Der Aufschrei aus der Landwirtschaft ist groß. Um die Milliardenlöcher im Bundeshaushalt 2024 nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu stopfen, hatte die Bundesregierung vergangene Woche unter anderem Kürzungen im Agrarbereich verkündet. Konkret sehen die Pläne vor, Vergünstigungen für den Agrardiesel sowie die Kfz-Steuerbefreiung für die Land- und Forstwirtschaft zu streichen.
Ein No-Go aus Sicht der rund 262.776 landwirtschaftlichen Betriebe in Deutschland. Laut einer Schätzung des unterfränkischen Bauernverbands wären zirka 8000 Betriebe von den Einbußen betroffen, also 90 Prozent aller Höfe in Unterfranken. Da Landwirte erst ab einem entsprechenden Verbrauch auf die Subventionen zugreifen können, treffen die Einsparungen in erster Linie größere Betriebe.
Daniel Lambrecht, Obersfeld (Lkr. Main-Spessart): 15 bis 20 Prozent weniger Gewinn im Jahr

Einer von ihnen ist Daniel Lambrecht. Der 44-Jährige ist seit zwölf Jahren Betriebsleiter auf einem Hof in Obersfeld (Lkr. Main-Spessart). Auf zirka 300 Hektar bewirtschaftet der konventionelle Ackerbauer dort Mais, Raps und Zuckerrüben. Damit ist sein Hof einer der größeren in der Region.
Um die vielen Flächen zu bewirtschaften, benötigt Lambrecht etwa 30.000 Liter Diesel im Jahr, erklärt der 44-Jährige. Laut dem Bayerischen Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft, Forsten und Tourismus liegt die derzeitige Dieselvergütung für einen landwirtschaftlichen Betrieb bei rund 21,48 Cent pro Liter Diesel. Rechnet man diesen Betrag hoch, kommt man beim Verbrauch eines Betriebs in der Größe von Lambrechts Hof auf rund 6300 Euro an zusätzlichen Spritkosten pro Jahr.

Ab Januar 2024 steigt außerdem die CO₂-Steuer in Deutschland weiter an. Derzeit beträgt der von der Bundesregierung festgelegte CO₂-Preis 30 Euro pro Tonne CO₂. Ab dem kommenden Jahr soll dieser Betrag um weitere 15 Euro pro 1000 Kilogramm ansteigen, sagt Eugen Köhler, Geschäftsführer des unterfränkischen Bauernverbands. In seiner Hochrechnung kommt der Verbandsvertreter so auf einen Gesamtpreis von rund 6,70 Euro pro 100 Liter Diesel.
Zusätzlich zu den Spritkosten von 6300 Euro pro Jahr kämen auf einen Landwirt wie Daniel Lambrecht so weitere 2000 Euro dazu. Wird dann noch die zusätzliche Belastung durch die Kfz-Steuer dazu genommen, würden die Kürzungen am Ende 15 bis 20 Prozent des Jahresgewinns verschlingen, sagt Lambrecht. Für einen Betrieb seiner Größe sei das zwar nicht direkt existenzbedrohend, allerdings durchaus eine enorme Zusatzbelastung.
Armin Wahler, Bergrheinfeld (Lkr. Schweinfurt): "Ich bekomme dadurch wirklich Probleme auf meinem Betrieb."

Noch härter von den Dieselkürzungen betroffen wäre der Öko-Landwirt Armin Wahler aus Bergrheinfeld (Lkr. Schweinfurt). Auch er hat die Kürzungen für seinen Betrieb durchgerechnet. "Ohne Übertreibungen: Das entspricht allein bei meinen Dieselrückvergütungen 12.000 Euro im Jahr. Das trifft uns extrem hart", sagt der Landwirt.
Wahler hat seinen Hof vor fünf Jahren von konventionell auf biologisch umgestellt. Neben Karotten und Zuckerrüben baut er mit seiner Familie verschiedene Getreidesorten an und hält Bullen. Würde zusätzlich zum Wegfall der Dieselsubvention noch die Kfz-Steuer für seine sieben Traktoren und vier Anhänger eingeführt, käme er auf eine zusätzliche Belastung, die zwischen 16.000 und 20.000 Tausend Euro pro Jahr liegt, sagt er. "Dieses Geld würde mir fehlen, um meinen Betrieb am Laufen zu halten und meine Altersvorsorge zu sichern", sagt der Landwirt.
Bislang waren Traktoren und Landmaschinen von der Kfz-Steuer ausgenommen. Wie hoch diese letztlich pro Fahrzeug ausfällt, ließe sich derzeit schwer einschätzen, sagt Eugen Köhler vom unterfränkischen Bauernverband. Demnach hängt die Höhe der Steuer vom Schadstoffausstoß sowie der Leistung des Traktors ab.
Da ältere Fahrzeuge meist mehr Schadstoffe ausstoßen, nimmt Köhler an, dass diese im Verhältnis betrachtet stärker belastet würden. Im Schnitt rechnen die Landwirte mit zusätzlichen Kosten von 600 bis 800 Euro pro Traktor im Jahr.

Laut Öko-Landwirt Wahler seien Öko-Betriebe besonders von den Kürzungen beim Diesel betroffen. "Ein Biobetrieb braucht auf den Hektar gesehen mindestens so viel Diesel wie ein konventioneller, eher mehr", sagt der Landwirt.
Grund dafür ist die aufwendigere Bodenbearbeitung. Weil die ökologische Landwirtschaft im Anbau keine Pestizide oder künstliche Dünger verwendet, müssen Ökobauern ihr Unkraut auf den Feldern mit rein mechanischen Mitteln entfernen, was einen höheren Verbrauch zur Folge hat. "Ich bekomme dadurch wirklich Probleme auf meinem Betrieb", verdeutlicht Wahler.
Florian Hossmann, Eußenheim (Lkr. Main-Spessart): "Das ist eine erhebliche Summe."

Auch Öko-Bauer Florian Hossmann aus Eußenheim (Lkr. Main-Spessart) sieht sich mit "einschneidenden" Kosten konfrontiert. Der 33-jährige Ackerbauer rechnet mit bis zu 20 Prozent Gewinneinbußen, sollten die politischen Beschlüsse in Berlin so umgesetzt werden, wie angekündigt.

"Alleine beim Diesel werde ich auf meinem Betrieb Mehrkosten von rund 10.000 Euro haben", sagt er. Bei der Kfz-Steuer für seine Fahrzeuge rechnet der Landwirt weitere 2600 Euro obendrauf.
Insgesamt würden dem Landwirt so 13.000 Euro pro Jahr fehlen. "Das wären ungefähr zehn Prozent Abzug von unserem Gewinn. Das ist eine erhebliche Summe", sagt er, die ihm für den Betrieb und die Zukunft seiner Familie Planungssicherheit raube. "Ich will nächstes Jahr heiraten und in die Familienplanung einsteigen."

Landwirten fehle es an realistischen Alternativen zum Dieselbetrieb. "Unsere Optimierungsmöglichkeiten sind begrenzt", sagt Hossmann. Ein E-Schlepper in der entsprechenden Leistungsklasse sei weniger effizient und technisch noch nicht ausgereift.