Lernen allen ist oft nicht genug. Vor allem wenn sich jemand auf den zweiten Bildungsweg begibt, dann braucht‘s auch hin und wieder einen Motivationsschub. Für die Schüler des Bayernkollegs ist dies die jährliche Veranstaltung „Was aus uns geworden ist!“ In ihr erzählen ehemalige Schüler von ihrem Werdegang in und nach der Schulzeit. Diese Veranstaltung für die Eingangsklassen möchte Schulleiter Peter Rottmann gerne mit dem Infotag des Kollegs koppeln, um schon den Bewerbern zu zeigen, was der „Bildungskatalysator im Bayernkolleg bewirken kann.“
Wilma Saam, Fachärztin für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie, der Polizist Jan van Aalst (beide Abiturjahrgang 1996 und Judith Königer (Abitur 2004) Texterin und Lektorin, erzählten aus ihrem Leben. Ilse Gebhardt-Gögercin moderierte die Veranstaltung.
Die schulischen Erfahrungen der drei Ehemaligen dürften wohl denen der anwesenden Schüler nicht unähnlich gewesen sein. „Ich war in der fünften und sechsten Klasse im Gymnasium, aber es blieb beim Versuch“, erzählt Königer. Saam besuchte die Realschule und lernte in der Verwaltung: „fürchterlich langweilig“. Van Aalst versuchte bis zur 10. Klasse sein „Glück am Gymnasium“. Die beiden Frauen erlernten den Beruf der Krankenschwester, während der Mann sich für zwölf Jahre bei der Bundeswehr verpflichtete.
Irgendwann so Königer sei der Knoten geplatzt und sie dachte, „da geht noch ein bisschen was“. Saam erkannte, dass sie nicht ihr Leben lang als Krankenschwester arbeiten wollte, und van Aalst ergriff die Chance nach der Bundeswehr einen neuen Weg einzuschlagen. Über das Bayernkolleg wissen alle drei nur Gutes zu berichten. Wenn man schon einmal im Berufsleben stand, dann gehe man auch ganz anders mit dem Lernen um, meinen die Ehemaligen. „Man hat mit den Lehrern gearbeitet und nicht mehr gegen sie angekämpft“, meint Königer.
Es ist wichtig, dass es solche Möglichkeiten des zweiten Bildungsweges gibt, meinen die drei übereinstimmend. „Eine fantastische Möglichkeit, aber wenn ich Schulgeld hätte bezahlen müssen, hätt' ich's nicht geschafft“, erklärt Saam. Immer wieder hört man ja auch, dass man irgendwann zu alt sei zu studieren und dann noch in den Beruf einzusteigen. Das dementieren die Ehemaligen vehement. Ihr Alter wäre nie ein Problem gewesen, ganz im Gegenteil, Saam erlebte es eher als Vorteil. „Die Phase der sturmfreien Bude hatten wir längst hinter uns“, stellte sie fest. An der Uni habe sie genügend Studenten getroffen, die sich noch wie 16-Jährige verhalten hätten.
Von einer Schülerin werden die Ehemaligen gefragt, ob sie denn jetzt ihren Traumberuf gefunden hätten, den sie bis zu ihrem Lebensende machen möchten. „Auch ein Traumberuf wird zur Routine“, warnt van Aalst. Nachdem er jetzt schon 51 Jahre alt ist, kann er jedoch mit Fug und Recht sagen, dass er seinen Beruf als Polizeibeamter bis zur Pension behalten wird. Die Frauen sind da offener. „Ein Traumberuf war nie mein Thema“, meint Saam und zweifelt daran ob es so etwas überhaupt gibt. „Ich bin gerne Ärztin“, sagt sie, „aber das ist nicht meine Endstation.“ Sie will schauen was kommt, Veränderungen gebe es immer.
„Seit ich die Grundschule verlassen habe, kam immer alles ganz anders“, erklärt Königer. Schwer zu sagen was in 20 Jahren sein wird, meint sie. Jetzt habe sie erst einmal ihre Doktorarbeit abgegeben, nebenbei arbeitet sie für einen Verlag und eine Werbeagentur. Sie bleibt offen und flexibel und schaut sich nach Nischen um.
„Aber“, fragen sich die Schüler, „wenn man so selbstbestimmt seinen Weg geht, wie passt das dann zum Privatleben?“ Partner und Umfeld seien wichtig, meint Königer, aber man müsse seinen Weg trotzdem gehen. „Das mit dem Partner kriegt man schon hin“, meint auch Saam, denn „wenn man klar weiß, was man will, dann kann man das auch vermitteln.“ Beide Frauen gestehen aber ein, dass es mit Kindern vermutlich viel schwieriger gewesen wäre.
Van Aalst hat aufgrund seiner Familie Zugeständnisse gemacht: „Ich habe auch schon mal mit dem Gedanken gespielt Berufsmusiker zu werden, mich dann aber mit Frau und Kind doch für etwas Bodenständiges entschieden.“