Der Soulman hat den Rock für sich entdeckt. Das soeben erschienene neue Album von Ron Spielman klingt anders als alle seine Vorgänger. "Lifeboat", das 16. Studioalbum, ist weniger Blues, Funk, Jazz oder Soul, sondern ganz handfester Rock. Spielman, 60, in Schweinfurt geboren und aufgewachsen, ist seit 40 Jahren im Geschäft. Seit rund 25 Jahren lebt er in Berlin, in Unterfranken hat er immer noch eine stabile Fangemeinde.
In regelmäßigen Abständen veröffentlicht der Songschreiber, Gitarrist und Sänger neue Musik. Solo oder mit Bands wie Spielman in Bad Company, seinem Trio oder mit der Berliner All-Star-Band B3. Für "Lifeboat" hat er seine Musik erstmals einem Produzenten anvertraut, dem jungen Griechen Charis Karantzas. Zwei Gitarren, Bass und Schlagzeug, so sieht die aktuelle Besetzung der Band aus. Sehr viel Gesang, kaum Gitarrensoli und kein Keyboard.
Der Umzug nach Berlin als beste Entscheidung seines Lebens
Erste Erfolge feierte Ron Spielman, Sohn eines Amerikaners und einer Deutschen, Ende der 80er Jahre mit seiner Band The Body & The Beat. Der Umzug nach Berlin sei die beste Entscheidung seines Lebens gewesen, sagt er. "Durch meine Musik habe ich so viele Leute kennengelernt, die mich in allen möglichen Projekten unterstützt haben. Solche Möglichkeiten hätten sich mir in Schweinfurt niemals geboten."

Sechs Jahre lang hat er im SAT1-Frühstücksfernsehen die Hausband geleitet und mit Leuten wie Bootsy Collins, Starkoch Jamie Oliver oder den Talenten der Casting-Show "The Voice Of Germany" gejammt. Er hat in der Band von Andreas Kümmert Gitarre gespielt oder für die US-Sängerin Shannon Callahan eine Band zusammengestellt und ihr Album produziert. Ein paar Jahre lang hat er mit dem Gitarristen Wolfgang Potschka an einer Wiedergeburt der Band Spliff gearbeitet, die sich aber dann zerschlug.
Inzwischen konzentriert er sich wieder voll auf seine eigene Musik. Reich geworden ist Ron Spielman, dessen Stimme immer wieder mit der von Sting verglichen wird, damit auch trotz viel Kritikerlobs nicht. Während der Pandemie ist er unter den Rettungsschirm der Bundesregierung für Künstler geschlüpft. Mit dem Programm "Neustart Kultur" hat er sich über Wasser gehalten. "Ich bin sehr zufrieden mit der jetzigen Situation, die allerdings nicht von Dauer ist. Das kann sich jederzeit ändern."
Er habe sich öfter in Traurigkeit oder in Panik gewälzt und daran gezweifelt, ob das alles gut sei, was er mache. Vielleicht hätte er anders mehr Erfolg gehabt, sagt er. Aber nun habe er keine Angst mehr, in Armut abzurutschen. "Erfolg ist für mich das, was ich bis jetzt erreicht habe."

Die Texte auf "Lifeboat" befassen sich mit allen menschlichen Lebensabschnitten und Abgründen. Geburt, Liebe, Tod, Suizid, Glück oder Freude. "Wäre es nicht superschön, in unserer aktuellen Zeit ein kleines Rettungsboot zu haben? Mit dem wir hinausfahren und alle Ängste und Sorgen über Bord werfen können? Wir fahren hinaus ins Unbekannte und lernen uns dadurch selbst kennen", kommentiert er den Albumtitel.
"Lifeboat" gibt es jetzt sogar auf CD und auf Vinyl. "Die Leute kommen zu meinen Konzerten und wollen eine Erinnerung mit nach Hause nehmen", erklärt der Musiker. "Es ist schon ein Unterschied, ob man ein Hörbuch hört oder man ein Buch in die Hand nehmen kann."
Seine festen Abende im Berliner Jazz-Club Quasimodo gibt es nicht mehr
2018 war mit "Tip Of My Tongue" das letzte Album auf Tonträger auf den Markt gekommen. Die Jahre bis zu "Lifeboat" hat Spielman mit digitalen Veröffentlichungen verbracht, die nur auf den Streaming-Plattformen erschienen sind. "The Rehearsal Sessions" (2019), "In A Nutshell" (2021) oder "No Bells, No Whistles" (2022). In Berlin veranstaltet er Privat-Sessions, zu denen er Leute einlädt, die einfach nur aus Freude miteinander spielen. "Ich liebe diese kreative Arbeit."
Seine festen Abende im renommierten Berliner Jazz-Club Quasimodo gibt es leider nicht mehr. Spielman war dort mehrere Jahre lang Host und hat sich prominente Musiker zum Jammen eingeladen. Jetzt gebe es unter neuer Leitung in dem Club keine Sessions mehr. 2Das ganze Programm hat sich eher zu einer touristischen Attraktion entwickelt."
Bis Ende des Jahres stehen noch einige Konzerte an, unter anderem in Dresden, Bielefeld und Hamburg. Auch nächstes Jahr möchte er so viele Shows wie möglich spielen. Schweinfurt wird definitiv dabei sein, verspricht Ron Spielman.