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Schweinfurt: Warum das Buffalo Bike aus Schweinfurt das beste Fahrrad der Welt ist

Schweinfurt

Warum das Buffalo Bike aus Schweinfurt das beste Fahrrad der Welt ist

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    So ziemlich das Gegenteil eines schnittigen City-Rads: das Buffalo Bike. Stahlschwer, klobig, unverwüstlich.
    So ziemlich das Gegenteil eines schnittigen City-Rads: das Buffalo Bike. Stahlschwer, klobig, unverwüstlich. Foto: World Bicycle Relief

    Es heißt Buffalo, hat 26-Zoll-Räder, einen Gang, eine extrem gute Rücktrittbremse, einen bequemen Sattel, einen massiven Gepäckträger und es fährt sich – nun ja. Mit seinen 23,5 Kilo für hiesige Verhältnisse nicht gerade schnell und wendig. Keine Handbremsen, keine Schaltung, kein Licht – der deutschen Straßenverkehrsordnung braucht man mit dem Buffalo Bike gar nicht erst zu kommen. Aber wenn man erst mal losgetreten ist und mit dem Rad in Gang kommt, dann fährt es und fährt und fährt . . .

    Pflegeleicht, robust, unkaputtbar: Das perfekte Fahrrad

    Denn das Buffalo ist robust, stabil und nahezu unkaputtbar. Falls doch mal was klemmt oder klappert, ist es mit wenig Werkzeug schnell repariert. Und kurzum, gerade deshalb: Das Buffalo Bike ist perfekt. Jedenfalls das perfekte und wohl beste Rad für Malawi, für Simbabwe, für den Sudan, für Sri Lanka oder die Philippinen. F. K. Day, dem US-amerikanischen Unternehmer, war das bei der Entwicklung des Rades mit das wichtigste: „Keine Kabel!“ Und: übersichtliche Technik. Das Buffalo sollte so einfach und stark sein, dass es auf holprigen, sandigen, steinigen Wegen und mit Schlaglöchern perforierten Straßen überlebt. Frei von Schwachstellen, wartungsarm.

    Fortbewegungsmittel vor der Tür: Für viele Menschen in Afrika eine enorme Chance.
    Fortbewegungsmittel vor der Tür: Für viele Menschen in Afrika eine enorme Chance. Foto: World Bicycle Relief

    Die Geschichte dieses Fahrrades beginnt mit dem Tsunami im Jahr 2004. F.K. Day, damals einer der Inhaber des Fahrradteile-Herstellers SRAM mit europäischer Niederlassung in Schweinfurt, und seine Frau, die Dokumentarfotografin Leah Missbach Day, flogen nach Sri Lanka. Sie wollten die Opfer der Flutkatstrophe unterstützen, wollten vor Ort sehen, was für den Wiederaufbau am meisten gebraucht würde. In der Branche, in der Fahrrad-Industrie, Spendengelder zu sammeln, war ihre Idee.

    Die Days fragten bei den Hilfsorganisationen vor Ort, was sie mit der Hilfe machen würden. Und ziemlich bald war ihnen klar: Die Menschen wollten zurück in ihre Dörfer, wollten selber etwas tun, selber anpacken. Nur wie mit den Habseligkeiten und dem wenigen vor der Flut geretteten Gut aus den Tsunami-Camps im Landesinneren über zerstörte Straßen zurückkommen an die Küste?

    Vom SRAM-Inhaber als einmalige Aktion gedacht - bei der es nicht blieb

    Der Mitbegründer von SRAM sah, wie wichtig Mobilität für den Wiederaufbau war. Er kaufte 24 000 Räder in Indien und ließ sie nach Sri Lanka verschiffen. Die Rückmeldungen der örtlichen Hilfsorganisationen in den Wochen und Monaten später zeigten dem Unternehmer-Ehepaar aus Chicago: Diese Fahrräder bewegen was! Die simple Rechnung: Mit dem Rad ist ein Einzelner vier Mal schneller am Ziel. Und mit fünf Mal mehr Gepäck als zu Fuß. „Die Wirkung ist Wahnsinn! Kurzfristig und langfristig“, sagt Lena Kleine-Kalmer von World Bicycle Relief (WBR).

