Schweinfurt (csc) Wer schon einmal eine richtige Grippe hatte, kennt das Gefühl: Schmerzen am ganzen Körper. Für Fibromyalgie-Patienten ist dies ein Zustand, der 365 Tage im Jahr anhält, 24 Stunden am Tag. Mit chronischem Schmerzsyndrom lässt sich der Begriff am besten übersetzen.
Wilfried Bieber und Annette Bäuerlein kommen jeden ersten Donnerstag im Monat zur Selbsthilfegruppe ins Pfarrheim der Schweinfurter Gemeinde St. Kilian, um über ihr Leben mit der Krankheit zu sprechen. Denn abgesehen vom Schmerz haben Fibromyalgie-Patienten noch ein weiteres Problem: Sie werden nicht ernst genommen. Simulant oder Hypochonder sind Begriffe, die sie nicht selten zu hören bekommen. Nicht nur von Bekannten. Auch Ärzte erkennen die Krankheit oft nicht.
"Es ist keine entzündliche Erkrankung und daher im Blut nicht nachweisbar", erklärt Annette Bäuerlein, selbst Betroffene. Trotzdem leiden die Erkrankten Schmerzen, für die es keine Erklärung zu geben scheint. Viele werden deshalb falsch behandelt und wandern von Arzt zu Arzt. Längst nicht alle werden zur notwendigen Schmerztherapie in die Klinik überwiesen.
Wer unablässig Schmerzen hat, wenig Schlaf findet und im schlimmsten Fall den Beruf aufgeben muss, wird oft auch unleidlich. "Die Erkrankung zieht häufig psychische Probleme wie Depressionen nach sich", erklärt Wilfried Bieber, Angehöriger einer an Fibromyalgie Erkrankten. Auch der Freundeskreis verändere sich, denn gesunden Menschen sei das Ausmaß der Beeinträchtigungen nur schwer verständlich zu machen.
In der Hauptsache seien Frauen von Fibromyalgie betroffen, sagt Annette Bäuerlein. Warum dem so ist, weiß niemand genau. Es wird vermutet, dass hormonelle Ursachen, aber auch Vererbung und das vor allem bei Frauen vorkommende "Helfersyndrom" eine Rolle spielen. Schätzungsweise zwei Millionen Menschen leiden allein in Deutschland unter den chronischen Schmerzen. Zu der Selbsthilfegruppe in Schweinfurt zählen rund 80 Betroffene, die sogar aus Bamberg, Würzburg und dem Steigerwald kommen.
Die Gruppe tauscht sich auch über Möglichkeiten der Therapie aus. "Jeder muss für sich selbst herausfinden, was ihm gut tut", sagt Bäuerlein. Manche erfahren Linderung durch Kälte, andere durch Wärme. Auch Massagen und schonende Bewegung können helfen. Wichtig sind überdies die richtigen Medikamente, wie Wilfried Bieber betont.
Alle Menschen mit chronischen Schmerzen sowie interessierte Ärzte sind am Donnerstag, 20. April, um 18 Uhr zu einem Informationsabend im Pfarrzentrum St. Kilian in der Friedrich-Stein-Straße 30 eingeladen. Dort referieren Dr. Jutta Albrecht, Ärztin für Schmerztherapie im Leopoldina-Krankenhaus, sowie Dr. Jürgen Wild und Dr. Thomas Stratz von der Rheumaklinik Bad Säckingen.
Das Stichwort
Fibromyalgie
Bei Fibromyalgie treten Schmerzen in der Muskulatur auf, die zu Be- ginn meist wandern und später auf den ganzen Körper übergrei- fen. So genannte "Tender-Points" (Schmerzpunkte) reagieren beson- ders empfindlich. Die Krankheit tritt meist noch nicht in jungen Jahren auf. Viele Patienten leiden unter weiteren Symptomen wie kalten Händen und Füßen, Müdig- keit, Kopf- und Muskelschmerzen oder depressiven Verstimmungen. Als Auslöser gelten Grunderkran- kungen wie Tumore oder Borre- liose, aber auch Unfälle oder Schockerlebnisse.