzende. Seit deren Gründung 2007 setzt sich Bickel auch als Sprecherin und Vorsitzende der IG Pro für Branchenrationalisierung ein.

    Das "Stammhaus" der Buchhandlung Vogel war in der hohen Brückengasse. 2001 zog man an den nahen Roßmarkt. Rückblickend eine richtige Entscheidung, denn dort ist die Buchhandlung genau im Herzen Stadt. 
    Das "Stammhaus" der Buchhandlung Vogel war in der hohen Brückengasse. 2001 zog man an den nahen Roßmarkt. Rückblickend eine richtige Entscheidung, denn dort ist die Buchhandlung genau im Herzen Stadt.  Foto: Archiv Bickel

    Demnächst wird sie etwas mehr Zeit zum Lesen haben, denn die Buchhandlung Vogel gehört ab Juni zu Thalia, dem Branchenprimus im deutschsprachigen Sortimentsbuchhandel mit rund 300 Geschäften in Deutschland und Österreich.  "Ein seltsames Gefühl, dass diejenigen, die ein stückweit den kleinen Buchhändlern Probleme machen, nun den kleinen Buchhandel retten", räumt sie ein,  ist sich aber sicher, dass die Kunden weiter auf den Bücherladen am Roßmarkt setzen können. 

    Das vielseitige Kultur- und Veranstaltungsprogramm der Buchhandlung möchte Thalia beibehalten, das Geschäft mit Schulen und Institutionen vor Ort wird unverändert weitergeführt, die Mitarbeiterinnen werden übernommen, Gutscheine behalten ihre Gültigkeit, kurzum: alles geht so weiter wie bisher. Seit 2009 ist Thalia bereits mit einer Buchhandlung in der Stadtgalerie vertreten und wird künftig zweigleisig fahren, so Franziska Bickel.  Sie selbst bleibt für ein Jahr als Beraterin an Bord, will mithelfen den Filialübergang "geschmeidig" zu gestalten. Im Laden wird sie ab Juni aber nicht mehr anzutreffen sein.

    Man sollte kennen, was man verkauft

    Und was fängt eine Buchhändlerin mit mehr Freizeit an. Sie liest die Bücher, für die bisher keine Zeit war. "Zwischen Abendessen und Tagesthemen", skizziert sie ihre bisherige Lesezeit. Selbst lesen gehört sozusagen zum Geschäftskapital einer Buchhändlerin, denn "man kann nur gut verkaufen, was man selbst gelesen hat", so ihre Erfahrung. Und wenn man ein Buch kennt, dann kann man den Kunden auch einmal davon abraten, denn auch das gehöre zur objektiven Beratung.     

    Ansonsten ist sie sicher, dass das Buch noch lange nicht am Ende ist. "Kinder lesen wieder mehr, wollen in ihrer Freizeit nicht auch noch Technik, sondern auch mal Buchluft schnuppern", so ihre Erfahrung. Für jedes Wehwehchen, für alle Lebenslagen und jeden Trend gebe es heute jede Menge hilfreiche Bücher und auch eine Riesenauswahl an Belletristik. Kaum ist ein Trend geboren, der jüngste "Shinrin Yoku", finde man auch schnell die passenden Bücher dazu. Sie wissen nicht was "Shinrin Yoku" ist? Kein Problem. "Neudeutsch heißt das 'Waldbaden', in hiesigen Breiten würde man wohl eher 'ich gehe im Wald spazieren' sagen", so Bickel.  

    Unterm Strich gelte, auch wenn die Umsätze und Auflagen nicht mehr an die von einst herankommen: "Menschen suchen in  hektischer Zeit Ruhe im Buch, wollen ganz einfach abtauchen und ganz bei sich sein – und das gelingt immer noch am besten zwischen den Seiten eines spannenden oder entspannenden Buches."   

    Aus Kunden sind Freunde geworden

    Was bleibt sind die Erinnerungen an hervorragende Autorenlesungen zum Beispiel mit Rafik Schami oder Ingo Zamperoni. Zeit zum Lesen und  für die Familie ist die eine Seite, aber ein bisschen  Wehmut ist eben auch dabei, nach all den vielen aktiven Jahren im Buchladen. "Ich werde das alles schon vermissen und hoffe, dass mich manche Menschen auch ein wenig vermissen, denn aus vielen Kunden sind Freunde geworden." 

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