    Auf dem Weg zum Unterricht, das Rad macht es möglich: Mit dem Buffalo Bike bekommen viele Kinder im südlichen Afrika einen Zugang zu Bildung. 
    Auf dem Weg zum Unterricht, das Rad macht es möglich: Mit dem Buffalo Bike bekommen viele Kinder im südlichen Afrika einen Zugang zu Bildung.  Foto: World Bicycle Relief

    Die internationale Hilfsorganisation hatten F. K. Day und Lea Missbach Day 2005 gegründet. Das Motto: Mobilität durch Fahrräder. Denn nach den Fahrrad-Spenden in Sri Lanka waren andere Hilfsorganisationen auf den SRAM-Mitbegründer zugekommen. Ihre Bitte: Ließe sich das Projekt nicht auf das südliche Afrika übertragen?

    "Die Wirkung ist Wahnsinn! Kurzfristig und langfristig."

    Lena Kleine-Kalmer, Sprecherin von World Bicycle Relief in Europa

    „In Ländern wie Malawi sind Fahrräder lebenswichtig“, sagt Lena Kleine-Kalmer, die Sprecherin von Word Bidycle Relief in Europa. Mädchen und Jungen können mit einem Fahrrad die oft viele Kilometer entfernte Schule erreichen, verpassen den Unterricht nicht mehr und bekommen einen Zugang zu Bildung. Kleine Unternehmer können ihre Ware zum nächsten Markt transportieren, Bauern ihr Gemüse. Mit den zwei Rädern können die Frauen in den ärmsten Ländern Wasser aus den abgelegenen Brunnen nach Hause holen. Und die ferne Krankenstation ist nicht mehr unerreichbar, der Weg zur nächsten Gesundheitseinrichtung wird möglich. Wo kein Bus fährt, kann das Fahrrad lebensrettend sein.

    Nur . . . viele Menschen besitzen keinen solchen Metallrahmen mit zwei Rädern. Der Weltbank zufolge hat weltweit jeder Achte keinerlei Zugang zu Transport- und Verkehrsmitteln. Und für denjenigen, der zu Fuß gehen muss, ist „die Grundmobilität durch das Fahrrad ein wahnsinniger Schritt“, sagt Kleine-Kalmer.

    Mit dem Fahrrad lässt sich die Ernte transportieren. Und literweise Milch oder ganze Käfige mit Hühnern. Für Kleinbauern ein riesiger Zugewinn an Produktivität.
    Mit dem Fahrrad lässt sich die Ernte transportieren. Und literweise Milch oder ganze Käfige mit Hühnern. Für Kleinbauern ein riesiger Zugewinn an Produktivität. Foto: World Bicycle Relief

    Mobilität als Antrieb für nachhaltige Entwicklung, das ist die Grundidee von World Bicycle Relief. Nur: Mit welchen Fahrrädern? Die Räder, die auf dem Markt waren, stellten sich bald als nicht geeignet heraus für die afrikanischen Schotterpisten und steinigen Trampelpfade. Weder die indischen und chinesischen Herrenräder mit klassischem Rahmengestell und 28-Zoll-Rädern taugten richtig, erzählt Kleine-Kalmer. Schon gar nicht billige Mountainbike-Verschnitte oder reparierte und anfällige Secondhand-Räder aus Europa. „Ganz viel landet bald auf dem Schrott.“

    "Ganz viel landet bald auf dem Schrott."

    Lena Kleine-Kalmer über handelsübliche Räder im Afrika-Einsatz

    Es brauchte ein Rad mit besonderen Eigenschaften. Eines, das den Bedürfnissen der Menschen in den ländlichen Regionen Afrikas entspricht. Mit Ingenieuren von SRAM entwarf F. K. Day also ein robustes Modell. Ohne Kabel, ohne komplizierte Bauteile, leicht zu reparieren. Ein Stahlbüffel für jedermann. Bis zu 100 Kilo Gewicht hält der Gepäckträger des Modells „Buffalo“ aus. Kinder ab zwölf Jahren können damit fahren und Erwachsene. Auch zu zweit oder zu dritt.

    Service vor Ort: Damit die Räder auch gewartet und repariert werden können, bildet World Bicycle Relief auch Mechaniker aus. 
    Service vor Ort: Damit die Räder auch gewartet und repariert werden können, bildet World Bicycle Relief auch Mechaniker aus.  Foto: World Bicycle Relief

    Die Buffalo-Fahrräder sind durch Spenden finanziert – und sie werden an verschiedenen Standorten in Sambia, Simbabwe oder Kenia zusammengebaut. Den Rahmen produziert der Hersteller Giant, auch andere Teile kommen aus Taiwan und China. Für das Zusammenschrauben vor Ort bildet World Bicycle Relief in Afrika zusammen mit örtlichen Projektpartnern extra Monteure und Fahrradtechniker aus. So schafft die Organisation Jobs und stellt sicher, dass die Räder lange einsatzbereit bleiben. Inzwischen gibt es in mehreren afrikanischen Ländern Buffalo-Werkstätten und kleine Läden, die Räder reparieren und auch verkaufen. Die Herstellung eines Buffalo Bikes kostet etwa 135 Euro, sagt Lena Kleine-Kalmer. Gewinnmargen gibt es keine, alle Einnahmen fließen wieder in die Fahrradproduktion und in soziale Projekte.

    Mit dem gestifteten Fahrrad können ehrenamtliche  Gesundheitspflegerinnen abgelegene Dörfer besuchen, um dort aufzuklären und bei der medizinischen Versorgung zu helfen. So sinken HIV-Raten - und die Anzahl der Teenager-Schwangerschaften.
    Mit dem gestifteten Fahrrad können ehrenamtliche  Gesundheitspflegerinnen abgelegene Dörfer besuchen, um dort aufzuklären und bei der medizinischen Versorgung zu helfen. So sinken HIV-Raten - und die Anzahl der Teenager-Schwangerschaften. Foto: World Bicycle Relief

    Wie wichtig die Räder sind, hat dem Team gerade erst die Corona-Pandemie gezeigt: WBR stattete in einer Kampagne ehrenamtliche Gesundheitshelfer mit Buffalo Bikes aus, die jetzt über die Dörfer fahren und dort über Ansteckungswege informieren, aufklären, beraten, Masken verteilen. „Gesundheitsbeschäftigte stehen in ländlichen Gebieten in der ersten Verteidigungslinie gegen das Virus“, sagt Kristina Jasiunaite, die Geschäftsführerin Deutschland und Europa von World Bicycle Relief.

    Offizielle Adresse der Europa-Zentrale: beim Fahrradkomponenten-Hersteller in Schweinfurt

    Bei SRAM in Schweinfurt hat die Organisation ein Büro, dort ist die offizielle Adresse der europäischen Geschäftsstelle. Dort treffen sich – wenn nicht gerade Pandemie ist – die Mitarbeiter und Helfer. 50 000 bis 70 000 Räder liefert WBR pro Jahr aus, 535 000 sind es bis jetzt insgesamt. Das Ziel für die nächsten drei Jahre: eine Million.

    Wenn Schülerinnen und Schüler ein Fahrrad gestellt bekommen, verpflichten sie sich übrigens, es in allererster Linie für die Fahrt zur Schule zu nutzen. Auch die Eltern unterschreiben, dass der Stahlbüffel erst am Wochenende anders im Einsatz ist. Nach erfolgreichem Schulabschluss geht die Leihgabe in den Besitz der Familie über. „In jedem Programm gibt es eine solche Verpflichtung“, sagt Kleine-Kalmer. „Das ist wichtig für die Wertschätzung.“

    Der Rahmen entsteht in Asien, die Endmontage erfolgt in Afrika. Das Buffalo Bike ist simpel konstruiert - und deshalb leicht zu warten. 
    Der Rahmen entsteht in Asien, die Endmontage erfolgt in Afrika. Das Buffalo Bike ist simpel konstruiert - und deshalb leicht zu warten.  Foto: World Bicycle Relief

    World Bicycle ReliefDie internationale Hilfsorganisation mit europäischer Geschäftsstelle in Schweinfurt will den Menschen in ländlichen Entwicklungsländern mit Fahrrädern Mobilität ermöglichen. Gegründet wurde WBR im Jahr 2005 von Unternehmer F. K. Day, Mitbegründer des Fahrradkomponenten-Herstellers SRAM. In Programmen für Bildung, Gesundheitswesen und wirtschaftliche Entwicklung liefert die Organisation Lastenfahrräder an Schüler, Krankenpfleger und Kleinstunternehmer. Sie erhalten so die Chance, Schulen, Arbeitsplätze, Patienten und Märkte zu erreichen. Bis heute hat World Bicycle Relief mehr als 550 000 Fahrräder in Afrika, Südamerika und Südost-Asien ausgeliefert und über 2450 Fahrradmechaniker ausgebildet. Das speziell entwickelte robusteBuffalo Bike wird in den Ländern auch verkauft. nat

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